Das Historische Museum Frankfurt. Ein Rundgang mit Frank Berger

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von Frank Berger

21. Dezember 2017 – Frankfurt ist die Stadt der Banken und der Wirtschaft. Aber Frankfurt ist auch eine Stadt der Numismatik. Das weiß wohl niemand besser als Frank Berger. In einem ausführlichen Artikel erzählt er uns, was Numismatiker und Münzsammler von der Mainmetropole wissen und welche Adressen sie kennen sollten. Und dazu gehört natürlich in erster Linie das Historische Museum Frankfurt, dessen numismatische Sammlung von Frank Berger selbst betreut wird.

Modell des Historischen Museums Frankfurt aus dem Jahr 2009.

Das 1878 eröffnete Historische Museum Frankfurt besitzt eine der größten Münz-, Medaillen- und Geldscheinsammlungen Europas. Sie geht auf eine Schenkung des Jahres 1749 zurück. Schon die vielen Bereiche ausgestellter Münzen lohnen einen Besuch.

Eingang zum Historischen Museum Frankfurt.

Zu sehen sind ca. 5000 Münzen der Antike, Gemmen, Medaillen, der Staaten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation von 794 bis 1806 bis hin zur Markwährung und deren Ende. Nach einem grundlegenden Umbau 2012 und der Errichtung eines Neubaus des Museums von 2011 bis 2017 wurden im Oktober 2017 zahlreiche neue Ausstellungsteile eröffnet, die eine Verbindung zur Numismatik haben.

Das Kabinett antiker Münzen im Historischen Museum Frankfurt.

Das Kabinett antiker Münzen

Die Sammlung antiker Münzen umfasst ca. 10.000 Stücke. Schwerpunkt sind die römischen Münzen. Die Grundlage für die Münzsammlung legte eine Schenkung der Witwe Elisabeth Katharina von Barckhaus aus dem Jahre 1749. Sie vermachte der Stadt 3296 Münzen, die ihr Mann in einem Buch namens „Numophylacium Glockianum“ 1735 publiziert hatte. In der Ausstellung sind die Münzladen der Frau Barckhaus so ausgestellt, wie die Dame sie selbst gesammelt hat.

Im Mittelpunkt steht ein Kabinettschrank aus Holz mit Laden zum Herausziehen. Zehn wohlgefüllte Laden zeigen an, auf welche Weise seinerzeit die Münzen sortiert waren. Bei den Griechen unterschied man die Könige und die Städte. In der Römischen Republik wurden Kupfermünzen und Denare getrennt gelegt. Am beliebtesten waren die Reihen römischer Kaiser, „Suiten“ genannt. Der wahre Sammler wollte von jedem Kaiser mindestens eine Gold-, eine Silber- und eine Bronzemünze besitzen. Dann war die Kaiserreihe vollständig. Im Rahmen der antiken Münzen wurden auch Gemmen- und Glaspasten gesammelt und in den Schubladen der Münzen aufbewahrt.

Das alte Ägypten

Der Frankfurter Forschungsreisende Eduard Rüppell bereiste auf eigene Kosten und zu wissenschaftlichen Zwecken von 1822 bis 1827 Ägypten, das Rote Meer und den Sudan. Von 1831 bis 1834 schloss sich eine Reise nach Eritrea und Äthiopien an. Dafür erhielt er als erster Nicht-Brite die goldene Medaille der Royal Geographic Society in London, die auch ausgestellt ist. Auf diesen Reisen kaufte er große Bestände ägyptischer Münzen, einerseits Münzen der ptolemäischen Könige und andererseits mehrere tausend Prägungen der römischen Münzstätte Alexandria

Galerie Geldstadt

Der Titel „Geldstadt“ bedarf in Frankfurt keiner Erklärung. Zu augenscheinlich ist die Fixierung der Stadt auf das „Geld“. Es ist geradezu das Alleinstellungsmerkmal Frankfurts. Die Silhouette der Stadt spricht für sich. Der Grund dafür ist die lange historische und ökonomische Tradition des Finanzplatzes. Es war bereits Kaiser Karl der Große, der im Jahr 794 auf einer Reichsversammlung in Frankfurt am Main die Regelungen für ein einheitliches Geld für Europa traf.

