Kultur des Vorderen Orients ist Opfer der Gewalt

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von Björn Schöpe

31. Juli 2014 – Die Gewalt im Nahen Osten nimmt kein Ende. Vor allem Syrien und Irak versinken im Bürgerkriegschaos. Das erste Opfer ist natürlich die Zivilbevölkerung.

Doch daneben gibt es ein zweites Opfer, dessen Leiden auf lange Sicht fatale Folgen zeitigen wird: die Kultur. Sowohl in Syrien als auch in Irak stellt die kulturelle Vergangenheit einen entscheidenden Integrationsfaktor für die vielen Religionsgemeinschaften und Ethnien dar. Gleichzeitig ziehen die Denkmäler auch Touristen an, und der Tourismus ist einer der Hauptwirtschaftszweige dieser Länder.
Dieses Kulturgut wird von den andauernden Kampfhandlungen massiv beschädigt oder gar irreparabel zerstört. Freiwillige setzen ihre Energie ein, um diese Schäden zu dokumentieren und bekanntzumachen. Ansonsten wüssten wir im Ausland vermutlich noch weniger davon.

Der Krak des Chevaliers 2005 vor der Zerstörung.

Ein besonders prominenter Fall ist die bedeutende Kreuzfahrerfestung Krak des Chevaliers bei Homs, eine der sechs UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten Syriens. Rebellen hatten sich in dieser mächtigen Burg festgesetzt und wurden daraufhin von der syrischen Luftwaffe bombardiert. Zwar nahm die Armee die mittelalterliche Festung ein, doch das Bauwerk wurde dabei zur Ruine.

Der Baal-Tempel in Palmyra. http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Ähnlich erging es dem berühmten antiken Baal-Tempel in der Wüstenstadt Palmyra. Zwei Säulen stürzten um, die Ruinen wurden beschädigt.

So sah das Minarett der Umayyaden-Moschee in Aleppo 2010 noch aus. Foto: yeowatzup / http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

Aleppos Umayyaden-Moschee verlor in Gefechten zwischen Regierungstruppen und Rebellen ihr 50 Meter hohes Minarett aus dem Jahr 1095, ein Wahrzeichen der Stadt. Studenten haben die Steine des Minaretts in ein Lager verbracht, damit diese später wieder zusammengesetzt werden können. Die Kriegsparteien weisen sich gegenseitig die Schuld daran zu.

Der Basar von Aleppo 2010. Foto: Dirk D. / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0

Für Schlagzeilen sorgte 2012 der Brand, der den Basar von Aleppo in eine Trümmerlandschaft verwandelte. Die zwölf Kilometer langen Straßen voller Läden galten als schönster Markt der islamischen Welt und sind ebenfalls ein UNESCO-Weltkulturerbe.

Doch dabei handelt es sich vermutlich „nur“ um bewusst in Kauf genommene „Kollateralschäden“. Fast noch schlimmer ist das Vorgehen der islamistischen ISIS (Islamischer Staat im Irak und in (Groß-) Syrien). Auch Kulturgüter rücken in das Fadenkreuz ihres Terrors. Aufnahmen zeigen vermummte Männer, die mit Hämmern jahrhundertealte Kunstwerke zerstören oder Bauwerke sprengen. Vor allem auf schiitische Heiligtümer haben es die sunnitischen ISIS-Kämpfern abgesehen. Aber sogar Moscheen und Grabstätten ihrer eigenen Glaubensrichtung entsprechen bisweilen nicht ihren radikalen Vorstellungen von Gottesfurcht, so offenbar sunnitische Moscheen in Ninive, die daher kurzerhand zerstört wurden.

Diese Nachrichten sind traurig und erschreckend, doch müssen wir gleichzeitig im Detail vorsichtig mit ihnen umgehen. So wurde mehrfach gemeldet, das angebliche Grab des Propheten Jonas sei zerstört worden. Belegt wurde die Aussage mit Fotos. Später wiesen Experten jedoch nach, dass die betroffenen Bauwerke zwar besagtem Grab ähnelten, es sich aber nicht um diese Stätte handelte.

Klar ist jedenfalls, dass die Bevölkerung und das kulturelle Erbe der Region und damit der ganzen Menschheit schwer geschädigt werden, gleich von wem.

Berichte über die Zerstörungen von wichtigen Kulturzeugnissen finden Sie beispielsweise in der NZZ, …

… sowie auf der Seite der BBC

… und von Artnet.