MenschenGesichter Teil 32: Mord in Mailand


mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich

Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.

Mailand. Giovanni Galeazzo Maria Sforza (1476-1494). Testone. Gepanzerte Büste des Giovanni n. r., darüber auf einem Schild frontale Büste des heiligen Ambrosius. Rs. Wappen von Mailand, darüber zwei Helme mit Helmzier, darum die Umschrift „Unter der Regentschaft Ludovicos, seines Oheims väterlicherseits“. © MoneyMuseum, Zürich.

33 Jahre alt war Galeazzo Maria Sforza, als ihm ein junger Adliger beim Betreten einer Kirche dreimal den Dolch in die Brust stieß. Das Vorbild der Tyrannenmörder Brutus und Cassius hatte den jungen Mann beflügelt, den Herzog zu ermorden, um – wie in den kurzen drei Jahren zwischen dem Tod des letzten Visconti und der Machtergreifung der Sforzas – wieder eine Republik einzurichten.

Aber das Rad der Geschichte hatte sich gedreht. Statt ihn als Helden zu feiern, hetzte die wütende Menge den Mörder ihres Herzogs durch die Stadt. Er wurde gefangen, gefoltert, hingerichtet und sein Kopf auf eine lange Stange gesteckt.

Giovanni Ambrogio de Predis, Angebliches Porträt des Giovanni Galeazzo Maria Sforza als Heiliger Sebastian. Quelle: Wikicommons.

Zurück blieb der erst siebenjährige Sohn des Ermordeten, Giovanni Galeazzo Maria Sforza, der Prägeherr unserer Münze. Er war zu jung, um zu herrschen, und so entstand ein Streit darüber, wer für ihn die Macht ausüben sollte. Man kann es sich schwer vorstellen, aber es gab in Italien damals auch Konflikte, die friedlich gelöst wurden. In unserem Fall holten sich die Mailänder einen Schiedsrichter aus Mantua, der festlegte, dass die Mutter des Kindes, Bona von Savoyen, die Herrschaft ausüben solle. Die fünf Brüder des Ermordeten mussten ihr Treue schwören.

Leider war Bona keine Frau, die intelligent genug war, die Politik eines so bedeutenden Herzogtums alleine zu gestalten. Sie verließ sich auf Ratgeber, verlor in einem kleinen Krieg große Herrschaftsgebiete und verliebte sich zu allem Überfluss auch noch in den falschen Mann. Es soll ein Bedienter gewesen sein, der beim abendlichen Festmahl das Ehrenamt des Fleischvorschneiders bekleidete. Nun hätte man damals der Herzoginwitwe durchaus ein kleines Abenteuer zugestanden, aber Bona von Savoyen musste es ja gleich öffentlich machen.

Dies gab den Brüdern des Galeazzo Maria Sforza die ersehnte Rechtfertigung, den Schiedsspruch umzustoßen. Ludovico Sforza, genannt „il Moro“, und sein Bruder Ascanio, Bischof von Pavia, griffen ein. Sie zwangen Bona von Savoyen, auf die Vormundschaft über ihren Sohn zu verzichten. Ihr Liebhaber wurde weggeschickt, ein paar Ratgeber hingerichtet und die Herzoginwitwe auf ihren Witwensitz verbannt.

Den jungen Giovanni Galeazzo Maria erklärte man im Jahre 1480 für volljährig. Und obwohl er damit alle Macht gehabt hätte, selbst zu regieren, zog es der junge Mann vor, sich zu vergnügen und seinem Onkel „il Moro“ die Geschäfte zu überlassen. 14 Jahre sollten Galeazzo noch bleiben bis zu seinem überraschenden Tod. Danach erhielt „il Moro“ neben den Befugnissen auch den Titel eines Herzogs von Mailand.

Und weil die Geschichte der Sforza-Dynastie so spannend ist, geht es in der nächsten Folge gleich mit Ludovico Sforza „Il Moro“ weiter.

Alle Teile der Reihe „MenschenGesichter“ finden Sie hier.

Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.