Im hohen Mittelalter war der Ort umgeben von Reichsgut, das im Auftrag des Kaisers sein Verwaltungszentrum in Frankfurt hatte. Dank seiner zentralen Lage und Erreichbarkeit entstand in der Stauferzeit (12./13. Jahrhundert) eine der erfolgreichsten deutschen Städte: Frankfurt war als Ort der zweimal jährlich stattfindenden Reichsmesse und der Kaiserwahlen ein Platz reichsweiter Großveranstaltungen. Die Warenhändler waren auf den Frankfurter Messen zugleich Wechselhändler. Durch ihre Initiative entstand im Jahr 1585 die Frankfurter Wechselbörse.

Ein einheitliches Geldwesen beflügelt Handel und Wirtschaft. Daher ist Frankfurt ein Finanzplatz, wo stets monetäre Einheit angestrebt wurde. In Frankfurt ging es lange Zeit auch, aber nicht nur um Münzgeld. Denn eine Münze ist zwar Geld, Geld ist aber nicht immer Münze. Und heute schon gar nicht mehr. Am Zusammenspiel von Geld und Waren entzündeten sich in Frankfurt innovative Entwicklungen, von der Börsengründung über die Staatsfinanzierung bis zum Xetra-Handel. 

In der Galerie „Geldstadt“ stehen diejenigen Geldmittel im Fokus, die in Frankfurt kursierten. Verbunden damit werden die Personen und Institutionen, die über das Geld bestimmten. Im weiteren Rahmen erläutert die Ausstellung das wirtschaftstypische Auf und Ab am heutigen Finanzplatz im Laufe durch die Jahrhunderte. Krisen und Phasen der finanztechnischen Innovationen lösten einander ab. Begriffe des Finanzwesens finden ihre Interpretation durch große Schaubilder, die zunächst irritieren, aber dann auch belehren. Unsere Sprache ist voller Bilder um das Geld. Einige dieser Sprachbilder werden mit Hilfe von besonderen Objekten aus der Museumssammlung dargestellt: Die Geldstadt Frankfurt ist reich an Geschichten vom Geld.

Statue Karls des Großen aus dem Jahr 1843 von der Alten Brücke.

Münzland

Die Ausstellung von deutschen Münzen aller Länder und Zeiten reicht von Karl dem Großen bis Mario Draghi.

Pfennig Karls des Großen aus Mainz.

Die Nachfolger des großen Kaisers nutzten das Münzrecht als Privileg. Sie vergaben das königliche Regal der Münzprägung in Ausübung ihrer Herrschaft an Bischöfe, Herzöge und andere Fürsten.
Einen Höhepunkt der Vergabe an Prägerechten bildete die Zeit des Stauferkaisers Friedrichs II. Das spätmittelalterliche deutsche Reich kannte weder einen starken zentralen Staat noch einheitliche Institutionen, die reichsweite Währungssicherheit gewährleisten konnten. Das Münzrecht der Kurfürsten war spätestens mit der Goldenen Bulle von 1356 festgeschrieben. Schließlich ging das Recht der Münzprägung sogar auf viele Städte über. Um 1500 bestand das Heilige Römische Reich deutscher Nation aus etwa 360 Staaten.

Guldentaler aus Kolmar von 1566.

Die meisten davon hatten das Recht bekommen, oder sich angeeignet, eigenes Geld zu prägen. Denn mit der Herstellung von Münzen ließen sich Gewinne erzielen. Die Existenz mehrerer regionaler Leitwährungen erschwerte den Transfer zwischen den verschiedenen Währungsräumen. Dabei hatte die Intensivierung des Handels eine weitere Differenzierung des Münzwesens zur Folge.

Frankfurter Dukat von 1648.

