Zwischen Preußen und Österreich – Der Wiener Münzvertrag

Wir schreiben das Jahr 1857. Franz Joseph hat vor nicht einmal drei Jahren seine Sisi geheiratet, der Grundstein für die Votivkirche ist gerade gelegt und der Abbruch der Befestigungsanlagen wird eifrig diskutiert. Man sieht, Wien erholt sich von den Folgen der 48er Revolution. Die Spitzel haben wieder Hochkonjunktur (auch wenn sie jetzt beschönigend „Vertraute“ genannt werden), und Abgesandte aus allen wichtigen deutschen Staaten unterzeichnen einen Vertrag, der das Münzwesen der Neuzeit entscheidend prägen sollte.

Konventionstaler 1851 A, Wien. J. 290. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4395. Fast Stempelglanz. Schätzung: 5.000 Euro. – Die Konventionstaler waren im innerösterreichischen Zahlungsverkehr kaum üblich. Sie wurden zur Thesaurierung und für den Außenhandel geprägt.

Bislang war Österreich nämlich außen vor geblieben, was die innerdeutsche Wirtschaft anging. Damit hatte Preußen automatisch auch hier die Führung übernommen. Ja, Österreich war wirtschaftlich und politisch geradezu in die Isolation gerutscht und musste sich dringend an Währungsverhandlungen beteiligen, um über einen wichtigen Platz im Deutschen Zoll- und Handelsverein seine Ansprüche auf die Hegemonie im Deutschen Bund zurückzuerobern.

Konventionstaler 1848 A, Wien. J. 290. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4393. Fast Stempelglanz. Schätzung: 5.000 Euro. – Die höchst seltenen Prägungen – man kennt je 10 Stück mit den Jahreszahlen 1848, 1849, 1850, 1851 und 1852 – mit dem Porträt des Kaisers nach links wurden alle im Jahr 1852 als Proben geprägt. Da dem Kaiser sein Porträt nicht gefiel, kam dieser Typ nicht zur Ausprägung. Die Münzen gingen an den Kaiser, öffentliche Münzkabinette und hochgestellte Privatpersonen.

Zum Initiator dieser Politik wurde Karl Ludwig Freiherr von Bruck (1848-1851 Minister für Handel und öffentliche Bauten; 1855-1860 Finanzminister). Er gehörte zu den großen Vordenkern der Gründerzeit. Ihm verdankt Österreich zum Beispiel seinen Lloyd, die Schifffahrtsgesellschaft dank der Österreich das östliche Mittelmeer beherrschte. Auf ihn gehen Handels- und Gewerbekammern zurück; er verbesserte die Infrastruktur durch Straßen- und Bahnbau und modernisierte das Post- und Telegraphenwesen. Bruck wurde zur treibenden Kraft hinter zahlreichen Neuerungen, die Österreichs Wirtschaft in die Moderne führten.

Doppelter Vereinstaler 1867 A, Wien. J. 317. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4443. Fast vorzüglich. Schätzung: 600 Euro. – Die doppelten Vereinstaler nach dem Wiener Münzvertrag konnten in allen daran beteiligten Ländern kursieren.

Bereits 1850 hatte Bruck eine Zollunion zwischen den deutschen Kronländern, also Österreich, und den Ländern der ungarischen Krone initiiert. Zwei Jahre später führte man in diesem Wirtschaftsraum ein Zollsystem ein, das dem des Deutschen Zollvereins so ähnlich war, dass man sich mit nur wenigen Änderungen hätte zusammenschließen können, worüber Bruck übrigens seit 1853 in Berlin verhandelte. Dort war man skeptisch. Natürlich würden sich der Industrie Preußens damit ertragreiche Märkte auftun – nahezu 70 Millionen potentielle Kunden sollte der neue Verein umfassen, aber gleichzeitig hätte Preußen damit einen Konkurrenten um die Hegemonie. Was den preußischen Ministern missfiel, sahen die Mittelstaaten mit Begeisterung. Ein offener Machtkampf zwischen Preußen und Österreich würde die Möglichkeit bieten, die eigenen Interessen besser zur Geltung zu bringen.
Beinahe wäre es zum Bruch und zu zwei Zollvereinen gekommen – einem unter preußischer und einem unter österreichischer Führung; aber buchstäblich in letzter Minute fanden die Verantwortlichen eine diplomatische Lösung: Österreich wurde Mitglied des Zollvereins. Die Frage der Hegemonie auf später verschoben.

Doppelgulden, 1859 B, Kremnitz. J. 329. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4445. Vorzüglich. Schätzung: 150 Euro. – Ein österreichischer Doppelgulden nach dem Wiener Vertrag entsprach 2/3 preußischem Taler.

Vorerst hatte Österreich aber seine Hausaufgaben zu machen. Dort zahlte man die Löhne nicht in Silber, sondern in Papiergeld aus. Wer Silber oder Gold, das rein für den Handel mit dem Ausland hergestellt wurde, eintauschen wollte, der musste mit einem durchschnittlichen Disagio von 25 vom Hundert rechnen. Die Löhne waren gleich geblieben, und das bedeutete für die österreichische Bevölkerung, dass ausländische Erzeugnisse 25 % teurer waren als einheimische Produkte.

Gulden 1867 E, Karlsburg. J. 335a. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4536. Vorzüglich bis Stempelglanz. Schätzung: 20.000 Euro. – Diese Prägung des siebenbürgischen Karlsburgs (Alba Iulia) ist die seltenste Silbermünze der Guldenwährung.

