„Monetissimo! Aus den Tresoren des Münzkabinetts“

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von Stefan Kötz

22. Dezember 2016 – „Monetissimo!“ – unter diesem Schlagwort öffnet das Münzkabinett am LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum in Münster seine Tresore. Es geht ums Geld: Kein Geld, Angelegtes Geld, Falsches Geld, Erforschtes Geld, Spiel-Geld, Entstehendes Geld, Ehemaliges Geld, Not-Geld, Ausgegrabenes Geld, Böses Geld, Trash-Geld, Entfunktionalisiertes Geld, Politisches Geld, Schönes Geld, Kriegs-Geld, Viel Geld, Handels-Geld, Geprüftes Geld, Gar kein Geld, Ersatz-Geld, Kurioses Geld, Gesammeltes Geld, Pseudo-Geld, Wertloses Geld, Transportiertes Geld, Verrechnetes Geld, Papier-Geld. 27 Themen bieten Spitzenstücke und Besonderheiten ebenso wie Alltägliches und Verwandtes von Münzen, Medaillen & Co. Erstmals wird in einer eigenen Studio-Ausstellung (5. Oktober 2016 bis 19. Februar 2017) diese Schatzkammer Westfalens in aller Breite der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das Ausstellungsplakat von Monetissimo! © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Entwurf: Alexandra Engelberts, Grafikdesign, Münster.

Das Münzkabinett ist einer der ältesten und umfangreichsten, aber auch einer der unbekanntesten Sammlungsbereiche des Museums. Seit 1825, als die soeben gegründete Abteilung Münster des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens damit begann, für ihr Museum auch Münzen und Medaillen zu sammeln, ist der Bestand auf über 100.000 Exemplare angewachsen. Die numismatische Sammlung des heutigen LWL-Museums für Kunst und Kultur zählt somit zu den größeren in Deutschland und Europa. Als Generalsammlung werden alle Epochen und Räume in der Geschichte von Münze und Geld abgedeckt, der Schwerpunkt jedoch liegt seit jeher auf Westfalen. Für das historische Westfalen und Nachbargebiete ist der Sammlungsbestand sicherlich der beste weltweit.

In der breiteren, nicht-numismatischen Öffentlichkeit erhält das Münzkabinett bisher allerdings nicht die Beachtung, die es verdient. Bewusst ist deshalb für die erste eigene numismatische Studio-Ausstellung nach der Wiedereröffnung des Museums 2014 ein Format gewählt, das zunächst nicht unter einem spezifischen Thema steht, sondern 27 Themen im Blick auf ein gemeinsames Ziel vereint. Ziel ist es, der breiteren Öffentlichkeit den Reichtum und die Relevanz der Münsterer Bestände in ihrer ganzen typologischen sowie zeitlichen und räumlichen Breite aufzuzeigen, dabei aber auch den Charakter der Sammlung als Landesmünzkabinett für Westfalen klar herauszustellen. Entsprechend wird die Ausstellung ausschließlich aus eigenen Beständen des Münzkabinetts realisiert, ergänzt nur um Objekte aus den anderen Sammlungsbereichen des LWL-Museums für Kunst und Kultur.

Der Katalog (Text: Stefan Kötz, Fotos: Sabine Ahlbrand-Dornseif) mit 128 Seiten und 946 Farbabbildungen ist im Michael Imhof Verlag, Petersberg, erschienen und kostet 24,95 €. Von den 27 Themen mit 126 Objekteinheiten und insgesamt über 500 Objekten, die teils aus Bildstrecken nur mit Objektköpfen, teils aus Einzelobjekten bzw. Objektgruppen mit dazugehörigen Objekttexten bestehen, kommt hier eine kleine Auswahl von jeweils einem Objekt samt Objekttext aus 18 Themen zum Wiederabdruck (siehe auch Numismatisches Nachrichtenblatt 65, Heft 11 (November 2016), S. 441-447).

