Im Dienste des Kaisers – Die Legionen

Träumen Sie auch davon, mit der Maschine des Zeitreisenden von H. G. Wells genau die Epoche zu besuchen, in denen sich die römischen Legionen die Welt Untertan gemacht haben? Ja, natürlich ist das unmöglich, aber mit modernem Reenactment bekommt man doch einen guten Eindruck, was die Soldaten damals geleistet haben.

Römische Jagdschale aus Stein am Rhein / Kanton Schaffhausen. © Museum zu Allerheiligen Schaffhausen.

Am Samstag, dem 10. März 2012 wurde in Schaffhausen der letzte Teil der neuen Dauerausstellung wieder eröffnet. Unter dem Titel „Von der Steinzeit zu den Römern“ stellt die Präsentation Schätze aus dem Kanton Schaffhausen vor, die zum Teil bis in die Altsteinzeit zurückreichen.

Römische Soldaten im mittelalterlichen Klosterhof. Foto: UK.

Die Attraktion der Eröffnung waren „echte“ Römer. Eine Abordnung der Legio XI Claudia Pia Fidelis war gekommen. Sie exerzierte – und erklärte. Und was man da zu hören bekam, war unglaublich spannend.

Caracalla, Sesterz, 214. Rv. Caracalla steht mit zwei Offizieren auf Plattform, um vor Soldaten mit Feldzeichen zu sprechen. Aus Auktion Gorny & Mosch 180 (2009), 412.

Soldaten, sie scheinen ziemlich häufig auf Münzen vorzukommen. Doch wenn man genau hinsieht, dann sind es meist die Offiziere, die mit dem Kaiser zusammen abgebildet sind. Für die Ausrüstung der einfachen Mitglieder der Legion geben die Münzen kaum Hinweise.

Optio ad Spem: Ranghöchstes Mitglied unserer Truppe. Foto: UK.

Beginnen wir also auch hier mit dem ranghöchsten der anwesenden Offiziere, dem Optio ad Spem, also einem Optio, dem demnächst die Beförderung zum Centurio bevorsteht. Während der Centurio eine so genannte Hundertschaft (auf die Sollstärke kamen die Truppen allerdings nicht einmal während der römischen Republik) anführte, war der Optio ad Spem sein Stellvertreter. Statt prächtiger Phalerae trug er einen mit einer Kugel geschmückten Stock als Kommandostab…

Testudo. Foto: UK.

… und zum Testen, ob die Formation der Schildkröte auch perfekt gelungen ist, und jeder seinen Schild ordentlich festhält.

Der Schild an sich ist schon eine Waffe. Foto: UK.

Überhaupt der Schild. Der ist schon eine Waffe. Der Soldat benutzt ihn nicht nur, um sich dahinter zu verstecken, sondern als Sichtschutz, hinter dem er einen Angriff vorbereitet. Und mit dem metallverstärkten Rändern kann man schon einmal ein Schienbein brechen.

Hauptangriffswaffe ist das Kurzschwert. Foto: KW.

Hauptangriffswaffe ist das Kurzschwert, das nicht zum Hauen, sondern zum Stechen verwendet wird.

Das sind keine Speere, sondern Pila, römische Wurfspieße. Foto: KW.

Ferner hatte jeder römische Soldat sein Pilum dabei, eine besondere Abart des Wurfspießes, der nicht in erster Linie dazu dient, den Feind zu töten, sondern sich so in den Schild des Gegners zu bohren, dass dieser ihn fallen lassen muß. Während zur Zeit der späten Republik die Soldaten teilweise mit zwei Pila ausgestattet waren, haben unsere Legionäre nur eines dabei. Denn ihre Zeit ist das 1. Jahrhundert n. Chr. Für Reenactmentgruppen ist es wichtig, einen festen Zeithorizont zu haben, dessen Ausstattung sie nachstellen wollen. Für unsere Truppe, die Legio XI, ist das die flavische Zeit.

Das Heiligtum der Legio XI. Foto: UK.

Deshalb ist im Heiligtum der Legion auch der Kopf des Vespasianus zu sehen.

Marcus Antonius. Denar, 32-31. Rv. Adler zwischen zwei Feldzeichen. Aus Auktion Gorny & Mosch 204 (2012), 2053.

Links davon – auf dieser Münze hier links und rechts – ist das Feldzeichen, das Signum, rechts davon die Aquila, der Legionsadler – auf unserer Münze in der Mitte. Und darunter sehen wir im Heiligtum den runden Schild, der zur Ausrüstung des Aquilifers, also des Adlerträgers, gehört.

Hadrian. Sesterz, 137. Rv. Hadrian im Redegestus vor den Vertretern des britischen Heeres. Vorne der Aquilifer mit Legionsadler und Wolfsfellhaube. Aus Auktion Lanz 94 (1999), 504.

Diese Münze des Hadrian zeigt nicht nur den Aquilifer, sondern auch den Träger des Signums und des Vexillums, also der kleinen Fahne, die auf unserer Aufnahme ganz rechts zu sehen ist. Klauben wir es noch einmal auseinander: Der Adler war das Symbol der Legion, das Signum gehört zum Manipel (= zwei Centurien), das Vexillum wurde Abordnungen der Legion statt dem Feldzeichen mitgegeben, was eng mit dem Namen so einer Abordnung, der Vexillatio verbunden ist. Ach ja, und die hier genannte Legio XI passt natürlich geographisch ausgezeichnet. Denn die unter Caesar gegründete Einheit wurde im Jahre 70/1 als Nachfolgerin der Legio XXI Rapax nach Windisch verlegt. Ihr Symbol war Neptun, und der ist auf diesem Vexillum wirklich gut getroffen.

