Geocaching – eine numismatische Schnitzeljagd?

von Leonie Schulze

„Kurz gesagt: Beim Geocaching rennen irgendwelche Bekloppten mit dem GPS-Gerät durch die Gegend und suchen Tupperdosen“, schrieb im Jahr 2007 Komiker und Moderator Bernhard Hoecker über sein geliebtes Hobby. Geocaching ist die Schnitzeljagd des 21. Jahrhunderts. Vergessen Sie kleine Zettel mit Hinweisen und Pfeile, die man mit Kreide auf die Straße malt. Das macht man jetzt digital und per GPS-Signal. Finden kann man hierbei alles Mögliche: Haarspangen, CDs, Bücher, Bälle, Strickzeug … oder eben Münzen, sogenannte Geocoins. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich aus letzteren ein Sammelgebiet entwickeln würde.

Das offizielle internationale Geocaching-Logo.

48 Grad 47 Minuten 32,129 Sekunden Nord – 9 Grad 13 Minuten 55,488 Sekunden Ost

Als im Mai 2000 die künstliche Signalverschlechterung des Satellitennavigationssystems GPS (Global Position System) abgeschaltet wurde, bedeutete das nicht nur das Ende der mühsam zusammengefalteten Straßenkarten auf dem Beifahrersitz, sondern auch der Schnitzeljagd, wie wir sie aus unserer Kindheit kannten. Nun gut, ganz so einseitig sollte man Kausalzusammenhänge und Entwicklungen hier nicht darstellen. Doch zusammengefasst bedurfte es der freien Nutzbarkeit, räumlichen Genauigkeit und preiswerten Verfügbarkeit der entsprechenden Geräte, damit sich das Geocaching als Freizeitsport entwickeln konnte. 

Am ersten Sonntag der alljährlichen Earth Science Week wird von internationalen Geocachers der Earthcache Day gefeiert und eine offizielle Geocoin ausgegeben. Foto: Geocoinshop.de.

Noch im selben Monat versteckte Dave Ulmer aus Portland im US-Bundesstaat Oregon die erste Geocache und teilte die Koordinaten in einem Internetforum. Es dauerte nur ein paar Stunden, bis jemand die Schachtel fand. Innerhalb weniger Tage taten es ihm Dutzende Hobby-Schnitzeljäger gleich und begannen, entsprechend markierte Tupperdosen in der umliegenden Landschaft zu verstecken. Im Laufe der Jahre stieg die Anzahl der Geocachers stetig an, bis heute sollen mehrere Millionen Menschen auf der Welt diesem Hobby nachgehen. Nicht alle davon sind auf offiziellen Geocaching-Webseiten wie Geocaching.com oder Opencaching.de registriert.

Das Design imitiert einen Rechenpfennig Heinrich von Brederodes von 1566. Foto: Geocoinshop.de.

Das Vorbild. Niederlande. Rechenpfennig 1566. Aus Auktion Jean Elsen 139 (2018), Nr. 1323.

Bevor sie sich auf den Weg machen, schauen die Schatzsucher online nach Geocaches in ihrer Nähe, kramen je nach angegebenen Schwierigkeitsgrad entsprechend die Gummistiefel, Handschuhe, Akkupacks, Seile und Kletterhelme aus dem Schrank und geben die Koordinaten in ihr GPS-Gerät ein. Geocaches können gerade mal so groß wie ein Daumennagel sein oder die Größe eines Schuhkartons haben. Er muss nur wasserdicht sein. In den entsprechenden Behältern finden sich ein Logbuch, in das sich die Geocachers eintragen, sowie kleine Schätze: Spielzeug, Knöpfe, CDs, Bücher, und vieles mehr.

Manche Geocoin-Designs vereinen bildlich eine Vielzahl unterschiedlicher Hobbys. Dies ist die siebte Geocoin in der Geocacher’s World Geocoin Serie. Foto: Geocoinshop.de.

Geocoins als Sammelgebiet

Es steht den Findern frei, Objekte aus den Geocaches mit anderen Dingen zu ersetzen. Viele Geocoins, die als Schätze versteckt werden, sind jedoch explizit als Wanderobjekte gedacht. Sie besitzen Seriennummern, durch die die Reise der Stücke nachverfolgt werden kann. Mit einigen Geocoins sind Missionen verbunden. Andere sind explizit als Geschenk gekennzeichnet und dürfen in die eigene Sammlung aufgenommen werden. 

