Wie sag’ ich’s meinen Bürgern?

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von Annika Backe

15. September 2016 – „Neue 50-Franken-Note – Die SNB lüftet den Schleier“. Dieser Aufmacher beherrschte die Online-Ausgabe der schweizerischen Zeitung NZZ am 6. April 2016. Die Wortwahl lässt tief blicken, verlautete doch im Vorfeld kaum Genaueres über die bis 2019 abzuschließende Neugestaltung aller eidgenössischen Banknoten. Durchgesetzt hatte sich für den 50-Franken-Schein der Entwurf von Manuela Pfrunder zum Thema „Wind“. Die Entscheidung lag bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) – die Bevölkerung als die künftigen Nutzer des Geldes wurde nicht miteinbezogen. Ein etwas angestaubt wirkendes Verfahren. Warum, macht ein Blick auf andere Länder deutlich. 

Selbstporträt von J. M. W. Turner, um 1799. Gemälde in der Tate Britain.

So bat Großbritannien seine Bürger jüngst, sich in die Neugestaltung ihrer Geldscheine einzubringen. Einzige Vorgabe des neu eingerichteten Banknote Character Advisory Committee für das Design der 20-Pfund-Note: Das Motiv soll aus dem Bereich der Bildenden Kunst kommen. Innerhalb von zwei Monaten kristallisierten sich aus den fast 30.000 Rückmeldungen 590 Nominierungen heraus. Aus der vom Committee zusammengestellten Kurzliste wählte dann der Governor der Bank of England den Sieger: J. M. W. Turner (1775-1851), einen der einflussreichsten Maler des Landes. 

Ganz ähnlich verfuhr man kürzlich auch in den USA in Sachen 20-Dollar-Note. Privatleute tauschten sich hierzu in den sozialen Netzwerken aus, und die Regierung erhielt zahlreiche Motivvorschläge. Die Entscheidung für die Sklavenbefreierin Harriet Tubmann erläuterte Finanzminister Jacob J. Lew am 20. April 2016 in einem offenen Brief an sein Volk.
Für den Bereich Münzen und Medaillen haben die USA sogar schon 2003 das Citizens Coinage Advisory Committee (CCAC) eingerichtet. Diesem Gremium gehören nicht nur Wissenschaftler und Künstler an, sondern auch Vertreter der Öffentlichkeit, repräsentiert es doch „die Interessen der amerikanischen Bürger und Sammler“.

In institutionalisierter Form zeigt die Numismatik hier, wie praktizierte Demokratie aussehen kann. Über die Beteiligung am Entscheidungsfindungsprozess wird die Akzeptanz für neue Münzen und Geldscheine gesteigert. Gleichzeitig wird wieder Interesse geweckt am Thema Geld und Währung. Auch die Münzstätten profitieren, generiert dieses Interesse doch neue Kunden. Die fühlen sich ernst genommen, und so schließt sich der Kreis zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten. Bleibt zu hoffen, dass dieses Beispiel auch in der Alten Welt weithin Schule machen wird. 

Den erwähnten NZZ-Beitrag können Sie hier lesen.

Eine Fülle von Informationen rund um die Personalie J. M. W. Turner finden Sie auf der Seite der Bank of England.

Die neuen britischen Pfundnoten können Sie sich hier ansehen

Über Harriet Tubman auf der neuen amerikanischen 20-Dollar-Note berichteten wir hier.

Zur Website des Citizens Coinage Advisory Committee (CCAC) gelangen Sie hier.

Und wie das CCAC die Anregungen von Münzsammlern aufnimmt, lesen Sie in diesem Bericht seines Mitgliedes Dennis Tucker.