Angelegtes Geld: Louis Oppenheim, Werbeplakat für die Achte Kriegsanleihe der Reichsbank, März 1918 [Farblithografie – H 59,5 cm, B 44,0 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Angelegtes Geld

Mit über 15 Milliarden Reichsmark war die achte Kriegsanleihe vom März 1918 die ertragreichste der insgesamt neun Anleihen des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg. Seit der sechsten ein Jahr zuvor wurden die Werbeaktionen auch von Plakaten begleitet; appellierte die Bildsprache meist aber allgemein an den Patriotismus der Daheimgebliebenen, so hat Louis Oppenheim (1879-1936) direkt ein Geldmotiv gewählt. In einen wie ein Spendenkörbchen hingehaltenen Stahlhelm – erst Ende 1915 eingeführt, jedoch bereits Sinnbild für die deutschen Truppen – flattern Geldscheine, Reichsbanknoten zu 1.000, 100 und 20 Mark, nur so hinein. Mit dem Slogan „Die beste Sparkasse: Kriegsanleihe!“ hatte es die staatliche Propaganda gezielt auf die Ersparnisse der kleinen Leute mit ihrer Sparkassen-Mentalität abgesehen. Dass sich diese beste Sparkasse alsbald als finanzielles Fiasko herausstellen sollte, haben viele der Millionen Kreditgeber an der Heimatfront womöglich befürchtet. Tatsächlich für möglich gehalten – angesichts des Kriegsendes im Osten durch den Frieden von Brest-Litowsk am 3. März 1918, der Kräfte für den endgültigen Sieg im Westen freimachte – aber doch wohl nicht.

Falsches Geld: Gussförmchen für Römisches Reich, Severus Alexander (222-235), Denar (228-231), Rom [Ton – H 0,6 cm, D 2,4 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Falsches Geld

Eine echte Münze wird beidseitig in weichem Ton abgedrückt, der Ton wird getrocknet und gebrannt, die Teile werden zusammengesetzt und mit Metall ausgegossen – fertig ist die Falschmünze.

Falsches Geld: Gussförmchen für Römisches Reich, Galerius Maximianus (293/305-311), Follis (308-310), Alexandria [Ton – H 0,5 cm, D 3,4 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Gussförmchen der römischen Kaiserzeit, und zwar für silberne Denare sowie für silbern-kupferne Antoniniane und Folles mit Schwerpunkt vom späten 2. bis späten 4. Jahrhundert, sind in großer Zahl überliefert. Die Münzen lassen sich außer an den allgemeinen Gussmerkmalen auch an ihren oft stark blei- und zinnhaltigen Bronzelegierungen erkennen. 

Falsches Geld: Gussförmchen für Römisches Reich, Licinius (308-324), Follis (316-317), Alexandria [Ton – H 0,7 cm, D 2,5 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Wie weitere formale Fälschungen der Zeit sind auch diese Güsse funktional im Grenzgebiet von Falschmünzerei und staatlich-privatem Ersatzgeld anzusiedeln. Denn in der Wirtschafts- und Geldkrise seit dem 3. Jahrhundert haben vor allem in den grenznahen Räumen des Römischen Reichs diese Produkte die Geldwirtschaft lokal überhaupt noch am Laufen gehalten.

Erforschtes Geld: Gipsabgusssammlung Hans Krusys (Auswahl) [Eiche – H 2,0 cm, B 68,5 cm, T 34,0 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Erforschtes Geld

Hans Krusy (1905-1985), Kaufmann für Dachdeckerbedarf in Witten/Ruhr, Münzsammler seit Schulzeiten – vor allem von Soest, aber auch Hamm, Unna und Werl, worüber er auch publizierte –, haben besonders die spätmittelalterlichen Gegenstempel fasziniert. Seit der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert dienten diese dazu, speziell den vielen fremden Groschenmünzen Umlaufgültigkeit im Bereich der gegenstempelnden Institution, meist Städte und viele davon in Westfalen, zu verleihen. Von überall her hat Krusy – mit maßgeblicher Unterstützung durch Peter Berghaus (1919-2012), den damaligen Leiter des Münzkabinetts am Westfälischen Landesmuseum – das Material zusammengetragen.

