Schreibt eine Münze Kanadas Geschichte neu?

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10. April 2014 – Im Dezember 2013 fand ein Sondengänger an Kanadas Westküste eine englische Münze des 16. Jahrhunderts. Als ein kanadischer Hobbyhistoriker davon erfuhr, sah er seine Theorie bestätigt, dass 200 Jahre vor den Spaniern Engländer Kanada entdeckten. Doch was sagt die Münze wirklich aus?

Porträt Eduards VI., um 1550.

Der Schilling Eduards VI., ein Sohn Heinrichs VIII., wurde zwischen 1551 und 1553 in London geprägt. Und irgendwann danach hat ihn irgendjemand in einer Bucht von British Columbia verloren. Mehr sagt die Münze nicht. Wie sie an ihren Fundort kam, wissen wir nicht.
Dies ist die bislang dritte Münze aus dem 16. Jahrhundert, die an Kanadas Westküste entdeckt wurde. Das ist deswegen so kurios, weil nach anerkannter Ansicht Kanadas Westküste erst 1774 von den Spaniern erkundet wurde.

Sir Francis Drake, nach 1580.

Vor einigen Jahren äußerte Samuel Bawlf, ein früheres Kabinettsmitglied von British Columbia, eine eigenwillige Theorie: Der englische Pirat und Freibeuter, Sir Francis Drake, sei 1579 auf der Westseite Amerikas viel weiter nach Norden gesegelt als allgemein angenommen. Er habe nach der legendären Nordwestpassage gesucht – einer Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik durch Amerikas Nordküste hindurch – und sei so auf seiner Weltreise zwischen 1577 und 1580 bis nach Kanada gekommen.

Die Weltumsegelung des Francis Drake, 1577-1580. Quelle: Lencer / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

Anerkannt ist bis heute lediglich, dass Drake bis auf die Höhe Kaliforniens oder Oregons segelte. Doch – so Bawlf – die Suche nach der Nordwestpassage war streng geheim, weswegen es auch keine Aufzeichnungen von dieser Etappe gibt. In den Münzfunden sieht er seine These bestätigt.

So weit bekannt ist, gibt es allerdings zu keiner der drei Münzen einen Fundkontext, der sicher beweist, dass die Münzen tatsächlich zur Zeit von Drakes Weltumsegelung von Engländern in Kanada verloren wurden. Sie könnten auch später im Zuge von Handelsbeziehungen dorthin gelangt sein. Vielleicht sind sie aber auch aus dem Gepäck von badenden Münzsammlern gefallen. Anfang des 20. Jahrhunderts, als eine der Münzen auftauchte, war der Fundort ein beliebtes Schwimmgebiet.

Einen Grund, Kanadas Geschichte umzuschreiben, gibt es wegen dieser drei Münzen jedenfalls nicht. Und schon gar nicht muss man die Verträge über die Grenzen zwischen Kanada und den USA – die nämlich auf den Grenzen der alten Kolonien beruhen – neu diskutieren, wie es die britische Daily Mail schon in einer ersten Euphorie prophezeite.

Den ausführlichen und wie üblich reich bebilderten Artikel in der Daily Mail finden Sie hier.

Eine nüchterne Bestandsaufnahme bietet Skeptical Humanities.