MenschenGesichter Teil 13: Der einzige außenpolitische Erfolg des Nero


mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich

Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“ dem die Texte unserer Serie entnommen sind.

Kopf des Nero, nach 64 n. Chr. Glyptothek, München.

Im Sommer des Jahres 66 erlebten die Bürger Roms ein einzigartiges Schauspiel: Tiridates, der Bruder des Königs der Parther, warf sich dem römischen Kaiser Nero zu Füßen, um von ihm das Diadem der Herrschaft über Armenien entgegenzunehmen. Damit hatte Nero das erreicht, was den größten Feldherren der Republik nicht vergönnt gewesen war: einen Frieden mit den Parthern zu schließen. Nur Augustus war Ähnliches gelungen. Wie konnte es dazu kommen, dass ausgerechnet der Künstler auf dem Kaiserthron zum „Partherbezwinger“ wurde?
Vorausgegangen waren einige wenig ruhmreiche Militäraktionen der römischen Legionen in Armenien. Der häufige Wechsel des Oberkommandierenden, erzwungen durch das wachsende Misstrauen Neros gegen erfolgreiche Feldherren, hatte eine kontinuierliche Kriegführung unmöglich gemacht. Eigentlich kontrollierten also die Parther den umstrittenen Pufferstaat, aber der parthische König war ein vernünftiger Mann. Er wusste, dass es ihn viel Energie kosten würde, die römischen Angriffe weiterhin abzuwehren. So lag ihm an einer dauerhaften Lösung. Er offerierte Nero einen Kompromiss: Ein Mitglied des parthischen Königshauses, Tiridates, sollte in Armenien herrschen, aber Rom sollte das Einverständnis dazu geben.

Römische Kaiserzeit. Nero (54-68). Sesterz, Lugdunum, um 65. Büste des Nero mit Lorbeerkranz n. r. Rs. Tempel des Ianus mit geschlossener Pforte, darum die Umschrift (in Übersetzung) „Friede zu Lande und zu Wasser. Er schloss die Tür des Ianus“. © MoneyMuseum, Zürich.

Die Anfrage des Parthers war für Nero ein Geschenk der Götter. Gerade hatte er die Pisonische Verschwörung niederschlagen müssen, in die eine ganze Reihe von hochrangigen Senatoren verwickelt war. Sein Image hatte stark darunter gelitten. Er musste dringend etwas tun, um seinen Ruf aufzubessern. Und das römische Einverständnis zur Herrschaft des Tiridates konnte man als ein prächtiges Spektakel inszenieren. Schon die Schließung des Ianustempels wurde von Nero prächtig begangen. Damit informierte er alle römischen Bürger über den Frieden mit den Parthern. Anschließend machte er diese Tatsache durch ein Münzbild im ganzen Römischen Reich bekannt.
Und Tiridates machte sich auf den Weg. 800.000 Sesterze soll seine Reise am Tag verschlungen haben. Neun Monate dauerte sie. Die Provinzen mussten insgesamt 216 Millionen Sesterze aufbringen, um den kaiserlichen Propagandaakt zu finanzieren. Aber für Nero lohnte es sich. Selbst seine Feinde gaben zu, dass Rom noch nie so mächtig geschienen habe wie an dem Tag, an dem sich der Parther Nero demütig näherte. Die innenpolitische Situation entspannte sich und Nero konnte nun das tun, wovon er schon immer geträumt hatte: nach Griechenland gehen, um dort im Wettstreit mit den besten Künstlern zu siegen.

In der nächsten Folge lernen Sie den ersten römischen Kaiser kennen, der sich mit einem prächtigen Vollbart auf seinen Münzen abbilden ließ.

Alle Teile der Reihe finden Sie hier.

Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.