Erforschtes Geld: Buchcover zu Hans Krusy, Gegenstempel auf Münzen des Spätmittelalters, Frankfurt am Main 1974 [Papier – H 23,5 cm, B 16,0 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Die Ergebnisse hat er 1974 in seinem Hauptwerk, bis heute das unerreichte Standardwerk für dieses Thema, vorgelegt. Als forschungsgeschichtliches Dokument konnte Berghaus später Krusys Materialsammlung, 38 überdicht mit ca. 4.700 Gipsabgüssen, teils auch Stannioldurchreibungen und Fotografien belegte Tablare samt Unterlegzetteln, übernehmen. 

Erforschtes Geld: Tafelmontagen Hans Krusys [Karton – H 46,0 cm, B 31,5 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Hinzu kamen Montagen für die 14 Tafeln im Buch, wofür Krusy eigenhändig 848 Gegenstempel mit größter Präzision gezeichnet hat.

Entstehendes Geld: Prägemaschine (Taschenwerk) der Stadt Warendorf, 1689/90 [Eisen – H 52,0 cm, B 43,0 cm, T 11,0 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Entstehendes Geld

Taschenwerke sind Münzprägemaschinen, bei denen in einem massiven Rahmen über ein mit einer Kurbel von Hand angetriebenes Zahnradwerk zwei übereinander gelagerte Walzen gegeneinander bewegt wurden. In Weiterentwicklung des Walzwerks wurden jedoch einzelne Prägestempel mit pilzförmigem, oben abgerundetem Kopf in die Taschen dieser Walzen eingesetzt und durch das Loch im Stempelschaft befestigt. Wie beim Walzen sind die aus den Zainen geschnittenen Prägungen leicht oval und gewölbt. Die Stadt Warendorf, seit 1574 in der Kupfermünzprägung aktiv, hatte bereits 1613/14 ein Walzwerk angeschafft. Als man 1689/90 die Prägung reaktivierte, schlugen Versuche mit einem neuen Walzwerk – eine Technik, die längst veraltet war – allerdings fehl.

Entstehendes Geld: Stempeleinsätze (Vorder- und Rückseite) zu Stadt Warendorf, 4 Pfennig 1690 [Eisen, gestählt – Vorderseite: L 7,5 cm, D ca. 3,8 cm; Rückseite: L 7,5 cm, D ca. 3,3 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Mit dem daraufhin erworbenen Taschenwerk – eine Technik des späteren 16. Jahrhunderts, die im Vergleich zu den anderswo schon eingeführten Spindelpressen freilich ebenfalls veraltet war – prägte man dann bis 1700 in anhaltend guter Qualität.

Ehemaliges Geld: Ausgesonderte westfälische Kupfermünzen des 17. bis 19. Jhs. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Ehemaliges Geld

Neben der auf einen neuen Holzbock aufgeschraubten Prägemaschine haben sich auch die jeweils zweiteiligen Stempeleinsätze zu 1, 2, 3 und 4 Pfennig 1690 erhalten. Spätestens als 1821 eine Kleingeldreform neue Nominale in allen Provinzen des Königreichs Preußen, auch in Westfalen, verbindlich einführte, hatte das alte, regionale Kleingeld – hier vor allem Kupfermünzen – ausgedient. Es wurde eingeschmolzen, oder es strömte in die Münzsammlungen, so seit 1825 auch in die des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster. Hier aber konnte man sich nicht auf Dauer mit den hundertfachen, meist schlecht erhaltenen Doubletten belasten, und so ging Werner A. Wippo, „Münzwart“ von 1863 bis 1892, daran, diese auszusondern – indem er sie zerschnitt bzw. tief einschnitt. 2.330 Münzen – überwiegend aus Münster, meist des Domkapitels, vom Schilling bis zum Pfennig bzw. Heller, meist des 18., aber auch des 17. und 19. Jahrhunderts, dazu einige aus dem Münsterland – zeugen bis heute von dieser Aktion.

