200 Jahre im Dienste der Päpste – die Medailleurs-Dynastie Hamerani

von Andreas Udo Fitzel

Um 1590 wurde in Niederbayern ein Bub geboren, der auf den Namen „Johann Hameran Hermannskircher“ getauft wurde. Sein Nachname zeigt schon an, dass seine Familie aus dem kleinen Weiler Hermannskirchen bei Landshut stammte. Er wuchs vermutlich in Abensberg südwestlich von Regensburg auf, wo sein Vater Gerichtsprokurator war.

Hermannskirchen (Bildmitte) bei Landshut auf einer Karte von 1584.

1604 wurde Johann zu einer Ausbildung als Goldschmied nach München geschickt. Sein Lehrmeister war der einflussreiche Goldschmiedemeister Gerhard Lindenburger, der seine Werkstatt in der Dienersgasse neben dem Marienplatz hatte. 1610 endete die Ausbildung, doch Johann konnte nicht lange in München bleiben. Nach einem Streit um eine junge Frau kam es zum Duell zwischen Johann und seinem Kontrahenten. Johann wurde schwer an der Stirn verletzt, woraufhin er seinen Gegner tötete. Dies zwang den jungen Goldschmied zur Flucht. Über die nahen Alpen zog er zuerst nach Venedig, danach hören wir lange Zeit nichts von ihm.

Der Petersplatz in Rom um 1710.

1615 tauchte Johann in Rom wieder auf. Die Ewige Stadt mit ihren 100 000 Einwohnern war gerade im „Barock“ angekommen (der dort immerhin „erfunden“ wurde), und es wimmelt von Künstlern, Architekten und Kunsthandwerkern…

Johann fand eine Anstellung bei einem römischen Goldschmied. Er verliebte sich in dessen Tochter und heiratete sie 1619. Bereits 1620 wurde sein Sohn Albert (Alberto) geboren. Johann bezog ein kleines Haus in der „Via del Pellegrino“. Bald wurde sein zweiter Vorname „Hameran“ zum neuen Familiennamen: Hamerani.
Vermutlich über seinen Schwiegervater bekam der junge Bayer schnell Zugang zu Auftragsarbeiten für den päpstlichen Hof. Johann arbeitete auch in der päpstlichen Münzstätte und als Schrift-Stempelschneider. Schnell verpassten ihm seine Kollegen einen Spitznamen: „il sottile“ – der Tüftler…
Seine Frau starb um 1632. 1635 heiratete Johann erneut. 1644 war Johann dienstlich in Livorno, als ihn der Tod ereilte.

Clemens IX. Medaille 1669 von Alberto Hamerani auf die neu gestaltete Engelsbrücke.

Johanns Sohn Alberto trat in die väterlichen Fußstapfen. Von ihm sind die ersten Medaillenstempel der Familie Hamerani erhalten (seit 1647). Er bezog ein Haus samt Werkstatt in der „Via dei Coronari“, das er und seine Nachfahren etwa 100 Jahre bewohnten.

Porträt des Giovanni Martino Hamerani von 1705.

Mit Albertos Sohn stieg die Familie langsam in die obersten Kreise der römischen Gesellschaft auf: Giovanni Martino Hamerani war vielleicht der berühmteste Vertreter der Familie. Schon zu Lebzeiten als hervorragender Künstler bekannt, fertigte er großartige Münzen und Medaillen.

Innozenz XI. Scudo 1676 von Giovanni Martino Hamerani.

Der Enkel eines bayerischen Goldschmieds erhielt mehrere hohe Ämter. 1679 erfolgte die Ernennung zum Medailleur der päpstlichen Münze. Schließlich wurde Giovanni Martino Hamerani sogar enger Vertrauter und Freund von Papst Clemens XI.

Clemens X. Medaille 1673 von Giovanni Martino Hamerani auf die Versorgung Roms mit Getreide.

Giovannis Medaillen zeigen politische, kulturelle und religiöse Ereignisse und sind damit einzigartige Dokumente nicht nur des römischen, sondern des gesamten europäischen Hochbarock.

Giovanni Martino hatte drei talentierte Kinder, die ihm in der Stempelschneiderkunst folgten: Seine Tochter Beatrice fertigte nur einige wenige Medaillen, bevor sie ein Jahr nach ihrer Heirat im Alter von 29 Jahren verstarb. Sein Sohn Ottone wollte anfangs Zeichner und Maler werden, besann sich dann aber doch und fertigte Medaillenstempel an. 1734 wurde er zum „Münzmeister der päpstlichen Münze auf Lebenszeit“ ernannt.

Clemens XI. Medaille von 1720 von Ermenegildo Hamerani auf die Erweiterung der Universität von Bologna.

Giovannis dritter Sohn Ermenegildo war künstlerisch fast genauso begabt wie der Vater. Der einflussreiche Kunstkenner Kardinal Alessandro Albani nannte ihn einmal sogar „den talentiertesten Mann Italiens…“
Viele Jahre lang hatten die Brüder Ottone und Ermenegildo Hamerani im 18. Jahrhundert eine Art Monopolstellung an der päpstlichen Münzstätte inne. Ermenegildo wurde einmal sogar an den Vizekönig von Sizilien „verliehen“, der ihn per Schiff nach Palermo bringen liess…

Ende des 18. Jahrhunderts besuchte ein gewisser Johann Wolfgang von Goethe während seiner „Italienischen Reise“ Rom und fand Gefallen an den Medaillen der Hamerani. Später liess Goethe über Ferdinando Hamerani (dem Sohn von Ottone) eine Kollektion von Hamerani-Medaillen zusammentragen…

Der letzte Vertreter der Familie Hamerani war Giovanni („Giovanni III.“, der Sohn von Ferdinando). Er lebte in unruhigen Zeiten. Der Kirchenstaat kollabierte, und Napoleon eroberte die Ewige Stadt, die ihn dennoch überlebte. Giovanni schuf bis etwa 1810 Münzen und Medaillen für die Päpste.
Er war der letzte männliche Vertreter der Hamerani und starb 1846. Seine Grabtafel existiert noch in der Kirche „San Carlo ai Catinari“. Sie wurde von seiner Tochter Maria Veronica gestiftet, deren Spur sich im Dunkel der Geschichte verliert…

Wer Genaueres über die spannende Geschichte der Hamerani wissen möchte, der sei auf ein Büchlein des Autors verwiesen. Es kann für 10 Euro zuzügl. Porto via Internet bestellt werden. Für eine Bestellung schicken Sie hier eine Email.