Geldautomaten und Geldkarten der DDR: Teil 1

[bsa_pro_ad_space id=4]

von numiscontrol

14. Februar 2013 – Wann und wo die ersten Geldkarten der DDR ausgegeben wurden, ist heute leider nicht mehr bekannt, allerdings gab es diese schon mit der Inbetriebnahme der ersten Geldautomaten aus dem NAGEMA-Betrieb RAPIDO in Radebeul um 1984. Nachdem die Staatsbank der DDR im Jahre 1983 das Kombinat robotron beauftragt hatte, einen Geldausgabeautomaten zu entwickeln, konnten einige Jahre später die ersten Geräte in den Geld- und Kreditinstituten (Banken, Sparkassen, Deutsche Post der DDR) installiert werden.
Dabei setzte man damals mehr auf Außengeräte, welche meist mit dem Bedienfeld in der Hauswand des Kreditunternehmens eingebaut wurden. Der eigentliche Automat nebst eingebautem Tresor lag im Inneren des Gebäudes. Doch gab es auch Innengeräte, die natürlich nur während der Öffnungszeiten der Einrichtung zugänglich waren. Eine wie heute bekannte räumliche Aufteilung mit Vorraum für solche Automaten gab es noch nicht.

Bis 1990, so war der Plan, sollte es in der DDR über 350 Geldautomaten geben. Im Jahre 1989 waren nachweislich 274 Geräte in größeren Städten im Betrieb. Die Leute in der DDR begrüßten mit Interesse diese neuen stummen Diener. Wurde ein Geldautomat am Wohnort aufgestellt, dann nutzte man schnell das Angebot und stellte den Antrag für eine Geldkarte. Die Zahlen sprechen für sich, denn nach einer Pressemeldung der Ostseezeitung vom 29. März 1989 ging man davon aus, dass es bis zum Ende des Jahres 1989 über 20.000 Geldkartenbesitzer in Rostock geben würde. Zu diesem Zeitpunkt waren in der Stadt 15 Geldautomaten in Betrieb, und weitere sollten folgen. Bis zu 500 Mark der DDR gab solch ein Automat (bei ausreichendem Kontoguthaben) in Form von Banknoten zu 20 und 50 Mark aus.

Werbung für den Geldautomaten von NAGEMA. Foto: Angela Graff.

Wie sah aber solch eine Geldkarte aus, welche Funktionen waren mit ihr am Automaten möglich, und wie kam man an solch eine Karte? Die Erinnerungen verblassen langsam und nicht einmal das Archiv der KfW-Bankengruppe, des Rechtsnachfolgers der ehemaligen Staatsbank der DDR, hat hier nähere Aufzeichnungen zum Thema vorrätig. Es ist also höchste Zeit, dieses Stück deutscher Geldgeschichte historisch zu betrachten und geschichtlich einzuordnen. Es gibt noch einige Geldkartenbesitzer, welche sich heute nicht gern von solch einem Stück trennen wollen, denn die Geldkarte ist immer noch etwas ganz Persönliches. Doch schauen wir uns zunächst solch eine DDR-Geldkarte etwas näher an.

Geldkarte der DDR von beiden Seiten. Foto: Angela Graff.

Als erstes fällt dabei das Passfoto des Karteneigentümers auf, denn das war damals auch international nicht alltäglich. Bei der Antragstellung hatte man zwei Passfotos mitzubringen. Auf einem Karteninlet gab man seine Unterschrift.

Geldkarteninlet / Antrag. Foto: Angela Graff.

Man unterschrieb also nicht wie heute auf der fertigen Karte, sondern auf dem Antrag und dem Rohling aus Kunststoff. Der Rohling mit Unterschrift und Passfoto wurde dann in einem speziellen Verfahren zu einer Karte laminiert. So konnte zum Beispiel die Unterschrift nicht nachträglich verwischen. Natürlich durften auf der Karte Hammer, Zirkel und Ährenkranz, das Emblem der DDR, nicht fehlen und waren links oben untergebracht. Rechts daneben befand sich die Kontonummer des Besitzers. Es folgten Name und Vorname und die Personenkennzahl (PKZ). Diese PKZ hatte jeder Bürger der DDR, sie stand auch im Ausweis. Anhand eines Beispiels soll diese Zahl hier genau aufgeschlüsselt werden. (Leider entstehen mittlerweile aus Unkenntnis darüber dunkle Geschichten und Legenden, welche nicht auf Fakten beruhen.)