Ausgegrabenes Geld: Schatzfund von Winterberg, um 1300/10. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Ausgegrabenes Geld

Für die westfälische Mittelalternumismatik entpuppte sich der kleine Klumpen Silber, der 2002 bei Winterberg (Hochsauerlandkreis) aus dem Boden kam, als Sensation. Zwar sind die 25 Münzen teils untrennbar miteinander verschmolzen, doch scheinen alle demselben Pfennigtyp anzugehören, und dieser war bisher unbekannt. Die Vorderseite zeigt das Brustbild eines Geistlichen in Kasel und Mitra, in den Händen Krumm- und Kreuzstab, die Rückseite ein Dreieck mit Stern in den Winkeln, eingestellt ein Rad mit Rosette. Die Umschriften + WICB9-EPISC bzw. + CIVI-TASW-INT geben den Münzherrn, den Kölner Erzbischof Wikbold von Holte (1297-1304), und die Münzstätte, eben Winterberg, klar zu erkennen. Winterberg als kölnische Münzstätte war bisher unbekannt, ordnet sich aber ein in ein im 13. Jahrhundert ausgebautes dichtes Netz an Münzstätten im kölnischen Herzogtum Westfalen.

Böses Geld: Europäische und Weltmünzen im Aussehen von 1- und 2-Euro-Stücken, 1982-2011. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Böses Geld

Wer sieht sich die Münzen, die in seine Kasse wandern – zumal da es beim Bezahlen meist hektisch zugeht –, schon so genau an? Wenn die Größe gefühlt stimmt und man die Ausführung in Bimetall wahrnimmt, handelt es sich um ein 1- oder 2-Euro-Stück. Oder eben auch nicht, denn viele Staaten auf der ganzen Welt hatten oder haben in ihren Nominalreihen Münzen, die leicht damit verwechselt werden können. Dahinter steckt keine Absicht, denn die Variationsbreite der Parameter und das Repertoire an funktionalen, fälschungssicheren Materialien ist nicht allzu groß.

Böses Geld: Königreich Thailand, Rama IX. (Bhumibol Adulyadej) (seit 1946), 10 Baht Jahr 2547 (2004) [Kupfernickel/Aluminium-Nickelbronze – D 2,6 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Man kann diese fremden Münzen aber in betrügerischer Absicht gebrauchen, und besonders die thailändischen 10-Baht-Stücke, geprägt 1988 bis 2007, tauchen – gerade einmal 25 Cent wert – seit der Euro-Einführung statt 2-Euro-Stücken immer wieder auf, auch in den Kassen des LWL-Museums für Kunst und Kultur.

Entfunktionalisiertes Geld: Schützenkönigkette der Münsterer St.-Ludgeri-Schützenbruderschaft, 1657-1867 [Silber und Zinn, teils vergoldet – L ca. 75,0 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Entfunktionalisiertes Geld

Zwar keine Münzen, aber vier silberne Medaillen haben an prominenter Stelle neben 41 Schildern an der Schützenkönigkette der Münsterer St.-Ludgeri-Schützenbruderschaft eine neue Funktion gefunden. Erstens die Medaille von Johann Georg Holtzhey (1729-1808) auf den Tod König Friedrichs II. von Preußen (1740-1786), deren angesetzter Randstab den Königs- und Königinnamen von 1837 trägt. Zweitens die große Medaille von Jonas Thiébaud (1695-1770) auf die Sedisvakanz im Fürstbistum Münster 1761, bei der beidseitig der Kranz mit den Domherrenwappen weggraviert und stattdessen König bzw. Königin von 1840 eingraviert wurden. Drittens eine Medaille von Daniel Friedrich Loos (1735-1819) auf den Jahrhundertwechsel mit breiter Fassung, die auf einer Seite den 1838er-König nennt. Viertens erneut die auf ihr Mittelstück reduzierte Sedisvakanzmedaille von 1761, auf deren einer Seite der König von 1834 vermerkt ist. Die St.-Ludgeri-Schützenbruderschaft von 1657 ist eine der vier Kirchspiel-Schützenbruderschaften Münsters, die zwischen 1630 und 1680 neben der Großen Schützengesellschaft St. Georg, 1557 auf hundertjähriger Tradition neu begründet, entstanden.

