Numismatik lehren in Europa

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von Ursula Kampmann

11. Oktober 2018 – Als ich 2017 nach Warschau reiste, war ich völlig verblüfft über die große Zahl an Numismatikern, die dort an Museen und Forschungsinstitutionen arbeiten. Hätte ich mir vor meiner Reise den Tagungsband angesehen, den das Institut für Numismatik und Geldgeschichte unter dem Titel „Numismatik lehren in Europa“ herausgegeben hat, wäre meine Überraschung nicht so groß gewesen. Denn in diesem Band wird etwas äußerst Nützliches getan: Es wird – wie schon der Titel sagt – zusammengefaßt, wo und wie und unter welchen Umständen wer mit welchem Schwerpunkt in Europa Numismatik lehrt.

Reinhard Wolters und Martin Ziegert, Numismatik lehren in Europa. Veröffentlichungen des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte Band 19. Wien 2017. 190 S. 24 Tf. Paperback. 21 x 29,6 cm. ISBN 978-3-9501987-9-9. 25 Euro zzgl. Porto.

Seien wir ehrlich: Wofür Studenten sich interessieren, hängt stark davon ab, mit welchen Möglichkeiten sie während ihres Studiums konfrontiert werden. Wenn an einer Universität Numismatik angeboten wird, dann bleibt der eine oder andere Student an dieser Wissenschaft hängen (so wie die Autorin dieser Buchvorstellung). Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Wissenschaft der Numismatik stark davon abhängt, in welchem Grad und an wie vielen Universitäten Numismatik angeboten wird.

Im Zeichen der großen Sparwellen müssen vor allem die kleinen Fächer Angst haben „wegrationalisiert“ zu werden. Deshalb stellte sich das Institut für Numismatik und Geldgeschichte in Wien – bis heute das einzige Institut der Welt, das dezidiert der Numismatik gewidmet ist – anlässlich seines 50jährigen Bestehens die Frage: Wie steht es um die numismatische Lehre an den Universitäten Europas?

Diese Frage beantworteten Wissenschaftler aus den Ländern Belgien (Johan van Heesch), Deutschland (Wolfgang Leschhorn und Niklot Klüßendorf), Großbritannien (Suzanne Frey-Kupper), Italien (Giovanni Gorini), Kroatien (Mato Ilkic und Tomislav Separovic), Österreich (Reinhard Wolters), Polen (Aleksander Bursche – Anna Zapolska), Schweden (Kenneth Jonsson), Schweiz (Benedikt Zäch), Spanien (Maria-Paz Garcia-Bellido) und Ungarn (Melinda Torbagyi).

Reinhard Wolters, der zusammen mit Martin Ziegert als Herausgeber dieses Bandes fungiert, subsummiert in seiner Einleitung: „Ein erstes erfreuliches Fazit ist, dass die numismatische Lehre in Europa aufs Ganze gesehen nicht schlecht dasteht.“ Er schränkt dann ein: „In der Praxis der numismatischen Lehre ist in nahezu allen Ländern die Antike überrepräsentiert.“ Doch obwohl wir uns über die vielen numismatischen Angeboten an den Instituten für (Alte) Geschichte und (Klassische) Archäologie freuen dürfen, bietet selbst das ein methodologisches Problem, weil sich die Fragestellungen und die Methoden jeweils nach dem Fach richten. Obwohl sowohl der historische als auch der archäologische Ansatz interessante Ergebnisse bringen können, bietet doch erst eine Synthese der beiden Wege das Optimum dessen, was man mit Numismatik tun könnte.

Erfreulich ist ferner, dass die Numismatik (immer) noch zu den Wissenschaften gehört, die einem engagierten Studenten hervorragende Berufsaussichten versprechen. Denn Numismatiker braucht nicht nur das Museum, die Universität und die archäologischen Dienste, sondern auch der seriöse Münzhandel. Und wie die Erfahrung zeigt, hat es gar nicht genug Numismatiker, um all die angeboten Stellen auszufüllen. (Auch wenn – und das wäre durchaus ein Thema für eine weitere Tagung bzw. einen Workshop – der seriöse Münzhandel normalerweise einen promovierten Numismatiker erst ausbilden muss, bevor man ihn im Tagesgeschäft brauchen kann.)

Die Frage, wie es in der numismatischen Ausbildung weitergehen soll, ist fast noch interessanter als die Bestandaufnahme selbst. Giovanni Gorini fordert in seinem Beitrag eine stärkere Professionalisierung der Ausbildung und eine vermehrte internationale Öffnung. Niklot Klüssendorf sieht die Zukunft in einer weitgespannten Zusammenarbeit mit allen möglichen Fächern. Und Johan van Heesch fordert eine disziplinenübergreifende Schulung.

Alle aber betonen die Tatsache, dass die Numismatik zum großen Teil von herausragenden Persönlichkeiten getragen wurde und wird, die in ihren Schülern eine Begeisterung zu wecken im Stande sind, die zu großem Engagement führt. Die Numismatik ist eben kein Fach wie jedes andere. Sie hat eine weit zurückreichende Tradition und eine vielversprechende Zukunft. Und das ist mehr als viele andere Orchideenfächer von sich sagen können.

Eigentlich kann man den Inhalt des Tagungsbandes folgendermaßen zusammenfassen:

Studiert Numismatik! Es lohnt sich!

Die MünzenWoche berichtete ausführlich über den Kongress.

Mehr zum Institut für Numismatik und Geldgeschichte in Wien erfahren Sie auf der Website.

Dort können Sie den Tagungsband auch bestellen.