MachtOhnmacht – Eine Ausstellung des Museum August Kestner

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von Ursula Kampmann

21. April 2016 – Aus der Geschichte lernen, das, so behauptete eine Generation von Historikern, sei sowieso unmöglich. Heute ist die Geschichte als Lehrerin wieder zurück, weil wir gelernt haben, dass man die Muster von Gewalt und Zerstörung nur dann durchbrechen kann, wenn man ihre Vorgeschichte kennt. Wer einmal gesehen hat, mit welchen Bildern im Dritten Reich Menschen manipuliert wurden, wird gegenüber der medialen Inszenierung von heute skeptisch bleiben. Die Beschäftigung mit der Geschichte ist eben doch lehrreich und entlarvt moderne Mythen und ihre politische Nutzung.

Ein Lesebuch zur Anschauung: MachtOhnmacht – Zivilisationsmuster. Zur Ausstellung im Museum August Kestner 24-2-2016 bis 24-7-2016. 144 S. mit zahlreichen Abbildungen. Kartoniert. Fadenheftung. 22,5 x 27,5 cm. Keine ISBN.

Man muss die Ausstellung „MachtOhnmacht“ und den dazugehörigen Katalog in diesem Kontext sehen, wenn Ausstellungskurator Andreas Urban das Buch mit einem Zitat von Karl Philipp Moritz einleitet: „Denn die Sammlung des Alten, und das Vergnügen am Alten, bloß deswegen, weil es alt ist, bleibt doch immer nur ein Spielwerk, das kaum den Anfang vom ernsten Nachdenken in sich enthält.“

Es geht also um Objekte; um Objekte, die zwischen Macht und Ohnmacht stehen. Alles ist dabei: von der ägyptischen Skulptur zur Fotographie aus den 60er Jahren, vom antiken Tonlämpchen zum Plakat aus dem 3. Reich.

Und natürlich ist die Macht wesentlich besser dokumentiert ist als ihr Gegenteil. Sehen wir uns das doch an ein paar Beispielen an: Da steht ein Brakteat aus Quedlinburg für die Hierarchie zwischen der Äbtissin und dem (natürlich männlichen) Vogt. Er zeigt klar, wie die Machtverhältnisse verteilt sind: Die Äbtissin sitzt und der vor ihr stehende Vogt grüßt sie als seine Herrin. Kritik an der Macht kommt im Pfaffenfeindtaler des tollen Christian zum Ausdruck. Dass schon das Prägen von Münzen ein Akt der Machtergreifung sein kann, dafür steht ein Antoninian des Postumus. Und dies sind nur ein paar Beispiele.

Der Ausstellungskatalog ist intelligent gemacht und regt tatsächlich zum Nachdenken an. Er ist in verschiedene Kapitel aufgeteilt. Sie tragen Titel wie „Zeichen der Macht“, „Machterwerb, Machterhalt“ oder „Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern“. Jedes dieser Kapitel ist mit einem reich illustrierten Text eingeleitet. Danach folgen Objekte, die in besonderem Maße geeignet sich, das Thema zu spiegeln. Sie werden beschrieben und in ihren historischen Hintergrund eingeordnet. 

Die Numismatik ist dabei übrigens erstaunlich prominent vertreten. Münzen und Medaillen dürften die häufigste Objektgattung sein, und auch in den Einleitungstexten finden sich viele numismatische Exponate aus der reichhaltigen Sammlung des Museums.

Aber natürlich ist der Ausstellungskatalog nicht das, was ein numismatischer Purist unter einem numismatischen Buch verstehen würde. Soll er auch nicht sein. Aber wer einmal ins Grübeln geraten will, in wie weit sich ein paar Aspekte unserer kulturellen Vergangenheit, nämlich das Phänomen der sozialen Gliederung, in den Münzbildern niedergeschlagen hat, dem kann man nur raten, sich dieses „Lesebuch zum Anschauen“ zu Gemüte zu führen.

Für einen Kauf des Katalogs setzen Sie sich bitte mit dem Museum August Kestner in Verbindung.