Als Drehscheibe des Waren- und Geldhandels hatte Frankfurt die Rolle als geldgeschichtlicher Zentralort. Der Warenhandel in großen Volumina zog zwangsläufig das Geldgeschäft nach sich. Der Zusammenfluss der verschiedenen Geldmittel in Frankfurt bewirkte, dass in der Stadt zukunftsweisende Einrichtungen entstanden, der Geldwechsel und die Probationen. Dies bedeutete, dass die Kurse der umlaufenden Münzen öffentlich festgestellt wurden. Da Frankfurt nunmehr Zentrum aktueller Kursinformationen wurde, erreichten die Stadt viele auswärtige Anfragen in Münz- und Währungsangelegenheiten. Es war Kaiser Maximilian, der zur besseren Übersichtlichkeit des Münzwesens eine Einteilung des Reiches in verschiedene Münzkreise verordnete. Darin wurde Frankfurts Position formell bestätigt. Die Reichsabschiede von 1498 und 1509 bestimmten, dass alle Reichsstände ihre Münzen zur Probe nach Frankfurt schicken sollten.

Ausstellung mittelalterlicher und neuzeitlicher Münzen auf Länderkacheln.

Für die historische Vielfalt des Geldes wurde ein beeindruckendes „Objektbild“ entwickelt: Die circa 4000 Münzen der über 300 „Münzstände“ des Alten Reichs (8. Jahrhundert bis 1806) und des darauf folgenden Deutschen Bundes (1815-1866) liegen ausgebreitet auf vielen Tablaren. Was so unübersichtlich erscheint, hat doch System. Die 4000 Münzen liegen so, dass sich eine geographische Anordnung Mitteleuropas ergibt. Norden ist oben, Süden ist unten, Frankfurt in der Mitte. Denn in Frankfurt war all dieses Geld bekannt: auf der Messe mussten sich die Händler dieser Vielfalt von Münzen annehmen. Daraus wird nachvollziehbar, warum die Stadt schon vor Jahrhunderten zur „Tauschbörse“ des vielen Geldes und schließlich zur deutschen Börse wurde. Die große Sammlung deutscher Münzen wurde von dem Kohlegroßhändler und Lotterieeinnehmer Ernst Lejeune zusammengetragen. Sie kam 1939 in das Museum.

4000 Münzen deutscher Länder finden sich in 10 Vitrinen.

Dieses Objektbild überspannt den Raum und schafft eine Gegenüberstellung von Münzen der zahlreichen Münzherren im alten Reich. Die in napoleonischer Zeit begonnenen Einigungsversuche, die Schaffung von Einheitswährungen in größeren Gebieten und über Staatsgrenzen hinweg, werden bis zur Einführung des Euro im Jahre 2002 dargestellt. Die Besucher können darüber hinaus mit Hilfe von Medienstationen feststellen, welches alte Geld in ihrer eigenen Heimat kursierte: die Stücke können stark vergrößert wahrgenommen und viele Hintergrundinformationen eingeblendet werden. Die Münzen erzählen so einzeln ihre Geschichte und ihre Rolle im Alltag. Auch treffen wir Aussagen über die Kaufkraft der goldenen und silbernen Zahlungsmittel.

Die Degussa-Sammlung

Nach der Deutschen Reichsgründung 1871 wurde mit der „Mark“ bekanntlich eine einheitliche Währung für ganz Europa geschaffen. Sechs ältere Währungen wurden aufgegeben und die Münzen eingeschmolzen. Anschließend entstanden daraus die Schrötlinge der neuen Mark-Münzen. In diesem Zusammenhang fiel der Firma Rössler und Frankfurt eine ganz besondere Rolle zu. Wegen der großvolumigen Auftragslage firmierte sich die Firma 1873 zu einer Aktiengesellschaft um. 

Das Evonik-Münzkabinett deutscher Reichsmünzen, zusammengestellt von Kurt Jaeger.

In den 1950er Jahren entstand in der großen Silberschmelze ein historisches Bewusstsein. Die Degussa beauftragte den bekannten Numismatiker Kurt Jaeger mit dem Aufbau einer kompletten Sammlung aller deutschen Münzen in Gold und Silber seit der Reichsgründung. Schon im September 1955 fehlten nur noch acht Stücke. Aus Anlass der 100-Jahrfeier des Deutschen Reiches richtete die Degussa in ihrem Frankfurter Traditionshaus ein eigenes Münzkabinett ein. Als sich die Degussa nach über 130 Jahren von ihrem Edelmetallgeschäft trennte, übergab sie 2003 die Sammlung aus Dauerleihgabe dem Historischen Museum Frankfurt.

