Ein Fals aus Kilwa Kisiwani

Nicht alle Münzen sind von auffälliger Schönheit, hohem Wert und aus edlem Metall. Aber einige der kleinen, unauffälligen Münzen, die man leicht übersehen kann, wenn man eine größere Sammlung vor sich hat, sind manchmal mit faszinierenden Geschichten verknüpft. Sie können einen mit Städten und Kulturen bekanntmachen, von deren Existenz man noch nie gehört hatte. Selbstverständlich sind diese „weißen Flecken“ auf dem Gebiet der Numismatik von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Mein Bereich in der Numismatik ist die Antike, und ich weiß wenig über Münzen mit arabischer Schrift. Vor einigen Wochen landete jedoch folgende Münze als Teil einer Sammlung auf meinem Schreibtisch. Klein, 22 mm, beschädigt, Kupfer, mit wenig (für mich) unlesbarer Schrift. Als Berufsnumismatikerin konnte ich nicht einfach sagen: „Oh, das fällt nicht in mein Interessengebiet, das lasse ich weg“ – ich musste wenigstens herausfinden, was es war. Glücklicherweise hatte der Sammler einen Zettel mit dem Namen „Kilwa Kisiwani“ zu der Münze gelegt. Also tat ich, was die meisten Menschen im 21. Jahrhundert tun würden, und googelte es.

Sultanat von Kilwa. Kilwa Kasiwani, Tanzania. Suleiman Ibn Al-Hasan, ca 1331. Fals. A.H 732/ A.D 1331. Randausbruch. Schön. Aus der Auktion Münzen & Medaillen GmbH, E-Auktion 3, Los 318. Schätzpreis: 30 EUR.

Meine Suche führte mich zum Distrikt Kilwa in der Region Lindi des heutigen Tansania in Afrika. Dort, auf der größten von fünf Inseln vor der Küste, entstand im Mittelalter ein Swahili-Stadtstaat unter einem Herrscher, der wie ein König regierte. Die Swahili-Zivilisation entwickelte sich durch den kulturellen Kontakt ostafrikanischer Völker (hauptsächlich Bantu) mit arabischen Händlern nach dem Auftreten des Islam in der Gegend im 9. Jahrhundert A. D., wenn auch der Name „Swahili“ erst später verwendet wurde. In Kilwa wurde die früheste Moschee in Afrika im 11. bis 13. Jahrhundert errichtet. Die Shirazi-Dynastie wurde in Kilwa von Ali ibn Hasan begründet, der mit seinen sechs Söhnen Persien verließ und nach Ostafrika reiste, weil er geträumt hatte, dass sein Land untergehen würde. Nach unterschiedlichen Datierungen soll das im 10 bis 12. Jahrhundert gewesen sein. Ein Hortfund von Münzen, der bei Mtambe Mkuu entdeckt wurde, deutet darauf hin, dass es die Shirazi-Dynastie schon im 11. Jahrhundert gab. Die Dynasten übernahmen den Goldhandel von Sofala (Mosambik), und sie wurden reich durch die Zollgebühren, die sie reisenden Händlern berechneten. Salz, Elfenbein, Ebenholz, Gewürze, wohlriechende Harze, Kokosnussöl, Schildpatt und selbstverständlich Gold kamen aus dem Inneren Afrikas, während chinesische und arabische Waren eingeführt wurden, darunter Seide und Porzellan. Auch einige Kupfermünzen bezeugen diesen Handel, denn über die alten Handelsstraßen reisten die Münzen von Kilwa weit in Afrika – zwei Münzen von Kilwa wurden in den alten Ruinen von Groß-Simbabwe gefunden.

Die große Moschee in Kilwa. Foto: Claude McNab via Wikimedia Commons / Gemeinfrei.

