Ein Blick hinter die Kulissen bei der Numismatic Guaranty Corporation

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von Ursula Kampmann

22. März 2018 – Mehr als 40 Millionen Münzen hat NGC in den mittlerweile 30 Jahren seines Bestehens geprüft, bewertet und in einem Slab eingeschweißt. Millionen von Kunden vertrauen auf diesen Gradingdienst. Aber was passiert hinter den Kulissen? Ursula Kampmann hat den Hauptsitz in Sarasota / Florida besucht.

Der Eingang zu dem Gebäude, in dem die gesamte Certified Collectibles Group untergebracht ist. Foto: UK.

Zunächst eines: Das Gebäude von NGC ist riesig und hervorragend bewacht. Das Eingangstor kann nur nach Anmeldung passiert werden. Kein Wunder, bei all den Werten, die kurzfristig hier lagern. Alle Objekte, die bei NGC zur Qualitätskontrolle eingereicht werden, durchlaufen entweder dieses Gebäude oder die Dependance in China. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn NGC seine „Grader“ an einen anderen Ort bringt, um dort eine ganz besondere Aktion durchzuführen. Kürzlich wurden während der Münchner Numismata solche Grading-Tage durchgeführt. Eine erschöpfende Aktion für die Grader, die von frühmorgens bis spätabends ihre Aufgabe erfüllten. Die Schlange, die sich am Sonntag Nachmittag am Stand von NGC bildete, um die vor Ort zertifizierten Münzen abzuholen, bewies jedem, dass Grading mittlerweile auch in Europa eine Rolle spielt.

Paul Sandler begleitete mich gut zwei Stunden lang bei meinem Blick hinter die Kulissen von NGC. Foto: UK.

Aber zurück nach Sarasota. Am Hauptsitz sind nicht nur die Grader von NGC untergebracht. Die Dachorganisation, CCG (=Certified Collectibles Group), vereint mittlerweile fünf weltweit tätige Firmen: Während NGC (= Numismatic Guaranty Corporation) zuständig ist für Münzen, bewertet PMG (= Paper Money Guaranty) Papiergeld und CGC (= Certified Guaranty Company) Comics. Lediglich der neueste Zweig von CCG ist in China angesiedelt: ASG (= Authenticated Stamp Guaranty), wo man Briefmarken beurteilt, zielt vor allem auf den asiatischen Markt, dürfte sich aber in ein paar Jahren auch auf andere Märkte ausdehnen.
Neben der Bewertung hat sich CCG aber noch auf einen weiteren wichtigen Erwerbszweig spezialisiert. Bei NCS (= Numismatic Conservation Service) werden professionell Münzen gereinigt und für das Zertifizieren vorbereitet. Bei CCS (= Classic Collectible Services) geht es um die professionelle Restaurierung von Comics.

Dreh- und Angelpunkt des Geschäfts: Das Logistikzentrum. Foto: UK.

Dreh- und Angelpunkt in Sarasota ist das Logistikzentrum, hierher kommen alle bei den europäischen und amerikanischen Einreichungszentren eingelieferten Münzen. Neben NGC-eigenen Zentren in London und München fungieren zusätzlich von NGC approbierte Münzhändler als Agenten. Vor allem in Asien ist NGC eine feste Größe. Deshalb gibt es dort mehr Einreichungszentren als in Europa. Sie liegen in Hongkong, Japan, Singapur und Südkorea; außerdem müssen die Münzen in den meisten Fällen nicht nach Sarasota geschickt werden, sondern werden gleich in der chinesischen Zentrale zertifiziert.
Insgesamt, so ist es einem etwas älteren Info-Film von NGC zu entnehmen, können Münzen in 43 Nationen eingereicht werden. Diese Zahl liegt heute sicher höher.

Hier kommen die Münzen an. Foto: UK.

Im Eingangsbereich wird sichergestellt, dass in den Paketen auch das ist, was auf dem beiliegenden Zettel angegeben ist. Jedes Paket wird unter dem wachsamen Auge einer Sicherheitskamera ausgepackt und mit dem Einreichungsformular verglichen. Danach werden die Münzen in ein vorläufiges Behältnis verpackt, das einen Barcode erhält, der das Stück bis zum Ausgang begleitet. Dadurch ist jede Münze anonymisiert. Das ist wichtig, denn so verhindert NGC jede Versuchung, ein Gefälligkeitsgutachten zu liefern.
Achten Sie auf die verschieden beschrifteten Boxen im Eingangsbereich. Diese sind notwendig, da bereits in der Logistik entschieden wird, welche Münze in welche Abteilung kommt. Bei NGC ist nicht ein Allrounder für alle Münzen zuständig, sondern für jede Münze gibt es mehrere Spezialisten, die sie sich ansehen.

