Geprägte Bildwelten der Romanik

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26. April 2018 – Zwei Schatzfunde der Superlative zählt die Staatliche Münzsammlung München seit 2015 zu ihren hochmittelalterlichen Glanzstücken: Die Obinger Ausgrabung eines Sondengängers ist der älteste Hortfund Bayerns, die 7.740 Silberpfennige aus Waal vereinen sich zum größten. Erstmals zeigt nun eine umfassende Ausstellung die mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder erworbenen Silberschätze in ihrer ganzen Breite. Vom 20. April 2018 bis zum 24. März 2019 stellt das Museum die beiden Hortfunde aus.

Regensburg, Bischof Otto von Riedenburg (1061-1089), zuvor unbekannt, Silber, Vorderseite: Brustbild des Bischofs mit Schärpe und Kreuzstab, Rückseite: Darstellung Regensburgs mit verwilderter Umschrift „RADSIVN“ statt „RATISPONA“, aus dem Fund Obing; Staatliche Münzsammlung München; © Staatliche Münzsammlung München.

Fest ist sein Blick. Den Betrachtenden in seinen Bann ziehend, lösen sich seine Augen schier aus der silbernen Fläche. Im Münzrund von nur 25 Millimetern wird auf dem 1.000 Jahre alten Massenmedium Politik gemacht: Der bayerische Bischof Otto von Riedenburg (1061-1089) präsentiert sich erstmals mit seinen Insignien – mit Stab und Buch verweist er auf König Heinrich IV. (1056-1105), von dem er sein Amt empfangen hatte. Eine Geste mit politischer Sprengkraft: Während Heinrich IV. mit Papst Gregor VII. im sogenannten Investiturstreit um das Recht rang, kirchliche Ämter zu besetzen, bekannte sich der bayerische Bischof zu seinem König. Zuvor unbekannt, erzählt der im Obinger Schatzfund enthaltene Silberpfennig nun von wirkungsstarker Machtrepräsentation. Die souveräne Haltung der Eliten zeigt sich auch hier – wie schon in den Jahrhunderten davor und danach – im Porträt. 

Königliches Bildnis auf einem Augsburger Brakteaten um 1190/1200, aus dem Münzschatz von Waal; Staatliche Münzsammlungen München; © Foto: Nicolai Kästner.

Bedienten sich die mittelalterlichen Herrscher ihrer gemünzten Bildnisse, um ihre Legitimation über die Grenzen ihres Machtraums hinaus zu manifestieren, verbildlichen sich die Protagonisten der heutigen politischen Landschaft mit gleichem Nachdruck. Doch weder überdauern die konterfeitragenden Geldscheine so gut wie die metallenen Prägungen, noch verspricht die digitale Vervielfältigung der Porträts von Regierenden und Mächtigen die ewige Überlieferung. Zwischen 1056 und 1120/30 geprägt, um 1130 vergraben und erst 2000 nördlich des Chiemsees wiederentdeckt, strahlen die 994 Pfennige des Obinger Funds hingegen immer noch.

Augsburg, König Heinrich VI. (1169-1197) oder Philipp (1198?-1208), Pfennig, Silber, 25 mm, geprägt zur Hochzeit Philipps mit Irene 1197 vor Augsburg (?), Rückseite: ungeprägt, wie bei Augsburger Pfennigen dieser Zeit üblich, aus dem Fund Waal; Staatliche Münzsammlung München; © Staatliche Münzsammlung München.

Auch im Landkreis Ostallgäu führte eine Sonde ihren Träger im Frühjahr 2014 zu dem sensationellen Schatz von 7.740 Silberpfennigen aus den Jahren 1160 bis 1220, vergraben kaum nach ihrer Entstehung in Waal. Einander die Köpfe zugeneigt, hält das bekrönte Paar den Reichsapfel in seiner Mitte. Als numismatisches Rarissimum verkündet der sogenannte Hochzeitspfennig einen diplomatischen Schachzug des Kaisers Heinrich VI. (1169-1197): Um seine Beziehungen zu Byzanz zu verbessern, leitete der Regent die Eheschließung seines Bruders Philipp von Schwaben (1177-1208) mit der Kaisertochter Irene von Byzanz (1177 oder 1180/81-1208) 1197 in die Wege. Von den sogenannten Auswurfsmünzen – anlässlich einer Heirat unter das Volk geworfen, um die Untertanen so an dem gesellschaftlichen Großereignis teilhaben zu lassen – haben sich nur drei erhalten.

Münzschatz von Obing; Staatliche Münzsammlung München; © Foto: Nicolai Kästner.

Nicht jeder der insgesamt knapp 9.000 Silberpfennige beider Funde hält ein bemerkenswertes historisches Ereignis für seinen Betrachtenden parat. Die Bedeutung der beiden Schätze insgesamt ist jedoch kaum hoch genug anzusetzen, trugen die beiden Hortfunde doch bereits zur Klärung zahlreicher wissenschaftlicher Fragen bei. „Die Kulturstiftung der Länder zögert etwas, wenn es um die Förderung von Konvolut-Erwerbungen geht“, sagte Frank Druffner, kommissarischer Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, „bei Hortfunden allerdings liegt gerade im Konvolutcharakter der besondere Reiz: Aus der geographischen und zeitlichen Streuung der Prägungen und den Fundumständen können wichtige Rückschlüsse auf die Wirtschafts-, Handels- und Geldgeschichte gezogen werden. Besonders erfreut sind wir, wenn geförderte Erwerbungen im großen Rahmen dem Publikum gezeigt werden – so, wie es in München nun mit den beiden Münzschätzen der Fall ist.“

Bischöflicher Pfennig mit der Darstellung von Herkules im Kampf mit dem Löwen, Münzstätte Regensburg, um 1130, aus dem Münzschatz von Obing; Staatliche Münzsammlung München; © Foto: Nicolai Kästner.

Denn diese werden ab dem 20. April 2018 in der Ausstellung „Geprägte Bildwelten der Romanik“ in der Münchner Residenz, Sitz der Münzsammlung, gezeigt.
Die Erwerbung der beiden Silberschätze für die Staatliche Münzsammlung München wurde von der Kulturstiftung der Länder und der Ernst von Siemens Kunststiftung gefördert.

Hier kommen Sie auf die Seite der Staatlichen Münzsammlung München.

Mehr über die Arbeit der Kulturstiftung erfahren Sie auf der Stiftungsseite.

Zahlreiche Artikel zum Thema Schatzfunde finden Sie übrigens in unserem Archiv.

Wenn Sie sich erst einmal einen ersten Eindruck über Brakteaten machen möchten, empfehlen wir Ihnen diesen Film: Brakteaten: Ein Abbild der hochmittelalterlichen Gesellschaft.

In einem Katalogband können Sie sich weiterbilden zur geprägten Bilderwelt der Romanik im Raum zwischen Brixen und Prag.