Numismatik in Rußland: Auktionshäuser und Geschäfte

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6. Januar 2011 – Der numismatische Markt im heutigen Rußland ist nach einer langen Pause wieder aufgelebt. Im Jahre 1918 wurde das totale Staatsmonopol auf Devisen, Edelsteine und Edelmetalle eingeführt, das bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion Bestand hatte. Ankauf und Verkauf von Münzen aus Edelmetallen waren gesetzlich streng verboten. Alte Münzen aus Zarenzeiten, die manche Familien noch besaßen, durfte man nur an spezielle staatliche Ankaufsstellen als Metallbruch (ohne Rücksicht auf Seltenheit, kulturellen Wert und Erhaltungszustand!) abgeben und erhielt dafür einen symbolischen, vom Staat festgelegten Preis. Solche Ankaufsstellen gab es praktisch in jeder Großstadt. Das System wirkte wie ein riesiger barbarischer Vernichtungsmechanismus: Die Angestellten dieser Ankaufsstellen mußten jede Münze auf ihren Metallwert untersuchen. Dafür feilten sie die Münzen tief bis zur inneren Schicht des Metalls an. Dann wurde das aufgekaufte Material (neben Münzen auch Schmucksachen) an die staatliche Schatzbehörde „Gokhran“ weitergegeben, die es einschmelzen ließ. Wie viel Millionen Münzen auf diese Weise vernichtet wurden, weiß heute niemand.

In der heutigen Russischen Föderation gibt es das nicht mehr. Seit Mitte der 90er Jahre entwickelt sich im Land ein numismatischer Markt. Allerdings ist der Hintergrund dieser Entwicklung nicht so einfach. 

Nur wenige Gesetze des heutigen Rußland sind für Münzen und Numismatik relevant. Dazu gehört das Gesetz für Edelmetalle und Edelsteine, das eine ziemlich strenge Kontrolle des Staates über den Abbau, die Verwendung und den Umlauf von Edelmetallen und Edelsteinen vorsieht. Zum Begriff „Edelmetall“ gehören auch Gold, Silber und Platinoiden in jeder Form und jedem Zustand, einschließlich der Münzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um alte Münzen handelt, die nicht mehr im Umlauf sind, oder um Münzen aktueller Währungen. Deshalb gelten alle im Gesetz für den Umlauf der Edelmetalle vorgesehenen Verordnungen und Beschränkungen ausnahmslos auch für Edelmetall-Münzen. Dies betrifft das Aufbewahren, die Lagerung und den Transport ebenso wie die Ein- und Ausfuhr. Nach dem Präsidentenerlaß Nr. 742 aus dem Jahre 2001 ist beispielsweise die Ausfuhr von Edelmetall-Münzen, die offizielle Zahlungsmittel sind, nur der Zentralbank Rußlands und den Kommerzbanken erlaubt. Tatsächlich sind die Formalitäten an der Grenze so kompliziert, daß im Prinzip nur die Zentralbank die Möglichkeit hat, moderne Münzen zu exportieren. 

Ein anderes Gesetz von 1993 regelt die Ein- und Ausfuhr von Gegenständen mit kulturellem Wert. Danach darf jede Münze (aber auch andere Sammelobjekte wie z. B. Briefmarken, Malerei, Drucksachen, Antiquitäten), die älter als 50 Jahre ist, das Territorium Rußlands nur mit einer schriftlichen Genehmigung der staatlichen Behörde für Kulturschutz verlassen. In der Praxis ist eine solche Genehmigung für seltene Münzen so schwer zu bekommen, daß man schon fast von unmöglich sprechen kann. Für Gegenstände mit Kulturgutstatus, die über 100 Jahre alt ist, ist die Ausfuhr gesetzlich verboten.
Andererseits ist die Einfuhr alter Münzen und Raritäten jeder Art nach Rußland frei. Mehr noch, im Gegensatz zu modernen Münzen (jünger als 50 Jahre) kann man solche Objekte zoll- und steuerfrei nach Rußland einführen. Sie müssen nur an der Grenze deklariert werden, und die Deklaration ist anschließend dem Vertreter der Kulturschutzbehörde zum Abstempeln vorzulegen.

Für die Einfuhr moderner Münzen aller Art zahlt man 20% Zoll und 18% MWSt. Im Handel innerhalb Rußlands sind alle Münzen in PP und Münzen, die kein offizielles Zahlungsmittel sind, mit 18% MWSt belastet. Eine Privatperson muß beim Verkauf der Münze 13% Einkommensteuer zahlen.

Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts, als das gesetzliche Verbot der Geschäfte mit Edelmetall-Münzen für Privatpersonen aufgehoben wurde, erschienen in Rußland – zunächst nur in Großstädten – erste Strukturen eines numismatischen Marktes: Firmen, Kooperative, Clubs und numismatische Abteilungen in Kaufhäusern (überwiegend in Antiquitäten- und Buchhandlungen). Hier werden Münzen angekauft und verkauft, öfter aber in Kommission genommen. In den ersten Jahren gab es noch keine richtige Vorstellung von den Preisen: Ohne Markttradition und ohne regelmäßige Kontakte zum internationalen Markt mußten die russischen Münzhändler erst eigene Erfahrungen sammeln. In jener Zeit hatten die Menschen nach vielen Jahrzehnten wieder eine legale Möglichkeit, ihre alten Münzen zu verkaufen, die sie lange Zeit aufbewahrt hatten. Das führte zu einem großen Angebot an alten Münzen und verhältnismäßig niedrigen Preisen.

Das älteste numismatische Geschäft in Moskau ist die Firma „Monety I Medali“ (Münzen und Medaillen). Es entstand aus einem kleinen Laden, der im Mai 1993 bei einem Club im Stadtviertel Kunzevo mit dem An- und Verkauf von Münzen begonnen hatte. In Februar 1996 führten die Mitarbeiter des Ladens die erste numismatische Auktion in Rußland durch. Angespornt durch das enorme Interesse und den großen Erfolg beschlossen die Organisatoren, im selben Jahr noch zwei Auktionen zu veranstalten, im Mai und im September. In der dritten Auktion wurde eine seltene Münze verkauft – 1 Rubel 1723 (mit $ 7500 Endpreis bei geschätzten $ 2000) –, die zwei Jahre später auf einer anderen Auktion bereits $ 20000 erzielte.

Seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre wuchsen in Rußland neue numismatische Geschäfte und  Auktionshäuser wie Pilze aus der Erde, begünstigt durch die Marktlage: Einerseits wollten so manche Leute mit dem noch vor kurzem verbotenen Sammeln von Silber- und Goldmünzen anfangen, andererseits entdeckten viele „neue Russen“ in Münzen ein gutes Investitionspotential. Auf Auslandsreisen wurde interessantes Material in Messen und Auktionen angekauft und nach Rußland gebracht. Das wachsende Angebot an Münzen konnte aber nicht die Nachfrage befriedigen.  Das belegen die Preise, die im Laufe des Jahrzehnts rasch gestiegen sind. Eine Vorstellung erhält man aus dem Vergleich der Preise einiger Münzen, die in den ersten und letzten Auktionen versteigert wurden. Einige Beispiele (Preise in $):

  Monety i Medali 8. Auktion, Juni 2010 Monety i Medali, 1. und 2. Auktion, Febr. und Mai 1996
5 Kopeken 1788 EM (Uzden. 2792) 400 9
Rubel 1792 (Uzden. 1214) 1400 220
5 Kopeken 1836 (Uzden. 3334) 170 20
25 Kopeken 1893 (Uzden. 2054) 3100 110
10 Kopeken 1931 7000 319
„Trauerrubel“ 1725 (Uzden. 0628) 20000 2000
Rubel 1736 (Uzden. 0726) 2000 130

Heute ist es nicht einfach zu bestimmen, ob Sammler oder Investoren die wichtigsten Einflußfaktoren auf dem numismatischen Markt in Rußland sind. Jedenfalls würde der Trend der Preise ohne die Investoren (die mit viel Geld auf den Markt gedrungen sind) anders aussehen.      

Das Russische Auktionshaus, Moskau, hat mir freundlicherweise seine letzte Analyse des Investitionspotentials der russischen Münzen zur Verfügung gestellt. In dieser Analyse wurde die Dynamik der Preise zwischen 2006 und 2010 am Beispiel eines Münzsatzes beobachtet. Der Satz enthält 16 russische Silbermünzen von 1794 bis 1914, die regelmäßig auf verschiedenen Auktionen vertreten sind. Der Gesamtpreis des Satzes hat sich folgendermaßen entwickelt (Preise in $):

2006 2. Quartal Normal 0 21 MicrosoftInternetExplorer4 150100
  3. Quartal 176700
  4. Quartal 222000
2007 1. Quartal 274500
  2. Quartal 330000
  3. Quartal 358000
  4. Quartal 391500
2008 1. Quartal 431500
  2. Quartal 519500
  3. Quartal 539500
  4. Quartal 577000

Im Jahr 2009 sind die Zahlen unverändert geblieben.

Bemerkenswert an dieser Analyse ist die Behauptung, daß russische Münzen trotz der raschen Preissteigerung in den vergangenen Jahren im Vergleich zu amerikanischen stark unterschätzt bleiben.