Politisches Geld: Stratonikeia (Karien), Caracalla (198/211-217) und Geta (209/11), Großbronze [Bronze – D 3,5 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Politisches Geld

Caracalla, also Marcus Aurelius Antoninus, und sein jüngerer Bruder Publius Septimius Geta – ein Geschwisterpaar, dessen Zwistigkeiten sogar über den Tod hinauswirkten. Die Söhne des Septimius Severus (193-211), ab 198 bzw. 209 Mitkaiser, regierten nach dem Tod des Vaters zwar zunächst gemeinsam. Doch das Terrorregime Caracallas – 205 hatte er seinen Schwiegervater ermorden und seine Frau verbannen lassen, 209 suchte er den Vater umzubringen – traf Ende 211 neben seiner Frau auch seinen Bruder, den er eigenhändig in den Armen der Mutter tötete.

Politisches Geld: Berytos (Phönizien), Geta (209/11), Kleinbronze [Bronze – D 1,7 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Geta verfiel daraufhin der sogenannten Damnatio memoriae, sollte ganz aus der öffentlichen Erinnerung getilgt werden. Sein Name wurde aus Inschriften entfernt, und auch auf Münzen, häufig kleinasiatischen Städteprägungen, wurde sein Kopf etwa bei Gemeinschaftsmünzen ausradiert oder durch Einhiebe weitgehend unkenntlich gemacht.

Kriegs-Geld: Claes Jansz. Visscher, Flugblatt „Westphaelsche Transformatie, Alwaer S. Liborius verandert in Rijxdaelders“, Amsterdam 1622 [Kupferstich – H 39,5 cm, B 28,5 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Kriegs-Geld

Der sogenannte Pfaffenfeind-Taler des „Tollen Christian“, eines privaten Kriegsunternehmers in protestantischer Sache, führt mitten in die erste Phase des Dreißigjährigen Kriegs in Westfalen. Vom Herbst 1621 bis zum Frühjahr 1622 und wieder seit Januar 1623 bis zur vernichtenden Schlacht bei Stadtlohn im August wütete Christian mit seinem Söldnerheer in der Region. Anfang 1622 konnte der Paderborner Domschatz erbeutet werden, aus dessen Metall – wohl auch des Liborius-Schreins – und anderem Silber die Taler entstanden. Propagandistisch berichtet darüber in Bild und Wort sogar ein Flugblatt des Claes Jansz. Visscher (1586-1652).

Kriegs-Geld: Herzog Christian von Braunschweig-Lüneburg zu Wolfenbüttel (gest. 1626), „Pfaffenfeind-Taler“ 1622, Lippstadt (ohne Birett, Nachprägung 1660er Jahre) [Silber – D 4,6 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Geprägt im Hauptquartier Lippstadt, dienten die Taler vieltausendfach der Anwerbung weiterer Söldner für den Kampf gegen die Katholiken. Die Vorderseite trägt den Schlachtruf GOTTES FREVNDT DER PFAFFEN FEINDT, die Rückseite zeigt innerhalb der Devise TOVT AVEC DIEV einen geharnischten Arm aus einer Wolke, dem Arm Gottes gleich, mit erhobenem Schwert.

Kriegs-Geld: Herzog Christian von Braunschweig-Lüneburg zu Wolfenbüttel (gest. 1626), „Pfaffenfeind-Taler“ 1622, Lippstadt (mit Birett, Originalprägung 1622/23) [Silber – D 4,5 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Manchmal hat das Schwert sogar ein Birett, die Kopfbedeckung katholischer Geistlicher, der Pfaffen, aufgespießt – ein Stück unverblümter, aggressiver politisch-konfessioneller Propaganda.