Die Münze, die ich hier vorstelle, wurde unter Sultan Sulaiman ibn Hasan etwa 1331 A. D. (732 A. H.) geprägt. Es gibt keinen Hinweis auf die Münzstätte oder das Prägejahr, sondern die Inschrift lautet Sulaiman ibn al-Hasan yathiku in drei Zeilen in Arabisch, auf der Rückseite bi Maula’l-Minan in zwei Zeilen in Arabisch.

Die Große Moschee von Kilwa. Foto: Ron Van Oers via Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0 igo.

Dank seiner umfangreichen Handelsbeziehungen mit Arabien und in Afrika war Kilwa im 13. und 14. Jahrhundert einer der wohlhabendsten Swahili-Stadtstaaten. Die Einwohner konnten eindrucksvolle Stein- und Holzgebäude errichten. Trotz der vielen Verbindungen Kilwas mit der arabischen Welt betonen viele Wissenschaftler die afrikanischen Eigenschaften Kilwas und seiner Kultur. Im Jahr 1330 besuchte der bedeutende arabische Reisende Ibn Battuta die Stadt auf seinen Reisen durch Bilad-al Zanj („Das Land der Schwarzen“), wie die Araber die Swahili-Küste in Ostafrika nannten. Er beschreibt Kilwa als „eine der besten und am schönsten gebauten Städte; alle Gebäude sind aus Holz, und die Häuser sind mit Dis-Pflanzen gedeckt (einer Art Gras der Mittelmeerländer)“. Das war praktisch die gleiche Zeit, zu der unsere Münze unter Sultan Sulaiman ibn Hasan um etwa 1331 A. D. (732 A. H.) geprägt wurde. Der Husuni-Kubwa-Palast in Songo Mnara, der auch aus den Jahren 1310 bis 1333 A. D. stammt, besteht noch als bedeutende Ruine. Er war Teil einer komplexen politischen Struktur, der der Sultan und seine Familie, ein Emir (Militärkommandeur), ein Wesir (Premierminister), ein Muhtasib (Polizeichef) und viele dort lebende Gouverneure, Steuereinnehmer und niedere Beamte gehörten. Der Palast war, wie andere Gebäude auf diesem Gelände auch, mit einer Mischung aus Kalkmörtel und örtlichen Korallen gebaut. Er wurde 1962 von Neville Chittick ausgegraben.

Ibn Battuta in einer Darstellung des 19. Jahrhunderts. Léon Benett (1878). Foto via Wikimedia Commons / Gemeinfrei.

Die Zivilisation der Swahili-Küste bestand mehrere Jahrhunderte lang aus blühenden Handelszentren, die aber nie zu einem vereinigten Reich zusammengefügt wurden. Kilwa selbst wurde im Juli 1505 zerstört, als die Portugiesen die Stadt plünderten und niederbrannten. Danach verlor es an Bedeutung, obwohl es nie völlig verschwand. Die Ruinen der früheren Gebäude stehen noch, und gemeinsam mit Songa Mnara und fünf anderen Stätten in Tansania sind sie als UNESCO Weltkulturerbe eingestuft (1980). Moderne archäologische Arbeit begann in Kilwa 1955, als Dr. James Kirkman während eines Besuchs von Sir Mortimer Wheeler und Fr. Gervase Mathew auf dem Gelände einen Graben und eine Ufermauer ausgrub, und dauerte bis in die 1960er Jahre. Die Ausgrabungen in Kilwa brachten viele Anzeichen für die weitreichenden Handelsbeziehungen zutage, darunter chinesisches Porzellan und islamische Keramik.

 

Diese Münze, zusammen mit vielen anderen Münzen der arabischen Welt, ist Teil der Elektronischen Auktion 3 der Münzen & Medaillen GmbH. Die Auktion findet am 9. Oktober 2022 über Biddr statt.

Hier lesen Sie einen Vorbericht der Auktion.

Die Seidenstraße ist für den kulturellen Austausch bekannt. Wahrscheinlich kamen über diese Route römische Münzen bis nach Japan.