Gallien. Antoninian, Mailand, 260/2. Rv. LEG XI C L VI P VI F Neptun. Aus Auktion CNG 87 (2011), 1121.

Wir wissen nämlich auch von Münzen, dass Neptun der Patron der Legio XI gewesen ist.

Das Heiligtum der Legio XI. Foto: UK.

Übrigens, wenn Sie ganz genau hinsehen, dann erkennen Sie unter dem Heiligtum eine Truhe, in der die Sparguthaben der Legionäre aufbewahrt wurde.

Der Cornicen: Signalgeber im Kampf. Foto: UK.

Und damit zurück zu unseren Soldaten. Hier sehen wir einen weiteren wichtigen Unteroffizier, den Cornicen, der für die Übermittlung der Signale verantwortlich zeichnet. Er trägt – wie der Signifer – eine Wolfshaube,

Detail der Trajanssäule. Quelle: Wikipedia.

… die auf der Trajanssäule auch deutlich zu erkennen ist.

Legionär. Foto: UK.

Und damit genug von Unter- und Oberoffizieren. Gehen wir zur einfachen Truppe. Hier sehen wir schön einen Legionär in voller Kampfuniform mit Helm und Panzer.

Quadrans, 120-150. Kopf des Mars. Rv. Trophäe. Aus Auktion Gorny & Mosch 204 (2012), 2223.

Römische Münzen bereiten uns einfach nicht vor darauf, wie gut ein Helm den Kopf schützt.

noneRömische Münzen bereiten uns einfach nicht vor darauf, wie gut ein Helm den Kopf schützt.

Legionäre. Foto: UK.

Ein breiter Nackenschutz, das Ohr ausgeschnitten, damit man die Befehle auch hört, …

Im Prinzip trägt der Optio den gleichen Helm wie die Legionäre. Foto: UK.

… und geschweifte Wangenklappen, weil der Legionär nur mit dem vergrößerten Augenausschnitt aus den Augenwinkeln sieht, ob er noch in der Reihe steht. Der Helmbusch ist übrigens eine Art „Ausgehuniform“. In der Schlacht würde er einen ja doch nur hindern.

Legionärssandale. Foto: UK.

Und mit diesen Sandalen liefen die Legionen der Römer durch Europa, Asien und Afrika.

Museumsdirektor Peter Jezler mit dem Marschgepäck eines Legionärs auf dem Rücken. Foto: KW.

Haben Sie sich je überlegt, was diese armen Soldaten dabei mitschleppten?

Die Autorin des Artikels wäre mit diesem Gepäck noch nicht mal 100 Meter weit gekommen. Foto: KW.

Rund 30 Kilo wiegt das Gepäck eines Legionärs, bestehend aus seiner Kleidung, dem Kettenhemd (das man freundlicherweise anziehen durfte), dem Helm, dem Schild, dem Pilum und was man sonst so alles braucht. Nach Erfahrung im Eigenversuch kann ich bestätigen, ich wäre noch nicht mal 100 Meter weit mit dem ganzen Zeug gekommen. Und wenn ich in Zukunft von Caesars Eilmärschen lese, dann werde ich die einfach als Propaganda abtun.

Marschgepäck eines Legionärs. Foto: UK.

So sieht das Marschgepäck aus: Kochtopf, Helmbusch, …

Marschgepäck eines Legionärs. Foto: UK.

Schanzwerkzeug (die Axt), Klopapier (der Stab mit dem Schwamm), Vorräte für drei Tage …

Legionärs Lieblingsessen. Foto: UK.

… und zwar Weizenkörner.

Der römische Puls. Foto: UK.

Mit denen kann man den römischen Getreidebrei, den berühmten Puls, machen. Und der schmeckt sogar recht gut. Man kann sich dran gewöhnen.

Römisches Rasiermesser. Foto: UK.

Weniger angenehm soll laut Aussage der Legionäre die Rasur mit den damals üblichen Rasiermessern sein. Da man für die Hautpflege auch nur Olivenöl hat, dürften vor 2000 Jahren nur die wenigsten im Lager auf eine gute Rasur Wert gelegt haben.

Octavian, Aureus, 39. Kopf des Marcus Antonius. Rv. Kopf des Octavian als Feldherr mit Bart. Aus Auktion Gorny & Mosch 203 (2012), 311.

Kein Wunder, dass sich Feldherrn auf Münzen gerne mit einem leichten Bart darstellen ließen, um zu zeigen, dass sie auf dem Marsch keine Zeit hatten, die zeitraubende Prozedur des Rasierens auf sich zu nehmen.

Die Ballista, eine Art stehender Armbrust. Foto: UK.

Glücklich, wer sich nach den harten 25 Jahren noch einmal verpflichtet, und dann zum Dienst an der Ballista eingeteilt wird. Mit dieser höchst effektiven Waffe steht er hinter den Linien und braucht sein Gerät auch nicht selbst zu schleppen, weil es auf einem Karren gefahren wird.

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Ballista mit eingespanntem Bolzen. Foto: UK.

Aber effektiv ist er in der Schlacht trotzdem. Denn wenn zwei Mann diese Ballista bedienen, kommen sie kurzzeitig auf eine Schussfrequenz von 12 Bolzen pro Minute. Und wenn das Gerät einmal eingestellt ist …

Bolzen im Ziel. Foto: UK.

… trifft sie immer exakt wieder dorthin, wohin der erste Schuss ging.

Foto: KW.

Na, habe ich zu viel versprochen? War das eine Reise durch die Zeit? Und wer selbst mitmachen möchte oder die Legio XI einmal in Aktion bewundern will, der besucht am besten ihre Homepage.

Außerdem gibt es über die Legio XI einen Film auf Youtube.

Und wer gerne den Puls einmal nachkochen möchte, hier geht es zu einem Rezept.