Viel Geld: Schatzfund vom Stadtweinhaus in Münster, wohl 1350. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Viel Geld

Weniger aufgrund der knapp 2.000 Münzen als vielmehr der 35 Schmuckstücke war 1951 der Schatzfund aus dem kriegszerstörten Stadtweinhaus am Prinzipalmarkt in Münster eine echte Sensation. Das Münzspektrum, bis kurz vor die Mitte des 14. Jahrhunderts reichend, dominieren Pfennige aus Münster und Osnabrück, Dortmund und Iserlohn, Brabant und Holland, dazu aber auch Groschen aus Bonn und Deutz. Der Schmuck – vor allem Spangen und Fibeln, Fingerringe und ein Gliedergürtel – besteht fast ausschließlich aus Silber, ist teils vergoldet, mit diversen (Edel-)Steinen besetzt und durch Email oder Niello prachtvoll verziert. Qualitativ meist Mittelklasse, zeigen viele Stücke zudem Gebrauchs-, Beschädigungs- oder gar Zerstörungsspuren, andere tragen Herstellungs- und Bearbeitungsrückstände. Dies könnte auf das Altmetalllager eines Goldschmieds hindeuten, als ehemaliger Besitzer käme – der Schmuck verweist auf die Handelsräume der Hanse – ein Fernhändler in Frage. Oder es handelte sich um das Depot eines jüdischen Pfandleihers; vermutlich haben 1350 dann die Judenpogrome im Zuge der europäischen Pestwelle jüdischen wie christlichen Besitzern den Anlass zur Verbergung gegeben.

Geprüftes Geld: Tönnies von Mettmann, Münzwaage aus Kölner Produktion, 1611 [Birnbaum – H 3,5 cm, B 25,5 cm, T 12,5 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Geprüftes Geld

Zweifellos gehören die Kölner Münzwaagen des späteren 16., 17. und früheren 18. Jahrhunderts zu den schönsten dieser empfindlichen Präzisionsinstrumente. Die Lade aus hellem Holz, mit drei Messinghaken verschließbar, ist am Deckel außen und innen mit Schnitzereien in der Art von Bucheinbänden reich verziert, der Ladenkörper wurde mehrfach profiliert. Der schmiedeeiserne Waagebalken trägt – ganz typisch, aber erneuert – eine runde und eine dreieckige Schale, in den beschrifteten Mulden finden 40 Gewichte Platz; im Deckel hinter einem Schieber verbergen sich die Ausgleichsgewichte. Der umfangreiche Satz an Messinggewichten, die jeweils Symbolbilder für die Nominale zeigen, gibt ein Bild von der ungeheuren Vielfalt der Münzsorten im damaligen Geldumlauf. Die Deckelinschrift („Wag Vnnd Gewigt magt M[eister] | Tonies von medtman zu collen | Iem dall Anno .1.6..jj..“) nennt den Meister Tönnies von Mettmann, wohnhaft Im Daell unweit des Doms, der zwischen 1605 und 1649 nachweisbar ist. In Köln, seit jeher wichtigste Handelsstadt des Reichs, waren von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts über 50 Meister tätig, die hier für ganz Europa produzierten.

Gar kein Geld: Ordenstableau des Adolf Gustav Gurtzgen aus Halver, nach 1897 [Karton mit Samt – H 31,5 cm (Rahmen 36,0 cm), B 29,5 cm (Rahmen 34,0 cm)]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Gar kein Geld

Dekorativ hat Adolf Gustav Gurtzgen (1840-1910) die im Laufe seiner Militärkarriere erhaltenen Verdienstmedaillen am Band auf schwarzen Samt um eine Fotografie seiner selbst montieren und alles rahmen lassen. Als Massenartikel, oft recht anspruchslos gestaltet und aus unedlen Metallen, sind Ehrenzeichen aller Art ein Phänomen des 19. Jahrhunderts. Die Orden des kleinen Mannes hatten vor allem in den drei deutschen Einigungskriegen – dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864, dem Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 und dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 – Hochkonjunktur. An allen dreien war Gurtzgen, gebürtig aus Halver, nach Ausweis seines Ordenstableaus beteiligt: UNSERN TAPFERN KRIEGERN 1864 (Mitte rechts), DÜPPEL 18. APRIL 1864 (Mitte links), ALSEN 29. JUNI 1864 (oben rechts), KÖNIG-GRÄTZ DEN 3. JULI 1866 (oben links), DEM SIEGREICHEN HEERE 1870/71 (unten links und rechts). Die Verleihung der einen größeren Medaille (oben Mitte) auf den 100. Geburtstag Kaiser Wilhelms I. (1861/71-1888) 1897 durch Kaiser Wilhelm II. (1888-1918) war für Gurtzgen wohl der Anlass, das Tableau mit seinem Bild, das ihn im Anzug, Ehrenzeichen auf der Brust, zeigt, herstellen zu lassen.

