MenschenGesichter Teil 20: Eine antike Power-Frau


mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich

Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.

Galla Placidia war Tochter eines Kaisers, Schwester von zwei Kaisern, Gemahlin und Mutter eines Kaisers – und darüber hinaus eine Frau, die nach einer turbulenten Jugend ihr Schicksal selbst in die Hand nahm.

Römische Kaiserzeit. Galla Placidia (* um 390, gest. 450). Tremissis, Rom oder Ravenna, 425. Drapierte Büste der Galla Placidia mit Perlendiadem n. r. Rs. Kreuz in Kranz. © MoneyMuseum, Zürich.

Ihr Vater, Theodosius I., hatte sein Reich zwischen seinen Söhnen Arcadius und Honorius aufgeteilt. Während Arcadius im Osten gut zurechtkam, wurde der Westen unter Honorius im Jahre 410 von einer Goteninvasion heimgesucht, die zahlreiche Opfer forderte. Prominentestes Opfer: Galla Placidia. Sie wurde entführt und gezwungen, im Jahre 414 den gotischen Anführer Athawulf zu heiraten. Schon ein Jahr später war Athawulf tot, ermordet.

Sein Nachfolger wusste mit Galla Placidia nicht viel anzufangen. Er tauschte sie gegen 600.000 Scheffel Getreide, die ihm Constantius, der Heermeister des Westreichs, für sie anbot. Noch im gleichen Jahr musste Placidia auf Befehl ihres Bruders ihren Befreier heiraten, denn Honorius, selbst kein großer Feldherr, wollte den mächtigen Militär enger an sich binden. Wenig später machte er den unentbehrlichen Feldherrn sogar zum Mitherrscher. Acht Monate konnte sich Constantius der neuen Würde freuen, dann starb er.

421 stand also die mittlerweile 32-jährige Galla Placidia wieder als Witwe da und musste damit rechnen, dass ihr Bruder sie an den nächsten wichtigen Militär verheiraten könnte. Doch diesmal meldete die energische Frau im Namen ihres Sohnes selbst Ansprüche auf die Herrschaft an. Es kam zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen dem Kaiser und seiner Schwester. Galla Placidia musste mit ihren Kindern ins Ostreich fliehen.

Das Exil dauerte allerdings nicht lange. Schon ein Jahr später starb Honorius, und Galla Placidia machte sich daran, die Herrschaft über den Westen für ihren Sohn Valentinianus zu erobern. Dies gelang. 425 wurde der Sechsjährige zum Augustus des Westens erhoben. Doch bis zu seinem 18. Lebensjahr übernahm seine Mutter die Regentschaft. Erst 437 zog sich Galla Placidia aus der Regierung zurück.

Das Innere des Mausoleums der Galla Placidia in Ravenna. Foto: Wikicommons / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

Sie muss eine starke Frau gewesen sein, diese Galla Placidia, denn nicht einmal, als sie sah, dass ihr Sohn seiner Aufgabe nicht gewachsen war und andere immer mehr Einfluss auf ihn gewannen, versuchte sie, sich und ihren Rat dem Sohn aufzudrängen.

Galla Placidia starb 13 Jahre nach ihrem Rückzug von der Macht am 27. November 450. Und das war gut so, denn so musste sie nicht mehr miterleben, dass ihr Sohn einem Rachemord zum Opfer fiel.

Thema der nächsten Folge ist Iustinianus, der als Erster Christus auf Münzen abbildete und sich damit nicht nur Freunde machte.

Alle Teile der Reihe finden Sie hier.

Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.