1871-1909: Zeit der Fälschungen – Teil 3: Gefälschte Reichskassenscheine zu 20 Mark

20-Mark-Schein von 1874 als Probedruck. Foto: Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz / Münzkabinett Berlin [CC BY-NC-SA]
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Nachdem wir uns bereits die Merkmale gefälschter Reichsmünzen und Reichskassenscheine zu 50 Mark angesehen haben, soll es heute um 20-Mark-Scheine gehen. Denn während sich die Fälschungen der 50-Mark-Reichskassenscheine von 1874 häuften, wurden gleichzeitig Fälschungen der 20-Mark-Geldscheine bekannt. Die Fälscher hatten es also auch auf die kleineren Reichskassenscheine abgesehen. Es war anscheinend nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Scheine zu 5 Mark angehalten werden würden. In Berlin, so lautete eine Meldung der damaligen Presse, sollten allein an einem Tag, gleich drei Fälschungen der 20-Mark-Reichskassenscheine angehalten worden sein. Das gab natürlich ein großes Aufsehen. Die Wogen, die sich in der Bevölkerung breit machten, mussten schnellstmöglich geglättet werden. Die Menschen sollten aufgeklärt und gleichzeitig sensibilisiert werden. Doch eine Meldung in der Zeitung brachte wohl kaum Aufklärung, wenn für die wichtigsten Fälschungsmerkmale kein Platz war. Es war der „Illustrirte Anzeiger“ von Adolf Henze aus Leipzig, der sich der brisanten Angelegenheit bis ins Detail annahm. Hier wurden wieder einmal die Unterschiede im Bild gezeigt und ausführlich erklärt. Diese Erkenntnisse liefern auch heute noch wichtige Fakten zur Falschgelderkennung.

Selbst Kassenbeamte waren beeindruckt

Es ist wohl ein großes, wenn auch unausgesprochenes Lob für jeden Fälscher, wenn sein Werk recht lange unentdeckt bleibt. Wenn dann aber sogar Bankbeamte mit einer langjährigen Geschäftspraxis beeindruckt den Kopf wiegen, kommt das einer Krönung gleich. So war es auch, als die ersten gefälschten 20-Mark-Reichskassenscheine auftauchten. Überall hieß es, die Fälschungen seien sehr gut gelungen. Henze war da allerdings ganz anderer Meinung und schrieb in seinem „Anzeiger“, Nr. 3/1876 folgendes: „Wir sind nicht dieser Meinung, denn die Fälschungen haben der Fehler so viele, dass selbst der Laie sie sofort erkennt und so einer weiteren Verbreitung entgegenwirken kann.“

Trotzdem waren sie gefährlich. Henze stellte weiter fest, dass die oder der Fälscher die Falsifikate durch Steindruck hergestellt hatte. Als besondere Merkmale zur Erkennung der falschen Scheine führte er auf:

  1. Das Papier hat nicht die Festigkeit und den guten Griff;
  2. Der Hintergrund, der bei echten Scheinen durch unterbrochene guillochierte Linien gebildet wird, wurde bei den falschen durch ein Rautennetz von geraden Linien ersetzt, dessen Zwischenräume mit unterbrochenen Linien ausgefüllt sind;
  3. Die echten Exemplare haben einen grünen Tondruck, der auch über das Dessin hinausgeht und den ganzen Schein bedeckt, während bei den Falsifikaten dieser Tondruck in der bezeichnenden Weise fehlt.

Sehr weiches und zu fettiges Papier

Das Nachmachen von Geldpapier war offenbar schon damals eine heikle Angelegenheit. Es wurde viel experimentiert und einiges ging dabei schief. Hatten die Fälscher endlich eine „gute“ Papiermischung gefunden, musste diese auch einer Trocknung standhalten und nach Monaten keinerlei Verfärbungen aufweisen. Erst dann ging es an den nächsten Schritt und das Medium „Druck“. Im damals noch preußischen Landkreis Bromberg (Bydgoszcz) tauchten im Jahre 1876 einige Fälschungen der 20-Mark-Reichskassenscheine auf und sorgten bei der Bevölkerung für Unruhe. Konnte man dem neuen Geld überhaupt noch trauen? Was machen die da in Berlin überhaupt und was sagt wohl der Kaiser dazu? Fakt war, gerade dem Preußischen Bankhaus waren die merkwürdigen Scheine aufgefallen. Das Geldscheinpapier fühlte sich sehr fettig an, doch fettig war es nicht, auch der Geruch war „normal“. An der Druckqualität war ebenfalls nichts Auffälliges festzustellen, auch die Scheingröße war normal zugeschnitten. Doch irgendetwas stimmte damit nicht. Nach zwei Tagen waren dann drei Scheine mit den gleichen Merkmalen angehalten worden. Es gab also noch mehr davon. Das Papier aller Scheine fühlte sich fettig an und es war äußerst dünn, viel dünner als ein echter Geldschein. Die Geldscheine wurden nun zur weiteren Analyse mit einem Boten nach Berlin geschickt. Dort wurde der Verdacht bestätigt und die Anspannung in Bromberg blieb noch einige Wochen erhalten. Es tauchten allerdings keine weiteren Falsifikate zu 20 Mark mehr auf. Trotz preußischer Strenge und peinlichster Genauigkeit konnte kein Verdächtiger ermittelt werden. Aktendeckel zu.

