Sind Beschreibungen in Auktionskatalogen rechtlich verbindlich?

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von Björn Schöpe

18. Dezember 2014 – Eigentlich ist es ja ganz einfach: Auktionshäuser und ihre Experten sind fehlbar wie alle Menschen. Aber kann man sie dafür auch haftbar machen? Wieder einmal muss ein Gericht entscheiden, ob ein Auktionshaus, in diesem Fall Sotheby’s, den Wert eines Stückes sträflich falsch eingeschätzt hat.

1962 kaufte ein Marinearzt für £140 ein Gemälde, das angeblich von einem Schüler Caravaggios stammte. Sein Nachfahre Lancelot Thwaytes ließ das Objekt von Sotheby’s untersuchen. Eine Röntgenuntersuchung und die hinzugezogenen Experten bestätigten: tatsächlich kein echter Caravaggio. 2006 versteigerte Sotheby’s das Gemälde dann immerhin für £42.000. Solange war auch Herr Thwaytes glücklich.
Doch dann stellte sich raus, wer der Käufer war: der Sammler und Kunstexperte Sir Denis Mahon. Und Sir Denis ließ das Gemälde reinigen und noch gründlicher untersuchen. Andere Experten folgten seiner Ansicht, dass es sich um einen echten Caravaggio handelte. Das war eine Sensation. Denn als der italienische Künstler 1610 starb, soll er nur etwa 50 Werke hinterlassen haben, von denen heute kaum welche in Auktionen gelangen. Der Wert dieses Stückes wird daher mittlerweile auf £11 Millionen geschätzt! Zumindest hätte das Gemälde 2006 soviel erzielen können, wäre es als echter Caravaggio angeboten worden.

Lancelot Thwaytes verklagt nun das Auktionshaus Sotheby’s wegen „professioneller Nachlässigkeit“. Die Experten hätten die Echtheit erkennen müssen. Doch ist das Gemälde überhaupt ein Caravaggio? Sotheby’s und seine Kunstsachverständigen bleiben bei ihrer Ansicht: Bei dieser Fassung des Werks „Die Falschspieler“ handele es sich um eine qualitativ schlechtere Fassung des eigentlichen Caravaggio-Originals, das ein Museum in den USA besitzt. Beide Bilder zeigen zwei Gauner, wie sie einen wohlhabenden jungen Mann beim Kartenspiel betrügen.

Ein ähnlicher Fall ist Anfang dieses Jahres in Deutschland zu Ende gegangen. 2009 hatte eine ältere Dame in Bayern einem Auktionshaus einen alten Teppich angeboten. Der Auktionator schätzte den Wert auf 900 Euro, verkauft wurde er dann für 19.700 Euro. Bald darauf schätzte Christie’s das Stück jedoch auf 350.000 Euro. Die ehemalige Besitzerin verklagte das deutsche Auktionshaus daher auf diese Summe. Bei Christie’s erzielte der Perserteppich dann übrigens 7,2 Millionen Euro und stellte einen Rekordpreis auf als damals teuerster Teppich der Welt. Mittlerweile haben die Gerichte dem Auktionshaus recht gegeben: Das Auktionshaus ist nicht auf Teppiche spezialisiert und hat für seine Möglichkeiten gründlich recherchiert. Mehr könne man nicht verlangen.

Im Fall des Teppichs war allerdings die Faktenlage, auf den sich der neue Wert begründete, nicht zu leugnen. Aber bei dem Caravaggio stellt sich die Frage, wie man mit Objekten umgeht, deren Echtheit und Ursprung gar nicht zweifelsfrei geklärt ist. Das Gericht wird hier viel Fingerspitzengefühl zeigen müssen, es könnte einen Präzedenzfall schaffen.

Über den Caravaggio-Fall berichtete der Spiegel.

Ausführlichere Artikel bot der Telegraph

… und Daily Mail.

Über die Entscheidung im Fall des Perserteppichs finden Sie einen Artikel auf der Seite der Welt.