Die Firma „Monety I Medali“ veranstaltet vier Auktionen pro Jahr, die meisten sind reine Münzauktionen, einige widmen sich Gedenkmedaillen und Auszeichnungen. Das Hauptthema ist Rußland. Die 64. Auktion fand im Juni diesen Jahres statt. Sie enthielt 570 Lose. Einige Höhepunkte: Quadratgrivna 1726 (Uzden. 4058), ausgerufen mit 400.000 Rubel, Endpreis 550.000 Rubel (ca. $ 19.000); Rubel 1734 (Uzden. 0719), 90.000 Rubel / 300.000 Rubel; 12 Rubel 1833 (Uzden. 0374) 1,3 Mio. Rubel / 1,7 Mio. Rubel (über $ 58.000); 15 Kopeken/1 Zloty 1834 (Uzden. 4106) 90.000 Rubel / 200.000 Rubel; 20 Kopeken von 1958 (Probe, Fedorin 110) 90.000 Rubel / 115.000 Rubel.
Die 65. Auktion wurde am 9. Oktober abgehalten. Angeboten waren 415 Lose, verkauft wurden davon 310. 27 Stücke überstiegen die 500.000 Rubelgrenze (über $ 16.000). Von diesen wurden 16 Lose mit mehr als 1 Mio. Rubel verkauft. Den Rekord mit 5,5 Mio. Rubel erzielte ein 2-Kopecken-Stück in Kupfer von 1740 (Uzden. 2507). 2 Mio. Rubel brachte eine Nachprägung des Rubels mit der Datumsangabe 180 (1806) (Uzden. 2227) und ein anderthalbfaches Rubelstück von 1839 (Uzden. 4191).
Adresse: Strastnoy Boulevard, 4/3, office 45, Moskau, 125009, tel. 495-956-36-29, site: www.numismat.ru, e-mail: info@numismat.ru

Andere wichtige Auktionshäuser sind:
Auktionshaus Alexander, Perviy Stschipkoviy Pereulok, 20, office 404, Moskau, www.adacoins.ru , e-mail: info@adacoins.ru.  Alte russische Münzen.
Das Glanzstück der 14. Auktion vom Juni diesen Jahres mit traditionell 199 Losen war eine 5-Rubel-Goldmünze Peters III. (1762, Uzden. 0102), die $ 86.000 erzielte. In der 15. Auktion vom 27. September wurden 318 Lose angeboten, darunter 266 Münzen der Zarenzeit. Verkauft wurden 226 Lose. Den höchsten Preis realisierte eine silberne Poltina von 1701 (Uzden. 423) und ein goldenes 25-Rubel-Stück von 1896 (Uzden. 4211), das für $ 120.000 zugeschlagen wurde. Ein Novodel des Rubels von 1807 mit dem Portrait Alexanders I. (Uzden. 1370) ging für $ 80.000 Rubel an seinen Käufer, ein 5-Rubel-Stück Peters III. von 1762 (Uzden. 0102) brachte $ 60.000 – weniger als in der 14. Auktion, und das obwohl die Erhaltung vergleichbar war.

Das Russische Auktionshaus, Petrovskiy Pereulok, 5, Stroyeniye 8, Moskau, Tel. 495-766-66-93, www.rusnumismat.ru  Im Juni fand die 8. Auktion mit 382 Losen statt (davon 55 Lose Literatur). Mit $ 110.000 konnte eine Rubelmünze aus dem Jahre 1734 (Uzden. 0712) den höchsten Endpreis verbuchen. Die 9. Auktion fand am 11. September statt. Sie enthielt 389 Lose. Den höchsten Zuschlag erzielte eine goldene 10-Rubel-Münze Alexanders I. von 1802 mit $ 109.000. Andere teure Stücke waren ein goldenes 5-Rubel-Stück von 1822 (Uzden. 0196) mit $ 99.900 und eine 12-Rubel-Stück von 1835 in Platin (Uzden. 0380) mit $ 65.000.
Für 2011 sind fünf Auktionen geplant.

Die Internetauktion Wolmar (www.wolmar.ru) veranstaltete am 9. und 10. Juni ihre 15. Standardauktion und die 189. VIP Auktion.

Es gibt heute in Rußland ein paar Dutzend Internetadressen, die sich mit alten und modernen russischen Münzen beschäftigen (einschließlich online-Auktionen), einige wenige bieten ausländische Münzen an. (www.auction-imperia.ru, www.efimok.ru, www.auction.spb.ru, www.habe.ruwww.coins.su und andere mehr).

von Vasily Gerasimov