Die Fälscher aus Berlin und Frankfurt a. M.

Auf frischer Tat ertappt wurde am 18. November 1880 in Mainz ein Fälscher der 20-Mark-Reichskassenscheine von 1874, als er seine „Blüten“ ausgeben wollte. Zunächst leugnete er alles ab, denn er sei nur durch Zufall an den Geldschein geraten. Allerdings arbeitete der Beschuldigte als Steindrucker und das war dann schon sehr verdächtig. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung wurde eine gut eingerichtete Fälscherwerkstatt vorgefunden. Die „äußerst peinliche Befragung“ brachte dann seinen Komplizen aus Berlin zu Fall. Aber lesen Sie selbst den originalen Wortlaut der damaligen Meldung im „Illustrirten Anzeiger“:

„Eine Fabrik falscher 20-Markscheine (Anm. Autor: Reichskassenscheine) ist, wie hier berichtet worden, in Frankfurt a/M. entdeckt worden. Ein Steindrucker von dort wurde am 18. v. M. in Mainz bei Verausgabung eines gefälschten Scheins angehalten. In seinem Besitz wurden damals noch 35 solcher falschen Scheine vorgefunden. Bei einer in seiner Wohnung abgehaltenen Haussuchung wurden 82 Falsificate, eine Presse und vier Steinplatten, sowie zur Anfertigung gebrauchte Chemikalien und sonstiges Material mit Beschlag belegt. In der weiteren Untersuchung hat sich nun herausgestellt, dass auch ein Steindrucker in Berlin, dessen Verhaftung bereits erfolgt ist, sich bei der Anfertigung oder doch bei der Verausgabung dieser Scheine betheiligt hat.“

Später wurde noch bekannt gegeben, dass der Fälscher seine Werke ausschließlich in Mainz und im Raum Süddeutschland verausgabt hat. Alles geschah meist in der Dämmerung oder gar zur Nacht, da seine Fälschungen recht schlecht ausgefallen waren.

Fälschungsdetails von 1882. Foto: Angela Graff.

Eine weitere Fälschungsart tauchte im Jahr 1882 auf und wieder informierte der „Illustrirte Anzeiger“ bis in das Detail darüber.

Schnelle Post im Jahre 1881

Mit einer heute fast unglaublichen Begebenheit möchte ich das Thema der 20-Mark- Reichskassenscheine beenden. Ein unglückliches Missgeschick fand doch noch ein gutes und vor allem schnelles Ende. Was war passiert? Ein Abonnent des „Illustrirten Anzeigers“ schrieb Folgendes an die Redaktion in Leipzig:

„Auf einer Reise nach Breslau zerriss meine Frau mit anderen Papier einen 20-Mark-Kassenschein derart, dass 1/3 desselben, und zwar der Theil oben mit der Ser., Fol. und Nummern ganz abhanden gekommen war. Ich konnte selbstverständlich den Rest-Theil nirgends mehr in Zahlung anbringen. Nach Hause zurückgekehrt, sandte ich diesen übrig gebliebenen Theil mit Angabe der Art des Abhandenkommens an die Reichsschulden-Verwaltung und empfing nach 2×24 Stunden die Benachrichtigung, dass ich den Betrag nach Abzug von 20 Pfennig für Porto, 19,80 Mark erhalten würde. Einen Tag später traf dann auch die Postanweisung mit diesem Betrag hier ein. Das war prompt und coulant!“

Soviel zur Arbeit von Post und Verwaltung im Jahre 1881. Im nächsten Teil der Serie werde ich Ihnen die Fälschungen der 5-Mark-Reichskassenscheine näher vorstellen.

 

Hier lesen Sie den ersten Teil der Serie, der sich mit gefälschten Reichsmünzen beschäftigt.

Und hier der zweite Teil, der die Erkennungsmerkmale der gefälschten 50-Mark-Reichskassenscheine zusammenstellt.

Unser Autor numiscontrol gibt Sammelbegeisterten regelmäßig Tipps und Hilfestellungen rund um das Thema Münzen. In diesem Artikel erfahren Sie alles, was Sie über Münzpflege wissen sollten und hier finden Sie eine Zusammenstellung der wichtigsten Grundlagen für Sammler.

Auch zu bestimmten Sammelgebieten hat numiscontrol einiges zu sagen, wie beispielsweise zur Wertentwicklung der Euromünzen des Vatikans, unentdeckten Schätzen bei Umlaufmünzen oder dem DDR-Münzgeld.

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