In einem eigenen Kabinett ist die Sammlung „Jaeger“, wie sie auch heißt, im Südflügel des Museums ausgestellt. Senkrecht angeordnet auf hellblauem Hintergrund befinden sich dort alle Münztypen in Gold und Silber der Münzstätte Frankfurt ab 1840, dem Deutschen Reich, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. 

Geschichten vom Geld

Um die schillernde Bedeutung von Geld offenzulegen, wurden besondere Objekte der Museumssammlung daraufhin untersucht, welchen Bezug zu Geld sie besitzen. Auf diese Weise sind überraschende Kombinationen von Objekten und Begriffen entstanden.

Bilanz: Der Kaufmann Jakob Heller stiftet einen Altar, um seine Bilanz an guten Taten zu verbessern.

Eine „Bilanz“ im heutigen Sinne ist eine Gegenüberstellung von Vermögen / Aktiva und Kapital / Passiva. Auch im menschlichen Leben wird in seinem späteren Abschnitt eine Bilanz gezogen. Dafür steht der Thomasaltar des Dominikanerklosters. Von Albrecht Dürer 1515 geschaffen, verbesserten damit der Kaufmann Jakob Heller und seine Frau Katharina ihre Bilanz gegenüber Gott. Ziel war eine Aufrechnung ihrer Sünden gegenüber den irdischen Wohltaten der Familie. Bewertete Gott die Bilanz als günstig, dann winkte den Hellers ein ewiges Leben im Himmel. So musste es ein Kaufmann des Spätmittelalters sehen, dessen Geschäftspartner einerseits Dürer war, andererseits Gott.

Das Puppenhaus der Frankfurter Kaufmannsfamilie Gontard symbolisiert die „Ökonomie“ eines Haushaltes im ursprünglichen Sinne, ist doch „oikos“ das Haus und „nomos“ die Regel: Puppenhäuser dienten in den bürgerlichen Familien nicht allein dem Spiel, sondern hatten die Aufgabe, die Töchter auf die Rolle der Hausfrau vorzubereiten, die auch das Wirtschaften mit dem Geld beinhaltete.

Der Salon des Hotels „Zum Schwan“ war 1871 Schauplatz von Friedensverhandlungen, deren Ergebnis eine hohe Kontributions- oder Reparationszahlung Frankreichs war. Nach dem verlorenen Krieg war das Land von deutschen Truppen besetzt. Das gerade gegründete zweite Deutsche Kaiserreich verlangte ein „Lösegeld“ für die Räumung des Landes und die Kriegskosten. Auf Grundlage dieser Zahlungen wurde die „Mark“ als neue deutsche Einheitswährung geschaffen.

Kredit: Die Ausstattung einer Geschäftsstelle der Dresdner Bank.

„Kredit“ ist abgeleitet vom Lateinischen credere = glauben. Im Bankwesen versteht man darunter die Überlassung von „Geld“ für einen befristeten Gebrauch. Die Beteiligten glauben an die Rückzahlung und eine Gegenleistung in Form von Zinsen. Kredit ist seit der Antike die Grundlage des Bankwesens. Als Beispiel dient hier das gestalterisch vielgelobte und markante Design der Dresdner Bank. Dessen Gestalter Otl Aicher war einer der prägendsten Gestalter des 20. Jahrhunderts in Deutschland.

Spekulation: Schranke der Frankfurter Wertpapierbörse, um 1980.

Bei einem wenig bekannten Möbelstück handelt es sich um den Teil der Handelsschranke der Frankfurter Börse. Sie ist der Arbeitsplatz eines sogenannten Skontroführers, der die marktgerechten Börsenpreise feststellt. Teilnehmer der Börse handeln zu Zwecken der Geldanlage und auch der Spekulation. Spekulation im Sinne der Wirtschaft ist der Erwerb einer Sache, von der man annimmt, dass ihr Wert in absehbarer Zeit steigt oder auch sinkt, um anschließend einen Gewinn daraus zu ziehen. 