Die Gestaltung übernehmen die Besteller. Das können sowohl Gruppen und Organisationen als auch Einzelpersonen sein. Produziert werden sie von privaten Unternehmen, die sich auf die Herstellung von Geocoins spezialisiert haben. Dem Design sind keine Grenzen gesetzt. Alle Formen, Farben und Techniken, die die Münzprägung bisher erlaubt, werden genutzt. Auch thematisch scheint es nichts zu geben, was nicht auf Geocoins abgebildet wird: Tempelritter, das Münchener Oktoberfest, Dinosaurier und Teutonen. Sogenannte „Geoachievements“ werden mit entsprechenden Medaillen belohnt. Die noch keine zwanzig Jahre alte Geschichte des Geocaching wird außerdem bereits mit Geocents geehrt.

Geocoins müssen nicht rund sein. Hier eine Variante, die einer Bienenwabe gleicht. Foto: Geocoinshop.de.

Geocoinfest – Die Münzbörse für Geocoin-Sammler

Wo es Münzsammler gibt, da gibt es auch Münzbörsen. Seit dem Jahr 2007 wird in den Vereinigten Staaten daher das Geocoinfest organisiert. 2011 wurde es zum ersten Mal in Europa als „Geocoinfest EU“ veranstaltet. Die Börse findet jedes Jahr an einem anderen Ort statt. Im Grunde genommen gleichen Geocoinfests den Börsen und Messen, die wir aus der klassischen Numismatik kennen: Händler bieten an ihren Tischen ihre Geocoins und dazu passende Accessoires an und Sammler lassen sich von ihnen beraten, feilschen ein bisschen und entscheiden sich dann für ein Stück, das ihnen besonders gut gefällt. 

Geocoins werden auch als Auszeichnung ausgegeben, z.B. für die 50. gefundene Geocache. Foto: Geocoinshop.de.

Ein kleiner, aber feiner Unterschied zu traditionellen Münzbörsen liegt in den unvermeidlichen und äußerst beliebten Mega-Geocaching-Events, die anlässlich der Börsen stattfinden. Hier machen sich die Besucher gemeinsam auf die Suche nach Caches in der unmittelbaren Umgebung. Tausende Sammler besuchen jährlich eines der beiden Geocoinfests. Das nächste europäische Geocoinfest findet am 7. September 2019 in Manchester (Großbritannien) statt. In den USA kommen Geocoin-Sammler vom 27. bis 29. September 2019 in Houma im Bundesstaat Louisiana zusammen.

Teile der Einnahmen der Save our Playing Field Geocoins werden an Organisationen gespendet, die sich für den Klimaschutz einsetzen. Foto: Geocoinshop.de.

Die Beliebtheit der Geocoins

In einer Ausgabe des Podcasts „Podcasher“ stellte der Organisator des Geocoinfests, bekannt unter dem Namen „Avroair“, fest: „Geocoin-Sammlungen sind die demokratischsten Sammlungen, die man führen kann.“ Geocoins seien Sammelobjekte, die von absolut jedem hergestellt und in Auftrag gegeben werden könnten und ihr Design sei deshalb häufig einzigartig und sehr persönlich. In den vergangenen Jahren, in denen auch Geocoins stärker in den Sog der Kommerzialisierung gezogen worden sind, ist dieser persönliche Aspekt etwas verloren gegangen sei. Doch Geocoins erfreuen sich trotzdem immer größerer Beliebtheit und haben sich zu einem sehr aktiven und vielseitigen Sammelgebiet entwickelt. Manch ein Sammler scheint mittlerweile die eigentliche Praxis des Geocachings für die Begeisterung des Sammelns fast aufgegeben zu haben. Warum sich die Mühe machen, im Regen durch den Wald zu spazieren, wenn man die geliebten Stücke auch in einer trockenen Messehalle erwerben kann?

Eine Broschüre mit weiteren Informationen über Geocaching ist online verfügbar.

Alle zwei Monate erscheint das Geocaching-Magazin.

Viele begeisterte Geocoin-Sammler haben sich in der Secret Society of Coin Addicts zusammengeschlossen.