Kurioses Geld: Fußreif (west- und zentralafrikanisches Ringgeld), Kongo wohl 19. Jh. [Bronze – D max. 9,5 cm, Dicke ca. 2,0 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Kurioses Geld

Metallbarren, speziell in Form von Ringen, die auch weiterhin als Schmuck an Arm oder auch Fuß und Hals getragen, vor allem aber als Rohstoff genutzt werden konnten, waren in Afrika Geld seit Jahrhunderten. In Westafrika wussten dies die europäischen Kolonialisten von Anfang an auszunutzen, denn bereits im frühen 16. Jahrhundert hatte ein portugiesisches Schiff mit Ziel Benin Ringbarren in rauen Mengen an Bord. Da dieses Geld, Manilla genannt, aus in Europa günstigem Buntmetall, meist Kupfer, bestand, vor Ort jedoch von hohem Wert war, wurden so bis 1948 lukrative Geschäfte gemacht. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Birmingham Manillen in stilisierter Form sogar industriell hergestellt. Der Ring aus dem Kongo mit stark gehöhlter Innenseite und einfachem Strichdekor außen besitzt noch die ursprüngliche Größe eines Fußreifs; er gehört wohl ins 19. Jahrhundert.

Gesammeltes Geld: Münzsammlung des Franz Wilhelm Uhle vom Schönhof in Wiedenbrück, 1840er bis 1860er Jahre (Auswahl) [Karton – H 57,0 cm, B 51,0 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Gesammeltes Geld

Systematisch hat Franz Wilhelm Uhle (1814-1900), Stoff- und Sortimentgroßhändler in Wiedenbrück, seit den frühen 1840er Jahren das Geld, das täglich durch seine Kassen floss, gesichtet. Bis zur Währungsreform 1871/73 hat er so knapp 6.000 Münzen aus dem Umlauf gezogen, hauptsächlich kupferne bzw. silberne Klein- und Mittelnominale des 19. und 18. Jahrhunderts, ergänzt um noch greifbare Stücke des 17. und 16. Jahrhunderts, vereinzelt sogar aus dem Mittelalter. Die Münzen stammen meist aus Westfalen, aber auch aus nahezu allen Territorien Deutschlands und vielen Regionen Europas. Welch hohen Wert der Sammler seinen Stücken beimaß, belegt deren aufwendige, liebevolle Unterbringung in 106 selbstgebastelten Tablaren. Auf eingeklebten Zetteln stehen Basisinformationen zum jeweiligen Territorium – hier dem „Fürstenthum Lippe Detmold“ –, zu den Münzherren und Wappen, zudem ist jedes einzelne Münzfach beschriftet. Im Gegensatz zu oberschichtlichen oder gar fürstlichen Sammlungen sind solche der bürgerlichen Mittelschicht des 19. Jahrhunderts heute kaum mehr greifbar – 2015 wurde dieses einzigartige Dokument vom Ur-Ur-Ur-Enkel Uhles für das Museum angekauft.

Wertloses Geld: Reichsbanknote über 100 Billionen Mark, 26. Oktober 1923 [Papier, einseitig – H 8,5 cm, B 17,3 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Wertloses Geld

Die Zustände der Hyperinflation vom Herbst 1923, die innerhalb kurzer Zeit das Ausmaß einer Währungskrise mit verheerenden wirtschaftlichen, sozialen und gesamtgesellschaftlichen Folgen angenommen hat, sind letztlich bis heute ins kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt. Lohnzahlungen fast im Tagesrhythmus, da das Geld am nächsten Tag kaum noch etwas wert war, Wäschekörbe voller Geldscheine, für die man kaum mehr etwas kaufen konnte, im Ergebnis die Vernichtung jeglichen Geldvermögens. Oder die Nennwerte: Der am 26. Oktober 1923 – und nochmals am 15. Februar 1924 – höchste je auf eine Inflationsbanknote gedruckte Nominalwert betrug 100 Billionen Mark. Nach Ende der Inflation am 20. November 1923 entsprach dies immerhin noch 100 Goldmark im Gegenwert von 23,81 Dollar.