Dieser Großrechner IBM 3850 verwaltete in den 1980er Jahren Kontodaten der Frankfurter Citibank.

Den Begriff „Konto“ bildet ein Bestandteil eines aus heutiger Sicht monströsen Massenspeichers des Großrechners IBM 3850 dar. Er gehörte zu einer umfangreichen Rechenanlage, die sich um 1985 im Besitz der Frankfurter Citibank befand. Der Speicher verwaltete Daten der Buchführung und des Zahlungsverkehrs mittels Magnetbändern, die auf Patronen gewickelt waren. 

Anlage: Überlebensgroßer Merkur als Zierde eines Versicherungsgebäudes.

Eine Anlage ist ein Finanzprodukt. Es ist wahrnehmbar abstrakt in Schriftform wie eine Aktie oder ein Sparbrief. Eine Anlage existiert aber auch materiell in Form von Goldbarren, Autos oder Häusern. Sie dient in der Regel der Vermögenssicherung des Anlegers. Das Anlagevermögen muss erwirtschaftet werden. Dafür steht Merkur, der Gott des Handels (Lat. merx = Ware), in Kopie noch am Haus Kaiserstr. 5 in Frankfurt zu sehen.

Finanzplatz

Die spätmittelalterlichen Messekaufleute schufen in der Ausnutzung ihrer Kenntnisse ein richtungsweisendes Instrument: den bargeldlosen Zahlungsverkehr und die Sonderform des Wechsels. Möglich war damit eine Zahlung an Geld über die Bargeldmenge hinaus. Am Anfang stand der einfache Warenkredit, wobei der Zahlungstermin nach der Warenübergabe datierte. In die verzögerte Zahlung waren Zinsen einkalkuliert. Unabhängig vom Bargeld konnte der Kaufmann Ware verkaufen und erst später bezahlen. Zentren dieser Kreditform waren die beiden großen Messen mit ihren Zahlwochen. 

Jenseits der Messen trafen sich die Kaufleute seit 1585 regelmäßig zur Kursfestsetzung auf dem Römer. Dieser Ort der Börsenversammlung und des Geldhandels blieb lange Zeit unauffällig, fanden doch diese Treffen bei gutem Wetter im Freien statt. Das änderte sich mit den beiden Börsenbauten von 1844 und 1879. Heute führt die Deutsche Börse in Eschborn eine geradezu unsichtbare Existenz.

Bankhochhäuser prägen das Bild des Finanzplatzes Frankfurt.

Aus den Kaufleuten wurden in der frühen Neuzeit „Merchant Banker“, die sich zunehmend nur noch Geld- und Wechselgeschäften widmeten. Eigentliche Privatbankiers bildeten sich seit 1770 heraus und lösten sich ganz von Warengeschäften, genannt seien die Familien Bethmann, Rothschild, Grunelius und Metzler. Die Bankiers waren ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entscheidend an der Gründung der großen Aktienbanken beteiligt. Die ersten für ihre eigentliche Funktion erbauten Bankhäuser des 19. Jahrhunderts glichen noch großbürgerlichen Wohnbauten. Diese Akteure der Geldstadt, die Menschen und ihre Häuser, sind in Frankfurt zu allen Zeiten überproportional vertreten. Sie prägten stets das soziologische Erscheinungsbild der Stadt.

Als Finanzplatz war Frankfurt vor 1945 weit hinter Berlin und Hamburg zurückgefallen. Durch die amerikanische Besatzungsmacht wurden nach 1945 in Frankfurt einige der wichtigsten Banken angesiedelt. US-Behörden gründeten 1948 in Frankfurt die Bank deutscher Länder. Die Ansiedlung von Bundesbank und Kreditanstalt für Wiederaufbau in den 1950er Jahren folgte daraus. Deshalb verlagerten sich die wichtigsten westdeutschen Geldinstitute nach Frankfurt, vor allem die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Commerzbank. Alle finanzpolitischen Weichenstellungen der Nachkriegszeit gingen von der Deutschen Bundesbank aus. Seit 1998 hat hier die Europäische Zentralbank ihren Sitz.

