Sizilianisches Mosaik Teil 11: Die klassische Münzprägung von Syrakus

Die Münzen von Syrakus gehören zu den schönsten Prägungen der Antike. Bisher sind die meisten Versuche, Änderungen im Münzbild mit historischen Ereignissen zu verbinden, gescheitert. Erst zur Zeit des Timoleon und des Agathokles sollte sich das ändern. 

Syrakus. Tetradrachme, 450-440. Aus Auktion Gorny & Mosch 236 (2016), 61.

Die Vertreibung des Tyrannen Thrasybulos brachte keinen wesentlichen Einschnitt in der syrakusanischen Münzprägung. Weiterhin wurde die siegreiche Quadriga auf der Vorder-, und der Kopf der Arethusa auf der Rückseite benutzt. Nach 460 gingen die Stempelschneider dazu über, den Kopf der Quellnymphe Arethusa mit den verschiedensten modischen Frisuren auszustatten, so dass man manchmal das Gefühl hat, nicht das allgemeingültige Gesicht einer Göttin zu sehen, sondern die Porträts von Damen der syrakusanischen Gesellschaft.

Etwa um 415 beginnen in Syrakus und einigen anderen sizilischen Städten Stempelschneider ihre Werke zu signieren. Gleichzeitig verändert sich das Münzbild leicht: Die Quadriga auf der Vorderseite wird nicht mehr im Schritt, sondern galoppierend gezeigt.

Syrakus. Tetradrachme, 405-395. Aus Auktion Künker 174 (2010), 130.

Die Stempel zu dieser interessanten Münze wurden von zwei verschiedenen Künstlern geschnitten. Die Vorderseite von Euainetos, die Rückseite von Eumenes. Beide Stempelschneider brachten ihre Signatur deutlich sichtbar an: Eumenes auf der Rückseite unter dem Halsabschnitt der Arethusa, Euainetos auf einem Täfelchen, das Nike herbeiträgt. Dieses Täfelchen könnte in Verbindung stehen mit den Bildtäfelchen, die Sieger gelegentlich im Heiligtum einer Gottheit weihten. Euainetos benutzte dieses Bildtäfelchen, um seinen Namen augenfällig ins Bild zu rücken.

Syrakus. Tetradrachme, 413-409. Aus Auktion Gorny & Mosch 236 (2016), 65.

Von dem Stempelschneider Euth… ist nur dieser einzige Vorderseitenstempel erhalten, auf dem statt des bisherigen Wagenlenkers der geflügelte Gott Eros die Zügel übernimmt. Sicher hat der Wechsel eine Bedeutung, wir wissen leider nur nicht welche.
Auf der Rückseite trägt der weibliche Kopf einen Ährenkranz. Es ist also nicht Arethusa, sondern Persephone gemeint. Persephone war die Tochter der Demeter, deren Entführung man in der Nähe von Syrakus ansiedelte.

Syrakus. Tetradrachme, 413-399. Aus Auktion Künker 262 (2015), 7064.

Eukleidas ist der erste Künstler, der sich an ein Frontalporträt wagte. Anscheinend war die technische Seite noch nicht voll ausgereift, denn der Rückseitenstempel muss sehr bald gesprungen sein. Auf der anderen Seite wurde seine Arbeit so hoch geschätzt, dass auch mit dem gesprungenen Stempel weiter geprägt wurde.
Die Darstellung der Athena würde man zu gerne mit dem Sieg über das athenische Heer in Verbindung bringen. Allerdings gibt es dafür keine Beweise. Außerdem wurde Athena auch in Syrakus verehrt. Ihr war ein wichtiger Tempel gewidmet.

Syrakus. Tetradrachme, 406-400. Aus Auktion Numismatica Ars Classica 54 (2010), 56.

Kimon schuf mit diesem Frontalporträt der Quellnymphe Arethusa ein Bild, das Jahrhunderte lang im ganzen griechischen Raum Nachahmer fand, zuerst auf Sizilien selbst, später im ganzen griechischen Kulturkreis.

Larisa (Thessalien). Drachme, 350-300. Aus Auktion Gorny & Mosch 224 (2014), 169.

Wir sehen hier zwei Beispiele aus dem vierten Jahrhundert, die eine Münze stammt aus Larisa in Nordgriechenland, …

Tarsos (Kilikien). Datames. Stater, 378-372. Aus Auktion Gorny & Mosch 237 (2016), 1489.