Bei der Personenkennzahl handelte es sich um eine seit 1970 zugewiesene Nummer in den Ausweispapieren, welche aus 12 Zahlen bestand. Das Schema war TTMMJJGMMMNP. TT = Geburtstag, MM = Geburtsmonat, JJ = Geburtsjahr (zweistellig), G = Geschlecht (2 = männlich, vor 1900 geboren, 3 = weiblich, vor 1900 geboren, 4 = männlich, nach 1900 geboren, 5 = weiblich, nach 1900 geboren), MMM = Schlüsselnummer der Meldestelle des Wohnortes, N = Fortlaufende Nummer innerhalb des Geburtstages, P = Prüfziffer.

Es folgten die eigenhändige Unterschrift des Karteninhabers und die eigentliche Kartennummer. Die Kartennummer bestand aus einem Buchstaben, gefolgt von einer sechsstelligen Zahl. Diese Zahl war schon auf dem Kartenrohling vorhanden. Ihr folgten noch das Ausgabejahr der Karte zweistellig (z. B. 89 für 1989) und eine einstellige Zahl, welche die ausgegebene Karte näher bezeichnete. Dieses war meist eine 1, kam die Karte abhanden oder war defekt und wurde darauf eine neue Karte ausgestellt, erhielt diese eine 2 usw. Der Buchstabe vor der Kartennummer bezieht sich nach dem jetzigen Stand der Recherchen auf den jeweiligen ausgebenden Bezirk der DDR, in der sich das Kreditinstitut befand. Auf der rechten Seite der Karte befand sich das Passfoto des Inhabers zur optischen Sicherheit.
Auf der Rückseite befand sich oben Der beschreibbare Magnetstreifen aus Eisenoxyd war auf der Rückseite oben angebracht. Dieser Streifen war in drei Datenspuren aufgeteilt, und es reichte eine Speicherkapazität von wenigen 100 Bytes aus, damit man die Karte einsetzen konnte. Der Stempel des kartenausgebenden Kreditinstitutes, ein Hinweis zur Einschubrichtung und ein Rechtshinweis ergänzten die Rückseite.
Die drei Spuren auf dem Magnetstreifen hatten Daten zur Identifikation des Karteninhabers gespeichert, um die Person beim Durchzug oder Einschub der Karte an einem eingebauten Magnetkartenleser zu erkennen. Die Geldkarte konnte somit nicht nur am Geldautomaten selbst, sondern auch am Bankschalter eingesetzt werden.

Eine Erweiterung der Möglichkeiten war auch auf anderen Gebieten in Vorbereitung und zum Teil bereits möglich. Natürlich war auf dem Magnetstreifen der Geldkarte der vom Inhaber selbst gewählte vierstellige Bank-Code (PIN-Nummer) gespeichert und diente zur zusätzlichen Sicherheit. Viel Zubehör war nötig, musste entwickelt oder angeschafft werden, damit alles funktionierte. So kamen an den Bankschaltern der Kreditinstitute speziell entwickelte Bankschalterterminals zum Einsatz. Dazu gehörte zum Beispiel der Rechner K8924 oder das Magnetkartenlesegerät K6502 bzw. K6503. Ein Magnetkartenschreiblesegerät (K6501) diente zur Identifikation des Bankangestellten bei Arbeitsbeginn sowie des Kunden am Schalter. Dazu kam noch eine Kundentastatur zur Eingabe des Bank-Codes.
Am Bankschalter arbeitete das spezielle Betriebssystem SIOS, welches äußerst sicher war und sich ausgezeichnet bewährte. Alle eingesetzten Geräte und Tastaturen funktionierten nur mit diesem Betriebssystem. Außerdem waren kniffelige Sicherheitskombinationen auf verschiedenen Arbeitsebenen eingebunden. SIOS war eine wahre Meisterleistung in der internationalen Datenverarbeitung und galt damals als unschlagbar sicher. Allerdings gelten heute die gesamten Zugangscodes zur Programmierung als verschollen. Sicherlich auch einer der Gründe, warum es nach der Wiedervereinigung zum schnellen Aus für die Geldautomaten kam. Fakt ist, dass die Geldautomaten der DDR auch mit den D-Mark-Banknoten gut umgehen konnten und kompatibel waren.

Bedienfeld des Geldautomaten. Foto: Angela Graff.

Wie der Geldautomat der DDR arbeitete, welche Probleme oft auftraten und wie diese gelöst wurden, lesen Sie im nächsten Teil. Dazu gebe ich noch einen kurzen Einblick in die Arbeit einer speziellen Reparaturgruppe für Geldautomaten, welche republikweit ausschwärmte, wenn ein Automat „offline“ ging.