Die „Frankfurter Uniform“, Dienstkleidung eines Bankers.

Seit den 1950er Jahren sind die Akteure des Finanzplatzes wieder verstärkt in Frankfurt vertreten und prägen das Erscheinungsbild: Heute stellt der Finanzplatz mit über 70.000 Arbeitnehmern die stärkste Branche. Kaum noch zu finden ist der alte Typ des privaten Bankiers mit persönlicher Haftung. „Banker“ sind heute Angestellte „mit beschränkter Haftung“.

Das Ende der Mark der DDR und der DM.

Diese Protagonisten der Finanzwelt haben bis heute bestimmende Positionen in Staat und Gesellschaft inne. Die reale oder vorgebliche „Macht“ und das Agieren der Branche ruft Widerstand hervor, zuletzt die globale „Occupy“ – Bewegung, die auch in Frankfurt aktiv wurde. Spätestens mit der Errichtung des Hochhauses der BHF-Bank im Jahre 1966 entwickelte sich das architektonische Alleinstellungsmerkmal Frankfurts mit der weithin beachteten Skyline. „Der neue Finanzplatz“ führt auffällige Gebäude als Modelle, Ansichten und Pläne vor Augen. Ereignisbilder von 1949 bis 2012 zeichnen die Entwicklung des Finanzplatzes seit der Einführung der D-Mark nach.

Das Ab und Ab des Wohlstandes in Frankfurt.

Auf und ab

Die Zyklen des Handels, die Blütephasen und die Krisenphasen waren und sind in die zeitgleiche Frankfurter Lebenswelt eingebettet. Diese Zyklen wurden stets durch äußere Einwirkungen auf Frankfurt beeinflusst. Wie immer und überall überlagerten sich die Bedingtheiten und Strukturen. Die Abfolge erzählt eine kleine Frankfurter Wirtschaftsgeschichte anhand von Waren der Handelsmessen und ausgewählten Geldmitteln. In sieben Abschnitten hinter sieben Leitobjekten ergänzt eine bildliche Erzählung am Bildschirm das Auf und Ab des Finanzplatzes:

Sieben Vitrinen illustrieren Blüte und Krisen der Geldstadt Frankfurt, darüber laufen Filme zur Erklärung.

Frankfurt als Ort der Reichsversammlungen und der Königswahlen wurde durch die Einrichtung der Herbstmesse 1240 und der Frühjahrsmesse 1330 zum wichtigsten Handelsplatz des Reiches. Im Spätmittelalter blühte Frankfurts Wirtschaft. Viel Geld kursierte in der Stadt, auch das aus der eigenen Münzstätte.

Darf in keiner Ausstellung fehlen: Münzschatz aus Hessen, vergraben um 1700.

Im 16. Jahrhundert war Deutschland von Glaubenskriegen zerrissen. Frankfurt hatte sich 1530 offen zum Protestantismus bekannt. 1536 trat die Stadt dem Schmalkaldischen Bund bei, bis sie sich 1546 wieder der kaiserlichen Seite zuwandte. Daraus folgte zwischen 1546 und 1552 eine Serie von Belagerungen, Beschießungen und Kriegsschäden durch protestantische Truppen. Eine der wichtigsten Einnahmequellen, die Frankfurter Messe, fiel zeitweise aus. Am Ende hatte Frankfurt Schulden von mehr als einer Million Gulden, bei Jahreseinnahmen von nur ca. 50.000 Gulden. Die Bewohner/innen der Stadt verarmten, viele Häuser standen leer.

Den Aufschwung brachten seit 1576 reiche Flüchtlinge calvinistischen und protestantischen Glaubens aus den spanischen Niederlanden. Auf diese Weise gelangten erfolgreiche Kaufleute und gut ausgebildete Handwerker nach Frankfurt. Dort wurden sie als Bürger aufgenommen und führten ihr Gewerbe fort. Vier Geschäftszweige trugen zum Aufschwung der Stadt bei: Der Buchhandel, der Seidenhandel, das Geldgeschäft sowie der Goldschmiede- und Juwelenhandel. In dieser Zeit entstanden die Häuser, die bis 1944 die Frankfurter Altstadt prägten. Bauherren waren meist wohlhabende Neubürger aus den südlichen Niederlanden, dem heutigen Belgien.

