„Kriminalarchäologie“ – Eine Ausstellung des RGZM im Bahnhof Mainz

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von Ursula Kampmann

4. August 2011 – Bis zum 31. Juli 2011 war im Hauptbahnhof von Mainz unter dem Titel „Kriminalarchäologie“ eine Ausstellung des RGZM zu sehen. Ihr Ziel war, über Raubgräberei zu informieren. Wenn man den Inhalt einer in Verbindung mit der Ausstellung publizierten Broschüre als Maßstab nimmt, könnte man eher von Desinformation sprechen.

Ausstellung „Kriminalarchäologie“ im Mainzer Hauptbahnhof.

Große Würfel sahen die Reisenden, die im Hauptbahnhof von Mainz auf ihren Zug warteten. Auf diesen Würfeln vertrat das RGZM die Meinung, man müsse mehr gegen Raubgrabungen unternehmen. Was wir durchaus unterstützen! Doch die Art und Weise, wie die Autoren, Michael Müller-Karpe (RGZM) und Eckhard Laufer (Hessisches LKA), in einer in Verbindung mit der Ausstellung erschienen Broschüre mit der Wahrheit umgehen, ist wieder einmal bemerkenswert.

Auch wenn die Gerichte versuchen, gegen die merkwürdigen Vorstellungen zum deutschen Recht, die Müller-Karpe und Laufer vertreten, vorzugehen, liest man wieder einmal folgenden juristisch völlig unsinnigen Sachverhalt: „Das ungenehmigte Graben nach Antiken und der Handel mit Antiken zweifelhafter Herkunft erfüllt regelmäßig einen oder mehrere der folgenden Straftatbestände: (gemeinschädliche) Sachbeschädigung, Diebstahl, Unterschlagung, (gewerbsmäßige) Hehlerei, Geldwäsche, Betrug, Steuerstraftaten“. Archäologen sollten sich davor hüten, selbst das Gesetz besser kennen zu wollen als das Gericht, dann würde man sich vielleicht nicht dazu versteigen, die richterliche Unabhängigkeit anzugreifen: „Durchsetzungsstarke Händler-Anwälte unterstützen eine überlastete Justiz bei der Einstellung aufwändiger Ermittlungsverfahren und fördern eine handelsfreundliche Rechtsprechung.“
Kein Wunder, daß sich Herr Müller-Karpe mit seinen Vorstellungen von der Justiz allein gelassen fühlt. Hat doch kürzlich ein Richter seine Dienstfähigkeit bezweifelt und attestierte ihm eine Vorgehensweise „in der Nähe geistiger Verwirrtheit“.

Dabei sind doch die Händler und die Sammler die bösen Buben, wie man in der Propaganda-Schrift nicht müde wird zu betonen. Unter der Frage „Wer sind die Käufer von Raubgrabungsfunden“ wird pauschal aufgelistet: „Händler – Profiteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette zwischen dem Plünderer und dem Endabnehmer sind zunächst Händler, vom kleinen Antikendealer (oh, welch gewählte Wortwahl!), der die Raubgräber vor Ort aufsucht und stimuliert, über den finanzkräftigen Betreiber prächtiger Verkaufsmagazine im Genfer Zollfreilager, bis hin zum vornehmen Inhaber erlesener Repräsentanzen auf Antikenmessen und dem renommierten Auktionator, der die illegale Herkunft der heißen Ware billigend in Kauf nimmt.“ Natürlich kommt auch der Sammler nicht zu kurz: „Sammler – Rücksichtslose Sammelleidenschaft kann Liebhaber antiker Kunst daran hindern, beim Erwerb von Antiken nach deren Herkunft zu fragen. Kollektomanie gilt als eine der Hauptursachen für Raubgrabung und Kulturzerstörung.“

Geradezu ironisch ist es, daß der Katalog, dieses Musterbeispiel an unwissenschaftlichem Arbeiten, im Rahmen einer Aktion publiziert wurde, die sich „Mainz – Stadt der Wissenschaft 2011“ nennt. Keinerlei Quellennachweise, Verdrehen von Tatsachen – die immerhin in Prozessen festgestellt wurden, in denen Herr Müller-Karpe persönlich anwesend war –, und last but not least Benutzen von Illustrationen, ohne Zitat und ohne Genehmigung, zeigen, wie es anscheinend um die Wissenschaft in Mainz bestellt ist.

Den Gipfel stellt es allerdings dar, daß us-amerikanische und irakische Ermittler offensichtlich nur Herrn Müller-Karpe ins Vertrauen gezogen haben hinsichtlich jüngster Erkenntnisse über den Terroristen Mohammed Atta, einem der Selbstmordpiloten des 9. September. Der Archäologiestudent soll während seiner Hamburger Jahre „archäologische Funde aus Afghanistan“ „offeriert“ haben. Einen Beweis dieser Behauptung bleibt uns der Autor wie für so vieles andere schuldig.
Als „Quelle“ könnte ein Bericht des Spiegels aus dem Jahr 2005 gedient haben, der jedoch von Ermittlungen des BKA spricht und weit vorsichtiger formuliert. Dort steht noch zu lesen, der Attentäter habe die Göttinger Professorin Brigitte G. angesprochen und „antike afghanische Kunst“ offeriert. Er habe wissen wollen, wo man Antiquitäten vermarkten kann.
Was übrigens andere Internet-Autoren – darunter auch die Verbandszeitschrift des Bunds Deutscher Kriminalbeamter – nicht daran hindert, munter die aufgemotzte Beschuldigung nachzuplappern. Wie sagten schon die alten Römer: Man muß es nur oft genug wiederholen. Aliquid semper haeret.

Noch viel gäbe es über die interessante Broschüre zu berichten. Doch genug davon. Stellen wir nur noch fest, wer diese Selbstdarstellung bezahlt hat. Der deutsche Steuerzahler. Über die Höhe der in diesem Zusammenhang erwachsenen Kosten konnte oder wollte die Pressesprecherin des RGZM keine Auskunft erteilen.