Brandenburg und 200 Jahre Confessio Augustana

Das Auktionshaus Künker versteigert in seiner Herbst-Auktion vom 25. bis 29. September 2017 eine umfangreiche Sammlung von Münzen und Medaillen, die mit der Reformation in Zusammenhang stehen. Dazu gehört eine prachtvolle Medaille, die Georg Wilhelm und Andreas Vestner im Auftrag von Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach schufen. Sie zeigt auf der Rückseite eine Szene, die wir von einem Kupferstich Karl Remshards aus der „Kurfürstenbibel“ kennen. Diese war ein Produkt des Nürnberger Druckers Andreas Endters, der darin nicht nur Inhalte des Alten und Neuen Testaments publizierte, sondern auch Texte und Bilder, die mit der protestantischen Geschichte in Zusammenhang standen.

Karl Wilhelm Friedrich (1729-1757). Silbermedaille 1730 von Georg Wilhelm und Andreas Vestner. Schätzung: 7.500 Euro. Aus Auktion Künker 297 (27. September 2017), Nr. 3276. – Die Rückseiteninschrift lautet in Übersetzung: Der dem Kaiser im Augsburg vorgelegte hochheilige Glaube hat wieder zu leuchten begonnen und wird so für die Ewigkeit leuchten, leuchtend im eigenen Lichte.

Angefertigt hat den technisch aufwändigen Rückseitenstempel der 23jährige Nürnberger Medailleur, Andreas Vestner (1707-1754), der seit 1726 im Betrieb seines Vaters tätig war. Sein Vater Georg Wilhelm Vestner (1677-1740) zeichnete für die dem Markgrafen wohl wichtigeren Porträts auf der Vorderseite verantwortlich.

Dr. Christian Beyer verliest am 25. Juni 1530 Kaiser Karl V. die von Melanchthon verfasste Augsburger Konfession. Kupferstich von Karl Remshard (1678-1735).

Die Rückseite zeigt den sächsischen Kanzler Dr. Christian Beyer. Er liest dem auf einem erhöhten Podium sitzenden Kaiser Karl V. die deutsche Version der Confessio Augustana vor. Neben Beyer steht sein Kollege Gregor Brück, der dem Kaiser den lateinischen Text übergeben soll. Neben Karl V. sitzt zu seiner Rechten sein Bruder Ferdinand.

Der zeitgenössische Stich, der das gleiche Geschehen wiedergibt.

Während ein zeitgenössischer Stich genau angibt, wo die wichtigsten geistlichen und weltlichen Mitglieder des Reichstags ihren Platz haben – die geistlichen Fürsten zur rechten, die weltlichen zur linken des Kaisers –, werden die Reichsstände bei Remshard und in seiner Folge bei Vestner zu einer austauschbaren Menschenversammlung.

Details aus Silbermedaille Los-Nr. 3276 und dem Kupferstich von Karls Remshard.

Zentrum der Darstellung ist der Tisch, an dem zwei Schreiber das Geschehen festhalten. Vestner reduziert, um einen besseren Blick auf diesen Tisch zu gewähren, die Menschenmenge: Zwei sitzende und zwei stehende Adlige fallen weg.

Georg der Fromme, Markgraf von Brandenburg-Ansbach. Gemälde von Lucas Cranach dem Jüngeren. Heute im Jagdschloss Grunewald.

Die Vorderseite zeigt, dem Auftraggeber gegenüber, Georg den Frommen von Brandenburg-Ansbach. Er war berühmt wegen seiner kompromisslosen Unterstützung für die neue Religion. Er unterzeichnete die Confessio Augustana und führte das Luthertum als verbindlichen Glauben in seinem Reich ein.
Daran knüpft Karl Wilhelm Friedrich an. Die Inschrift unter den Büsten der beiden Herrscher lautet (in Übersetzung): Jener stellte den Glauben 1530 bei den Ansbachern wieder her, dieser erhält ihn 1730. Durch Frömmigkeit und Blut verbunden, reklamiert das lateinische Motto im Abschnitt der Münze.

Brautporträt aus dem Jahr 1729 von Markgraf Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach und Prinzessin Friederike Luise von Preußen. Antoine Pesne (1683-1757).

Warum nun bemühte sich Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg, der wegen seiner Jagdleidenschaft als der „wilde Markgraf“ in die Geschichte eingegangen ist, derart, seine Frömmigkeit zur Schau zu stellen?
Das hatte praktische Gründe. Der 18jährige war pleite und erwartete 1730 seinen Schwiegerpapa, damit dieser ihm aus der finanziellen Klemme helfe. Sein Schwiegervater war niemand anderer als der preußische König Friedrich Wilhelm I., bekannt nicht nur wegen seiner Leidenschaft für die „langen Kerls“, sondern auch wegen seiner Bewunderung für den Pietismus. Wahrscheinlich nutzte Karl Wilhelm Friedrich das Jubiläum von 1730, um mit Hilfe einer aussagekräftigen Medaille das Wohlwollen des preußischen Königs zu gewinnen. Er stellte sich als zutiefst religiösen Menschen dar, um so an die Gefühle Friedrich Wilhelms zu appellieren. Der erhielt im Rahmen der Festlichkeiten, die anlässlich des Besuches abgehalten wurden, eine dieser Medaillen als Geschenk und wurde so Zielpublikum der auf der Medaille publizierten Botschaft.

Friedrich Wilhelm I. war allerdings viel zu erfahren, um das numismatische Lippenbekenntnis seines Schwiegersohns ernst zu nehmen. Er riet ihm, seinen Lebensstil einzuschränken, und gab ihm – gegen 8 % Zinsen – einen Überbrückungskredit.

Karl Wilhelm Friedrich hatte sich das anders vorgestellt. Von der preußischen Verwandtschaft war nichts zu erwarten. Auch die Ehe mit Friederike war ein Desaster. Schon im Februar 1732 schrieb Kronprinz Friedrich von Preußen: „Meine Ansbacher Schwester und ihr Herr Gemahl hassen sich wie das Feuer.“
Friederike zog sich auf ihr Schloss nach Unterschwaningen zurück. Karl Wilhelm Friedrich ging weiter auf die Jagd und hinterließ bei seinem Tod 2,3 Millionen Reichstaler Schulden.

Einen vollständigen Auktionsvorbericht lesen Sie hier.