Zwischen Deutschland und Frankreich: Zum Schicksal von Philippsburg

Im Jahr 1610 wurde Philipp Christoph Freiherr von Soetern zum Bischof von Speyer gewählt. Damit herrschte ein Mann über eines der wichtigsten Bistümer Deutschlands, der ursprünglich protestantisch getauft worden war. Sein Vater nämlich hatte dieser Konfession angehört. Die mütterliche Familie dagegen war tiefst katholisch. Vor allem der Bruder der Mutter hatte als Domherr von Trier Karriere gemacht und schickte den talentierten jungen Mann – selbstverständlich, nachdem er sich zum katholischen Glauben „bekehrt“ hatte – auf die Jesuitenschule, wo damals alle katholischen Nachwuchs-Fürsten ausgebildet wurden.
Philipp von Soetern machte Karriere. Das Bischofsamt in Speyer war nur eine Zwischenstation. 1623 wurde er auch noch zum Bischof des Erzstifts Trier gewählt.

Damit befand sich Philipp Christoph von Soetern in einer politisch schwierigen Lage. Seine Länder lagen zwischen dem deutschen und dem französischen Reich, die im 30jährigen Krieg auf gegnerischen Seiten agierten. Dazu war die kalvinistische Rheinpfalz in greifbarer Nähe. So war schon bei seiner Wahl zum Bischof von Speyer abzusehen, daß er sein Bistum würde verteidigen müssen. Er entschied sich im Jahr 1615, seine Residenzstadt Udenheim zu einer modernen Festung mit Schanzen, Bollwerken und Gräben auszubauen. Das brauchte Zeit. Am 1. Mai 1623 wurde die Festung eingeweiht.

Bistum Speyer. Philipp Christoph Freiherr von Soetern, 1610-1652. Reichstaler 1623 auf die Festung Udenheim. Aus Auktion Künker 188 (2011), 1248. Schätzung: 15.000 Euro.

In diesen Zusammenhang gehört eine Münze von größter Seltenheit, die am 20. Juni 2011 bei der Firma Künker versteigert wird. Die Vorderseite zeigt das Wappen des Bischofs und nennt Titel sowie Namen. Das Wappen setzt sich zusammen aus den beiden Wappen der Herrschaften von Philipp Christoph von Soetern, das Kreuz für Trier, die gekrönte Burg für die Fürstpropstei Weißenburg. Der Z-förmige Doppelhaken auf dem Herzschild ist das Familienwappen des Bischofs.
Die Rückseite präsentiert den hl. Philipp, Namenspatron des Bischofs und – wie in der Legende zu lesen – auch Patron von Udenheim. Dieser Patron sollte der neuen Festung seinen Namen geben: Sie wurde kurz nach der Prägung des Stücks in Philippsburg umbenannt.

Eine der vielen Belagerungen von Philippsburg, und zwar die berühmteste im Jahr 1676. Quelle: Wikipedia.

Der Bau der Festung hatte den Bischof viel Geld gekostet. Und wäre das nur sein einziges Projekt gewesen! Auch seine neue Residenz, Schloß Philippsburg in Ehrenbreitstein bei Koblenz, verschlang immense Mittel. Die Antwort des geistlichen Fürsten war eine rigide Steuerpolitik, die alle Kosten seiner Bauprojekte den Bürgern aufbürdete. Natürlich waren diese darüber nicht glücklich. Der Bischof machte sich mit seinen Steuern sogar derart unbeliebt, daß das Domkapitel in Zusammenarbeit mit der Trierer Bevölkerung versuchte, ihn loszuwerden.

Die Nähe zu Frankreich hatte es seit Jahrzehnten unumgänglich für jeden Trierer Bischof gemacht, sich mit den Nachbarn zu arrangieren. Nun aber unterstützte Frankreichs Erster Minister Richelieu die protestantischen Schweden. Die Trierer brauchten sich also nur an den Kaiser zu wenden, und der eroberte tatsächlich mit habsburgischen Truppen Trier.

Philipp Christoph von Soetern, Stich um 1650. Quelle: Wikipedia.

Damit hatte der Kaiser natürlich Philipp Christoph von Soetern vollständig auf die Seite Frankreichs getrieben. Er überließ 1631 die Festungen Ehrenbreitstein und Philippsburg den Franzosen, die für ihn Trier zurückeroberten. Als er außerdem die Wahl von Richelieu zu seinem Ko-Adjutor betrieb, was diesem bei der nächsten Kaiserwahl Einfluß auf die Stimmabgabe des Erzbistums Trier eingeräumt hätte, hatte er den Bogen überspannt. Nun vertrieb der Kaiser die Franzosen und nahm Trier sowie die Festung Philippsburg wieder ein. Der widerspenstige Bischof wurde in Linz gefangen gesetzt. Er sollte rund 10 Jahre lang ein Gefangener des Kaisers bleiben.
Bei seiner Freilassung befand sich Philippsburg bereits wieder in französischem Besitz – und blieb es auch nach dem Westfälischen Frieden. Die Feste sollte zu einem ständigen Zankapfel werden, um den sich Frankreich und das Deutsche Reich in endlosen Kriegen stritten. Das tragische Schicksal von Philippsburg endete erst, als seine Befestigungen auf Befehl Napoleons zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschleift wurden.