Der Prozess des Gradings: Im abgedunkelten Raum, mit einer einzigen, hellen Lichtquelle. Foto: UK.

Idyllisch geht es bei NGC wirklich nicht zu. Da sitzt kein einzelner Münzliebhaber an einem Tisch. Nein, die Spezialisten sind in mehrere große Räume gruppiert. Die Atmosphäre ist ruhig, konzentriert – deshalb auch der abgedunkelte Raum. Aber es ist immer möglich, in einem Zweifelsfalls schnell beim Gegenüber nachzufragen.
Außerdem wird jedes Grading unabhängig von einem zweiten Spezialisten bestätigt, so dass es zu jeder Münze nicht eine, sondern zwei Meinungen gibt.

Selbstverständlich wird auch Spezialliteratur konsultiert. Foto: UK.

Insgesamt verfügt NGC über rund 30 Grader. Keiner von ihnen handelt mit Münzen, so dass sie keinerlei Eigeninteresse haben können, bestimmte Münzen besser zu bewerten. Manche Spezialisten sind seit über 20 Jahren dabei! Sie kennen ihr Gebiet genau. Nichtsdestotrotz wissen sie um ihre Grenzen. NGC hat eine lange Liste im Netz publiziert, welche Münzen nicht beurteilt werden. Dazu zählen zum Beispiel deutsche Münzen, die vor 1600 geprägt wurden. Für die Schweiz gilt das Jahr 1500 als die Schwelle. Für China wird 1880 als Grenzwert genannt.

Auch für antike Münzen ist Grading möglich. Foto: UK.

Bereits seit längerem bietet NGC seinen Grading Service für antike Münzen an. Auch hier gibt es Regeln. So werden keine gegossenen Münzen zertifiziert – also kein Schwergeld, um ein Beispiel zu nennen. Fragile Prägungen oder byzantinische Skyphate werden nicht zur Zertifizierung angenommen, da es beim Einschweißen in den Holder zu Beschädigungen kommen könnte.
Ein großes Problem sind die bearbeiteten Münzen. Schließlich wurden gerade Bronzemünzen, wie sie seit dem 19. Jahrhundert in Sammlungen liegen, gerne geglättet. Ein Verfahren, das sie von einer Bewertung bei NGC ausschließt.
Sehr umstritten unter den Gegnern von NGC ist die Hauspolitik, ausschließlich die Münzen zu zertifizieren, die NGCs eigene Experten für zweifelsfrei „echt“ halten. Umstrittene Münzen, bei denen die Meinungen auseinandergehen (könnten), wird NGC an den Einlieferer zurückschicken, ohne sie in einen Slab eingeschweißt zu haben. Das ist nicht befriedigend für Münzhändler, die sich selbst für die besseren Spezialisten in dem betroffenen Gebiet halten. Und sie mögen ja durchaus im Recht sein, was in einem Spezialfall die Echtheit eines Stückes betrifft, aber da NGC für all seine Aussagen garantiert, will man eben nur die Münzen mit einem Zertifikat versehen, bei denen die Experten des Hauses sich ganz sicher sind.
Übrigens, im (klärbaren) Zweifelsfällen werden durchaus Experten von außerhalb hinzugezogen. NGC hat eine Reihe von nicht fest angestellten Spezialisten, die immer wieder kontaktiert werden.

Im Gespräch: Keine Entscheidung wird von einem Experten allein gefällt. Foto: UK.

