Kulturgüterschutz auf Schweizer Art

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von Björn Schöpe

4. Dezember 2014 – Die Schweiz bietet ab 2015 ein „Asyl“ der besonderen Art: Die Alpenrepublik richtet ein Depot ein für gefährdete Kulturgüter aus dem Ausland.

Was effektiver Kulturgüterschutz ist, darüber streiten die Experten: Die einen wollen die Rechtslage in ihrem eigenen Land anpassen, um illegalen Handel einzudämmen. Die anderen halten das für wirkungslos, da es darum gehen müsse, die Objekte bereits in ihrem Herkunftsland vor Zerstörung und Export zu schützen. Die Schweiz stellt sich mit ihrem neuen Projekt auf die Seite derjenigen, die vor Ort aktiv werden wollen – und passt gleichzeitig ihre eigenen Gesetze sinnvoll an.

Ab 1.1.2015 könnte ein ehemaliges Waffendepot in der Nähe von Zürich als Auffanglager für bedrohte Kulturgüter anderer Länder dienen. Nachdem das eidgenössische Bundesgesetz zum Schutz von Kulturgütern überarbeitet wurde, müssen nun alle beteiligten Institutionen miteinander verhandeln: das Bundesamt für Bevölkerungsschutz, die Fachstelle für Kulturgütertransfer, das Schweizer Nationalmuseum, die Fachstelle Immobiliengrundlagen des Bundes, der Bundessicherheitsdienst und die Zolldirektion. Bis diese Verhandlungen abgeschlossen sind, werden auch alternative Standorte geprüft.
Die fachliche Betreuung von zugesandtem Material wird in der Hand des Schweizer Nationalmuseums liegen, das in Affoltern, ebenfalls bei Zürich, sein zentrales Sammlungszentrum mit den Restauratorenwerkstätten unterhält.

Die Schweizer waren schon früher auf ähnliche Weise aktiv geworden. Bereits im Spanischen Bürgerkrieg brachte der Prado wertvolle Kunstobjekte in die Schweiz. Vor allem diente wohl das Afghanistan-Museum als Vorbild, das von 1999 bis 2007 Tausende Kunstobjekte und Alltagsgegenstände bei Basel verwahrte. Es handelte sich dabei um eine private Initiative, der es gelang, alle Konfliktparteien zur Zusammenarbeit zu bewegen – sogar Taliban schickten antike Musikinstrumente und Glasplatten mit Fotografien aus dem 19. Jahrhundert. Nachdem die UNESCO anfänglich sich gegen das Projekt gestellt hatte, übernahm sie später die Schirmherrschaft. Im März 2007 gingen alle Objekte wieder zurück nach Afghanistan.

Ein Zeitpunkt für die Inbetriebnahme des geplanten Kulturgüterdepots steht noch nicht fest. An Krisengebieten, die dieses Angebot annehmen könnten, wird es leider nicht fehlen. Hoffentlich auch nicht an ähnlichen Projekten.

Über das neue Projekt berichteten die NZZ

… und der Anzeiger.

Informativ ist die Seite des Afghanistan-Instituts

… und eine Reportage über die Hintergründe des Afghanistan-Museums.

Eine aktuelle Audio-Reportage von Echo der Zeit über die private Initiative von Paul Bucherer finden Sie hier.