Wertloses Geld: Flugblatt „Reichswanknote“ über 5 Trillionen Mark, 15. Oktober 1923 [Papier, einseitig – H 9,0 cm, B 18,5 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Höher ging es zwar nicht mehr, doch dass die Menschen das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht wähnten, belegt ein mit REICHSWANKNOTE betiteltes Flugblatt in Reichsbanknotenart vom 15. Oktober 1923 über 5 Trillionen Mark. Die von Sarkasmus und Galgenhumor geprägten Texte spiegeln die wirtschaftliche, aber auch mentale Gefühlslage der Zeit treffend wider.

Transportiertes Geld: Geldgürtel, 18. Jh. [Leder – L 132,0 cm, B max. 12,0 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Transportiertes Geld

Ob nun das Wort Geldkatze wirklich davon herstammt, dass dafür einstmals auch Katzenbälger verwendet wurden, oder doch eher vom althochdeutschen „chazza“ für Gefäß oder Beutel – die Geldkatze war jedenfalls über Jahrhunderte das gebräuchlichste Geldtransportmittel. Ledergürtel mit Schlitz blieben bis ins frühe 19. Jahrhundert in Gebrauch, zur Jahrhundertmitte waren es dann meist schlauchförmige Häkelarbeiten.

Transportiertes Geld: Gehäkelte Geldkatzen, Mitte 19. Jh. [Garn]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Durch einen Schlitz konnten die Münzen in beide Enden hineingeschoben, mit jeweils einem Metallring gesichert und im Beutel am Gürtel getragen werden. Als modisches Accessoire waren sie ganz im Biedermeierstil der Zeit mit verschiedenfarbigen Garnen, Perlenstickereien oder Metallperlenkettchen an den Enden kunstvoll ausstaffiert. Die Mehrzahl dieser Doppelgeldbeutel stammt aus dem Besitz des Clemens August Freiherr von Ketteler (1806-1881) und dessen Frau Alina von Korff zu Harkotten (1809-1870). Sie lagen in einer 1968 von Franz Anton Freiherr von Ketteler-Harkotten (* 1940) angekauften Kiste mit Familienmemorabilien, die im Zweiten Weltkrieg auf Schloss Schwarzenraben bei Bökenförde (Gem. Lippstadt, Kr. Soest) vergraben worden war.

Verrechnetes Geld: Adriaen van Ostade, „Der Geldzähler“, 1640er/50er Jahre; Reproduktion des Gemäldes durch Freymann & Schöninger im Verlag Grosjean & Schöninger, München 1860er/80er Jahre [Galvanografie – Bild: H 15,0 cm, B 12,0 cm]. © LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster. Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.

Verrechnetes Geld

Es zu zählen, ist sicherlich die grundlegendste Art und Weise, mit Geld umzugehen, mit ihm zu rechnen. Und so hat auch die niederländische Genremalerei des 17. Jahrhunderts, die – mit didaktisch-moralischem Unterton – Menschen bei allen denkbaren Handlungen ihres Alltags zeigt, das Geldzählen thematisiert. Adriaen van Ostade (1610-1685), Maler, Zeichner und Radierer in Amsterdam, bekannt für seine Bauernszenen, hat sich bei seinen fast tausend Gemälden mindestens zweimal auch dem Geld gewidmet. „Der Geldzähler“ – das Original scheint verloren – zeigt einen alten Mann mit modischem hohem Hut, der intensiv ein großes Geldstück besieht, um es dann zu anderen auf einen eigentümlichen Kasten zu legen. Sein Blick macht deutlich, dass Geld-Zählen immer auch Geld-Prüfen hieß, denn fiskalisch denkende Obrigkeiten und kriminelle Fälscher brachten häufig schlechtes Geld in Umlauf.

Für Informationen zur Ausstellung gehen Sie auf die Seite des LWL-Museums für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster.

Den Ausstellungskatalog haben wir vor kurzem in der MünzenWoche besprochen.