Und was soll man tun, wenn nach dem Grading ein Experte von außerhalb ein Stück verdächtigt, trotz NGCs Expertise falsch zu sein? Dafür gibt es einen genau vorgeschriebenen Weg. Erst einmal muss das Objekt in seinem Behältnis bleiben. Und der Experte muss schriftlich (und in Englisch) angeben, warum er das Objekt für verdächtig hält. Dann geht es an NGC zurück. Die nehmen das Stück aus dem Holder und werden mit verschiedenen Experten zusammenarbeiten, um zu klären, ob der Verdacht gerechtfertigt war oder auch nicht. „Selbstverständlich machen auch wir Fehler“, sagt Paul Sandler dazu, „aber erstens stehen wir dafür auch gerade. Und deshalb haben wir zweitens eben unsere genau festgelegten Prozeduren, um zu klären, ob wir tatsächlich einen Fehler gemacht haben oder nicht.“
Übrigens, die Garantie – sowohl für die Echtheit der Münze als auch dafür, dass sie nicht mit einem zu hohen Grad eingestuft wurde – wandert mit der eingeschweißten Münze weiter zu ihrem neuen Besitzer. Wenn der nun neue Erkenntnisse hat, sollte er die eingeschweißte Münze an NGC zurückschicken – kostenlos, unter dem „Free Appearance Review service“, für den man übrigens kein Kunde von NGC sein muss.
Max Spiegel meint dazu Folgendes: „Auch wenn ein paar Skeptiker glauben mögen, dass wir bei der Überprüfung einer von NGC zertifizierten Münze nicht fair sein würden, könnte das nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein. Wir sind seit 31 Jahren im Geschäft, und es liegt in unserem Interesse, fair zu sein und nur korrekt bewertete, echte NGC-zertifizierte Münzen auf dem Markt zu haben. Jede von NGC zertifizierte Münze ist ein Abbild unserer Firma und der Expertise unserer Mitarbeiter. Falls wir einen Fehler machen, möchten wir den auch korrigieren.
Unsere Fehler sind selten, aber bei mehr als 40 Millionen beurteilter Münzen dürfte es eine Handvoll davon geben. Unsere Garantie soll den Besitzer einer von NGC zertifizierten Münze beruhigen: Dass wir es wieder in Ordnung bringen, wenn sich herausstellt, dass wir einen Fehler gemacht haben.“

Ein neues Phänomen: Immer mehr zeitgenössische Münzen werden bei NGC zum Grading eingereicht. Foto: UK.

Seit einigen Jahren werden immer mehr gerade eben geprägte Münzen zum Zertifizieren eingereicht, um ihre Erhaltung von Experten feststellen zu lassen, und gleichzeitig eine Veränderung der Stücke durch die Aufbewahrung im NGC-Halter zu verhindern.

Überprüfte Prägequalität der Produkte aus den amerikanischen Münzstätten. Foto: UK.

Mittlerweile erzielen gerade erst geprägte Münzen sogar einen höheren Preis, wenn NGC bestätigt, dass sie wirklich „Gem MS“ sind – wenn möglich mit der höchsten Bewertungszahl 70 – und nicht „nur“ „Choice Mint State“.
Man achte dabei auf die Terminologie. NGC benutzt korrekterweise das Wort Mint State (MS) und spricht damit tatsächlich von der Erhaltung, die eine gerade geprägte Münze hat. Das von Münzstätten benutzte „Proof“, das in Auktionskatalogen zumeist als Synonym der Erhaltung benutzt wird, ist nämlich keine Erhaltung, sondern eine besondere Prägetechnik, um durch ein besonderes Produktionsverfahren spiegelglänzende Felder zu erzielen.

Vor dem endgültigen Einschweißen, muss Münze und Holder noch mit Druckluft gereinigt werden. Foto: UK.

Nach dem Grading muss sichergestellt werden, dass sich die Münze und ihre Bewertung nicht mehr voneinander trennen lassen. Dafür hat NGC Plastikholder entwickelt, die man nur mit sehr großem Aufwand wieder aufbrechen kann. Sie sind daraufhin getestet, dass sie der Münze keinerlei Schaden durch Chemikalien zufügen.
NGC ist sehr stolz darauf, dass die Smithsonian Institution, die im National Museum of American History die National Numismatic Collection mit 1,6 Millionen Objekten hütet, ihre bedeutendsten Schätze in genau solchen Holdern aufbewahrt.
Dazu hat ein solcher Holder eine Reihe von Sicherheitsfeatures, wie sie auch im Banknotenbereich Verwendung finden. Damit schützt NGC sich und seine Kunden vor Fälschungen. Jede Münze trägt zusätzlich eine eigene, individuelle Nummer. Unter dieser Nummer sind bei NGC Fotos von Vorder- und Rückseite von genau diesem Stück gespeichert.

Mit hohem Druck werden die Holder verschweißt. Foto: UK.

Wie genau die Holder verschlossen werden, das ist ein Betriebsgeheimnis. Auf jeden Fall können Münzen in einem Holder von NGC nicht ausgetauscht werden, ohne dass das zu sehen ist.

Besonders gerne zeigt man natürlich die Sondergrößen, die NGC auch in Holdern unterbringt. Foto: UK.