Jedoch folgte im Dreißigjährigen Krieg, vor allem mit den Pest- und Hungerjahren 1632-1637 die schwerste Zeit, die Frankfurt je erlebt hat. Anfangs belebten die ersten Kriegsjahre, modern ausgedrückt, die Konjunktur. Doch mit Einzug der Schweden 1631 kamen Teuerungen, Lebensmittelmangel, Unterernährung und Seuchen nach Frankfurt. Im Pestjahr 1635 starb ein Drittel der Frankfurter Bevölkerung. Der Messebetrieb kam zum Erliegen. Es dauerte fast ein Jahrhundert, bis sich die Stadt von diesen Zuständen erholte.

Innovation am Finanzplatz: Die gestückelte Staatsanleihe (Partialobligation).

Die dritte Blütezeit Frankfurts bereitete sich in der Mitte des 17. Jahrhunderts vor. Durch die Innovation der gestückelten Staatsanleihe vollzog sich seit 1770 ein gewaltiger Aufschwung, verbunden mit den Namen Bethmann, Metzler, Gontard, Hauck, Rothschild, Brentano und Rüppell & Harnier. Diese „Partialobligationen“ waren staatliche Schuldverschreibungen mit laufender Verzinsung. Durch Aufteilung in überschaubare Beträge wurden die Anleihen zu einer beliebten Geldanlage. Die genannten Bankiers machten Frankfurt zum Zentrum des Anleihehandels in Mitteleuropa.

1866 traf die Okkupation Frankfurts durch Preußen den Frankfurter Handelsstand nachhaltig. Traditionelle Geschäftsfelder gingen verloren. Vor Beginn des Ersten Weltkriegs war Frankfurt nur noch ein Finanzplatz von regionalem Rang. Geldhandel und Finanzströme konzentrierten sich in Berlin. Weltwirtschaftskrise und NS-Zeit beschleunigten den Niedergang der Stadt als Finanzplatz.

Zitate ergänzen die Erzählung der Objekte.

Von der amerikanischen Militärverwaltung mit ihrem Sitz im Frankfurter IG-Farben-Haus kam 1945 der Impuls für den Aufschwung des Finanzplatzes zum europäischen Finanzzentrum. Nach und nach übersiedelte der gesamte deutsche Finanzsektor nach Frankfurt.

In Frankfurt wird Wert auf Aktualität gelegt. Und: Wie geht es weiter?

Die Stadt erlebte einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung. Seit der Ansiedlung der Europäischen Zentralbank (1998) und der Europäischen Bankenaufsicht (2014) ist Frankfurt der Finanzplatz der Eurozone.

Ausklang

Die Lage und die ökonomische Dynamik der Bewohner dienten als Ausgangspunkt für eine Entwicklung, die zu allen Zeiten Frankfurt als „Geldstadt“ erscheinen ließen. Davon berichteten Luther und Shakespeare wie auch Goethe und Heine. Gerade in der Gegenwart hat sich diese Sicht auf Frankfurt in einer Weise verfestigt wie kaum je zuvor, gilt doch Frankfurt als die Bankenstadt Deutschlands schlechthin. Wer sich jetzt mit eigenen Augen davon überzeugen will, der findet in der Ausstellung „Geldstadt“ des Historischen Museums und dem neu eröffneten „Geldmuseum“ der Bundesbank ein reiches Anschauungsmaterial.

Historisches Museum Frankfurt
Saalhof 1
60311 Frankfurt
Tel. 069-21234499
www.historisches-museum-frankfurt.de
Di-Fr 10-10 Uhr, Mi 10-21 Uhr, Sa+So 11-19 Uhr, Mo geschlossen
Eintritt 8 Euro, ermäßigt 4 Euro
Kontakt für Fachpublikum: Dr. Frank Berger

Den ganzen Überblick über das numismatische Frankfurt finden Sie hier.

Einen Rundgang mit Frank Berger durch das Geldmuseum lesen sie außerdem hier.