… die andere aus Tarsos, heute in der südlichen Türkei gelegen. Dieser Münztyp ist ein gutes Beispiel, wie wichtig die Prägungen von Syrakus für die Ausbildung von verschiedenen, immer wieder auf Münzen verwendeten Darstellungstypen war, und damit indirekt, wie weit die sizilianischen Münztypen bekannt waren. 

Syrakus. Dekadrachme, 404-400. Aus Auktion Numismatica Ars Classica 66 (2012), 12.

Kurz vor 400, während der Herrschaft des Dionysios I., schuf der Künstler Kimon den Stempel für dieses Dekadrachmon. Auf der Vorderseite sind im Abschnitt eine Gruppe von Waffen dargestellt und mit „Athla“ (= Kampfpreis) bezeichnet, ein Wort das mit dem deutschen Begriff Athlet zusammenhängt. Es wurde viel gerätselt, um was für Waffen es sich dabei handeln könnte. Die frühe Forschung hielt sie für Beute aus dem Krieg gegen Athen, die später im Wettkampf als Preis Verwendung fand. Ein weiterer Vorschlag war, in ihnen ein nach dem Sieg über Athen errichtetes Siegeszeichen zu sehen. Wahrscheinlich handelt es sich einfach um die Waffen, wie sie in einem Wettkampf als Preis ausgesetzt waren.

Syrakus. Didrachme, 344-317. Aus Auktion Gorny & Mosch 237 (2016), 1170.

In der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts hatten viele sizilische Städte ihre Prägetätigkeit einstellt. Dieses „Münzvakuum“ füllten die korinthischen Statere, die wohl als Bezahlung für Getreide ins Land kamen. Die korinthische Währung war in Sizilien so verbreitet, dass die meisten Hortfunde, die zwischen 340 und 290 in die Erde kamen, zu über 70 % aus korinthischen Stateren bestehen. Kein Wunder, dass der Korinther Timoleon, unter dem die oben abgebildete Münze geprägt wurde, für seine Münzen den korinthischen Gewichtsfuß und Typ übernahm. 

Syrakus. Didrachme, 317-289. Aus Auktion Gorny & Mosch 224 (2014), 77.

Auch 20 Jahre später, unter Agathokles, wurde dieser Münztyp beibehalten. Das Beizeichen der Triskelis steht für Sizilien. Es wurde auf Münzen zum ersten Mal unter Timoleon benutzt. 

Syrakus. Tetradrachme, 310-300. Aus Auktion Gorny & Mosch 236 (2016), 81.

Unter Agathokles finden wir nicht mehr die gleiche Schöpfungskraft, wie sie um 400 die ganze griechische Welt beeinflusste. Die Stempelschneider imitierten ihre erfindungsreicheren Kollegen. So kopiert diese Vorderseite das Dekadrachmon des Euainetos, allerdings ein wenig müder und verflachter im Stil.

Syrakus. Tetradrachme, 305-295. Aus Auktion Gorny & Mosch 228 (2015), 37.

Diese Münze ist dagegen eine Neuschöpfung, ganz im hellenistischen Stil. Im Jahre 310 wagte Agathokles in einem genialen Schachzug einen Angriff auf Karthago. Seine Flotte, mit der er übergesetzt hatte, weihte er Demeter und Kore; letztere ist auf der Vorderseite dargestellt. Nach der Ankunft verbrannte er seine Schiffe, um die Flucht des Heeres bei einer Niederlage unmöglich zu machen.
Prophetisch zeigt die Rückseite Nike, wie sie zum Zeichen des Sieges aus Waffen ein Tropaion, ein Siegeszeichen, aufrichtet, und – eine völlige Neuerung in der syrakusanischen Münzprägung – den Namen des Prägeherrn Agathokles. Diese Tetradrachme ist geistesgeschichtlich etwas völlig Neues auf Sizilien. Nicht mehr die Götter und damit die Gesamtheit des Staatswesens stehen als Motive im Vordergrund, sondern die Erfolge eines einzelnen Mannes. Logische Folgerung ist die Annahme des Königstitels von Agathokles im Jahre 304, der fortan auf seinen Münzen erscheinen wird.

In der nächsten Folge beschäftigen wir uns mit der Münzprägung von Naxos und Leontinoi.

Der Artikel erschien ursprünglich in der MünzenRevue 4/1997.

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