NGC verfügt nicht nur über Holder in Standardgrößen, sondern hat auch Holder für Sondergrößen entwickelt. Sie sind durchaus spektakulär zu nennen.

Endkontrolle: Bei jeder Münze wird vor dem Versenden noch einmal überprüft, ob das Endprodukt den Ansprüchen von NGC genügt. Foto: UK.

Aber gleichgültig, ob 1/10 Unze, Kilomünze, ob antike Tetradrachme, Double Eagle oder Schweizer Taler, jede Münze im Holder wird vor dem Versand noch einmal überprüft, ob die Qualität stimmt. Erst danach kommt sie ins Logistikzentrum, um von dort aus – sorgfältig verpackt und versichert – an den Einlieferer zurückgeschickt zu werden.

Der Eingang zum Konservierungszentrum. Sogar die Mitarbeiter dürfen hier nicht hinein. Foto. UK.

Und natürlich war damit unser Rundgang noch nicht beendet. Wir gingen noch am Konservierungszentrum vorbei, wo NCS und CCS dafür sorgen, dass sich die Münzen von ihrer schönsten Seite zeigen bzw. kleinere Schäden an Comics professionell beseitigt werden.

Wir besuchten PMG, wo Banknoten zertifiziert werden. Foto: UK.

Wir machten einen Halt bei PMG, Paper Money Guaranty, wo seit dem Gründungsjahr 2005 inzwischen 2,5 Mio. Noten zertifiziert und verschweißt wurden.

Banknoten aus aller Welt werden von PMG zertifiziert. Foto: UK.

PMG beschäftigt sich mit fast allen Banknoten aus aller Welt. Dazu kann man durchaus auch Probedrucke von Banknoten beurteilen lassen sowie einzelne Phantasie-Banknoten (Disney gibt zum Beispiel seit 1987 sein eigenes Geld heraus) und einige wenige Satire-Banknoten.

So sieht ein von CGC zertifizierter Comic aus. Foto: UK.

Auch CGC (= Certified Guaranty Company) haben wir besucht. Dort zertifiziert ein Team von Comic-Kennern jährlich über 100.000 Comics. Wie man all diese Comics bewerten kann, ohne sich festzulesen und sich in der Geschichte zu verlieren, das wird mir immer schleierhaft bleiben.
Wie streng die Regeln in Sarasota sind, sieht man unter anderem daran, dass ich keine Fotos im Comic-Center machen durfte. Meine Erlaubnis galt nur für den Münz- und Banknotenbereich…

Gerade in dieser Abteilung wird wohl am deutlichsten, warum viele Europäer sich gegen den Vorgang des Gradens und Slabbings wehren. Wer in Europa Comics sammelt, der tut dies, weil er die bunten Geschichten liebt und die Objekte der 9. Kunst, wie die „bandes dessinée“ in Frankreich gerne bezeichnet werden, mit Leidenschaft liest. Wie aber kann man einen Comic lesen, der in schweres Plastik eingeschweißt ist?

Gehen wir zurück an den Beginn des Slabbens. Es wurde eingeführt, um dem Käufer beim Kauf zu garantieren, dass die Erhaltung, die der Verkäufer angab, auch korrekt war. Eigentlich könnte danach jeder Käufer den Holder entfernen, um das darin beschriebene Objekt so zu genießen, wie immer er es tun möchte.
Da aber immer mehr Investoren ihr Geld in Sammelobjekten anlegen, bleiben die Münzen, Banknoten und Comics im Holder. Was sicher nicht der Fehler von NGC, PMG oder CGC ist.

Denn jedem steht es frei, Münzen, Banknoten und Comics nach dem Kauf aus ihrem Holder zu brechen. Im Gegenteil, all diese Firmen freuen sich, wenn sie Objekte nicht nur einmal, sondern mehrfach zertifizieren und einschweißen dürfen.

NGC hat eine äußerst umfangreiche Website.

Es gibt auch eine deutsche Website von NGC.

Hier finden Sie die numerische Skala, nach der NGC die Objekte bewertet.

NGC verschickt regelmäßig eNews und wöchentliche Marktreports.

NGC hat eine sehr lebendige Sammlergemeinschaft.

Hier können Sie ein Video sehen, das den Weg einer Münze durch NGC verfolgt.

CoinWeek hat kürzlich Filme ins Netz gestellt, auf denen gezeigt wird, wie PMG Banknoten zertifiziert.

Hier gibt es einen Überblick zum Graden von Comics.