Damit lag der Vorteil bei einer Zollunion auf österreichischer Seite, weshalb die deutschen Staaten nur unter der Bedingung zum Vertrag bereit gewesen waren, dass Österreich seine Währung sanierte, wie in Artikel 19 zu lesen: „Die kontrahierenden Staaten werden noch im Lauf des Jahres 1853 über eine allgemeine Münzkonvention in Unterhandlungen treten.“

Vereinskrone 1864 A, Wien. J. 315. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4174. Vorzüglich bis Stempelglanz. Schätzung: 7.000 Euro. – Die Vereinskronen zu 10 g waren nicht besonders beliebt: Sie besaßen keinen festen Kurs im Vergleich zu den Silbermünzen und hatten einen anderen Standard als die beliebten französischen Francs. Kein Wunder, dass diese Emission von 1864 nur aus 1.530 Exemplaren bestand.

Österreich wollte zur Metallwährung zurückkehren, was nicht von heute auf morgen möglich war. Zu viel Kapital musste dafür aufgebracht werden. So kamen ernsthafte Verhandlungen erst im Oktober 1856 in Gang, zunächst mit Preußen, Bayern, Sachsen, Hannover und Frankfurt. Erst als man sich innerhalb der „Big Six“ über die grundlegenden Fragen geeinigt hatte, wurden am 9. Dezember 1856 die anderen Staaten zugelassen.

1/2 Vereinskrone 1858 V. Venedig. J. 314. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4176. Vorzüglich. Schätzung: 25.000 Euro. – Noch unbeliebter waren die halben Vereinskronen. Hier ein Stück, das nicht in Wien, sondern in Venedig mit einer Auflage von 947 Exemplaren geprägt wurde.

Wichtigster Streitpunkt war die Frage, ob die Währung auf Silber oder auf Gold beruhen sollte. Österreich trat vehement für eine Goldwährung ein. Grund dafür waren die riesigen Goldvorräte in Kalifornien, die den Preis des Goldes im Verhältnis zum Silber drastisch hatten sinken lassen. Österreich hoffte, seine Rückkehr von der Papier- zur Metallwährung mit Hilfe der Goldinflation leichter zahlen zu können. Doch Preußen beharrte auf dem Silberstandard und setzte sich damit durch.

8 Gulden (20 Franken) 1876, Wien. J. 362. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4188. Vorzüglich. Schätzung: 200 Euro. – Kein Wunder, dass Österreich nur wenige Jahre später begann, Münzen zu prägen, die mit den Goldmünzen der Lateinischen Münzunion kompatibel waren.

Am 24. Januar 1857 wurde der Wiener Münzvertrag unterzeichnet. Er enthielt eine historische Entscheidung, die weit in die Gegenwart wies: Die Kölner Mark von 233,8555 g wurde zu Gunsten des metrischen Pfunds als Bezugsgröße aufgegeben. So sollten 30 Taler bzw. 45 süddeutsche und 52 1/2 österreichische Gulden aus einem Pfund feinem Silber geprägt werden. Österreich war es weiterhin erlaubt, den Maria-Theresia-Taler für den Außenhandel zu prägen. Fortan durfte der einfache und doppelte Vereinstaler nach preußischem Standard im ganzen Geltungsgebiet des Münzvereins umlaufen: Ein großer Sieg für die preußische Währung.

4 Dukaten 1859 A, Wien. J. 298. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4023. Vorzüglich bis Stempelglanz. Schätzung: 3.000 Euro. – Die Ausprägung von Dukaten sollte laut Wiener Münzvertrag nur bis 1865 erlaubt sein.

Auch Goldmünzen waren im Wiener Münzvertrag vorgesehen, allerdings nur für den Handel mit dem Ausland. Es wurde verboten, für die Kronen und halben Kronen, die im Gewicht von 1/50 bzw. 1/100 Pfund Feingold geprägt werden sollten, überhaupt einen Kurs offiziell festzusetzen. Ihr Preis sollte sich am Börsenkurs für Gold orientieren. Österreich erhielt die Erlaubnis, noch bis 1865 seine Dukaten weiterzuprägen.
Mit Papiergeld beschäftigte sich der Vertrag (noch) nicht. Es galt in den Augen der Zeitgenossen nicht als Geld, sondern als ein Wertpapier. Und doch fand es zumindest erstmals in einem Münzvertrag Erwähnung: Die Ausgabe von Papiergeld – ob von staatlicher oder von privater Seite – sei nur dann zu gestatten, wenn es jederzeit möglich sei, die Scheine in Silbergeld umzutauschen.

Dukat 1903, Wien. J. 344. Aus Auktion Künker 195 (28. September 2011), 4156. Fast Stempelglanz. Schätzung: 125 Euro. – Tatsächlich wurden Dukaten noch wesentlich länger geprägt und können sogar heute noch bei der Münze Österreich gekauft werden.

Doch dies war und blieb ein frommer Wunsch. Zwar hatte die Österreichische Nationalbank am 6. September 1858 die Barzahlung wieder aufgenommen, doch bereits im April des folgenden Jahres begann der Zweite Italienische Unabhängigkeitskrieg, der für Österreich nach den Schlachten von Magenta und Solferino mit dem Verlust Mailands endete. Er hatte enorme Kosten verursacht und die Nationalbank sah keinen anderen Ausweg, als erneut Banknoten zu einem Zwangskurs auszugeben. Damit waren die Gold- und Silbermünzen Österreichs erneut zu einer reinen Handelswährung geworden.