Bulgarischer Rundumschlag

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von Ursula Kampmann

24. November 2011 – Glauben Sie, die Kulturgüterdebatte ginge Sie nichts an, weil Sie keine antiken Münzen sammeln? Weit gefehlt, alles was nicht-deutschen Ursprungs ist, kann derzeit die Begehrlichkeit ausländischer Behörden wecken. Leider leisten schlecht informierte deutsche Behörden bei solchen Anfragen gelegentlich Schützenhilfe.

Am 1. Juli 2011 versteigerte das Auktionshaus Lanz in seiner Auktion 152 eine Sammlung mit dem Titel „Münzen vor dem Türkensturm“. Der Sammler, ein bereits 1961 verstorbener Staatsanwalt, hatte – wie der Sammlung anzusehen – über Jahrzehnte hinweg sorgfältig besonders gut erhaltene Beispiele von Münzen des Balkan aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit vor 1529 zusammengetragen.

Darunter befanden sich selbstverständlich auch Münzen, die vor mehr als 500 Jahren auf dem Gebiet geprägt wurden, das heute bulgarisches Territorium ist. Grund genug für Bulgarien, die deutsche Staatsanwaltschaft einzuschalten. Leider ist das nicht der juristisch richtige Weg. Den regelt das deutsche Kulturgüterrückgabegesetz, und er führt über das Auswärtige Amt, das allerdings mehr über das entfremdete Kulturgut wissen will. So erstreckt sich das Gesetz ausschließlich auf die unrechtmäßige Verbringung aus dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Vertragsstaates nach Deutschland nach dem 26. April 2007. Außerdem muß der Gegenstand als besonders bedeutsam bezeichnet sein. Einzige Ausnahme, wenn ein Gegenstand nachweislich gestohlen ist, dann kann man seine Rückgabe mittels des deutschen Zivilprozeßrechts geltend machen.

Dies war Bulgarien zu mühsam. Stattdessen wendete man sich an die deutsche Staatsanwaltschaft, die brav der bulgarischen Aussage „Die Münzen wären Bestandteil des Nationalen Kulturguts von Bulgarien“ – so laut Hubert Lanz die im Auftrag der Staatsanwaltschaft ihn kontaktierende Kriminalbeamtin – anscheinend ohne weitergehende Überprüfung glaubte, und nun – wieder einmal – die Beweislage umdreht. Der Eigentümer des versteigernden Auktionshauses soll über Bekanntgabe des Namens des Einlieferers dessen Familie weiterer Untersuchungen aussetzen.

Dr. Hubert Lanz ist nicht bereit, diesem Ansinnen zu folgen. Er fordert einen korrekten Verfahrensablauf, wie ihn das Kulturgüterrückgabegesetz vorschreibt. Er prangert an, wie hier durch Unwissen über Abläufe Steuergelder verschwendet werden: „Die ganze Aktion kostet den deutschen Steuerzahler einen Haufen Geld, und es wird damit der legale Handel behindert, was eindeutig gegen die Verfassung der EU, Artikel 30, verstößt.“

Wir werden darüber berichten, wie dieser Rechtsstreit mit Bulgarien weitergeht.