Prozess in Israel endet mit Freispruch für Kunstsammler

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von Björn Schöpe

12. April 2012 – Es sollte ein Jahrhundertprozess gegen den skrupellosen Kunsthandel werden, der auch vor Fälschungen nicht zurückschreckt. Die Israelische Altertumsbehörde (Israel Antiquities Authority, IAA) hatte sich zum ersten Mal vorgenommen, einen Kunstfälscherring auffliegen zu lassen. Sie klagte den Sammler Oded Golan an, mehrere seiner gesammelten Objekte gefälscht und teilweise an Museen verkauft zu haben. Weitere vier Personen saßen ebenfalls auf der Anklagebank, darunter der Kunsthändler und Lehrbeauftragte an der Universität Haifa, Robert Deutsch. 2004 begann der Prozess, der tatsächlich ein Jahrhundertprozess wurde, allerdings nicht mit dem von den Klägern gewünschten Ausgang.

Nach über sieben Jahren,138 angehörten Zeugen und 400 begutachteten Objekten dokumentierten zwar 12.000 Textseiten den Fleiß aller Beteiligten, doch musste der Richter Aharon Farkash feststellen, dass es gerade die immense Zahl der wissenschaftlichen Gutachten sei, die der Wahrheitsfindung im Wege stünden. Die sich widersprechenden Ansichten von Experten der unterschiedlichsten Gebiete, von der Papyrologie zur Mikrobiologie und von Archäologie zu biblischer Geschichte, führten den Richter zu der Erkenntnis, dass die Wissenschaft in Zukunft die Frage, welche Objekte echt seien, noch zu klären habe. Ihm selbst bleibe nichts anderes übrig, als die Angeklagten freizusprechen.

Begonnen hatte die Geschichte, als der Sammler Oded Golan im Jahr 2002 der Welt ein sogenanntes Ossuarium vorstellte, einen Miniatursarg, in dem einer darauf befindlichen Inschrift zufolge einst Jakob, der Bruder Jesu, bestattet worden sein soll. Dieses Objekt erregte während einer Ausstellung in Toronto Aufsehen – und Misstrauen. Wenig später hatte die IAA Oded Golan als Anführer eines internationalen Fälscherrings dargestellt, der zahlreiche Objekte betrügerisch in den Handel geschleust habe. Dazu zählte auch eine 15 Zeilen lange Inschrift aus der Zeit König Joas’ aus dem 9. vorchristlichen Jahrhundert.
Ob diese Objekte tatsächlich aus der Antike stammten, oder ob es sich um moderne Fälschungen handle, vermochten all die Experten nicht eindeutig zu beantworten. Bei der Inschrift führt Hershel Shanks, Herausgeber der Zeitschrift Bible History Daily, zudem ein psychologisches Argument für die Echtheit heran: Die Fälscherregel „Halte dich kurz“. Allein die ungewöhnliche Länge deute darauf hin, dass der Text nicht von einem modernen Fälscher kreiert wurde.

Der 60-jährige Ingenieur Golan zeigte sich sichtlich erleichtert über den Ausgang, obwohl er in vier Fällen wegen geringfügiger Vergehen verurteilt wurde, etwa wegen des Handels mit Antiken ohne Zulassung als Händler. Nach Erhebung der Anklage hatte er fast zwei Jahre unter Hausarrest gestanden. Doch auch der Händler Robert Deutsch sieht sich stark geschädigt. Man habe systematisch versucht, seinen Ruf als Wissenschaftler zu zerstören, weil er nicht nur Händler sondern gleichzeitig Forscher sei. Auch er wurde von allen Anklagepunkten der Fälschung freigesprochen. Jetzt will er seinerseits die IAA verklagen.
Nachdem dieser Monsterprozess beendet ist, sieht sich erstaunlicherweise auch die IAA als Sieger, da ihrer Ansicht nach die Welt sensibilisiert worden sei, und man nun zahlreiche Fälschungen kenne – die vor Gericht aber offensichtlich nicht zu einer Verurteilung der Angeklagten führten. Wie viel im übrigen den (israelischen) Steuerzahler dieser Prozess gekostet hat, ist nicht bekannt.

Lesen Sie einen ausführlichen Bericht von Hershel Shanks über den Prozess und seinen Ausgang hier.

Außerdem hat Bible History Daily nach dem Prozess Interviews geführt mit Oded Golan und Robert Deutsch.

Zu der befremdlich erscheinenden Sichtweise der IAA können Sie hier etwas lesen.