Gesundheit, Medizin und die Frauen im Bild der Numismatik zu Corona-Zeiten, Teil 1: Krankenpflege und medizinische Assistenz

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Im Zuge der Corona-Pandemie rückten die in Heilberufen tätigen Menschen verstärkt ins Licht der medialen Öffentlichkeit. Während die neu erscheinenden Münzbilder mit namenlosen medizinischen Helfer*innen oder allegorischen Darstellungen deutlich von der aktuellen Pandemiesituation beeinflusst sind, verweisen die in früheren Jahren an (berühmte) Frauen in medizinischen Berufsfeldern erinnernden Münzen auf andere historische bzw. gesellschaftspolitische Themen.

 

Geschichte der Krankenpflege

„In Indien wurden um 300 v.Chr. erste Maßgaben zur Hygiene, der Belüftung und der Bequemlichkeit in Krankenhäusern schriftlich fixiert. Die Pflege der Kranken oblag speziell dafür ausgebildeten Männern, die als Upasthatr bezeichnet wurden. Um 250 v.Chr. entstand in Indien die erste Krankenpflegeschule, in der die Pfleger grundlegende Pflegemaßnahmen wie das Lagern, Kochen, die Körperpflege und Massage erlernten. Unterordnung unter den Heiler wurde erwartet, ein späterer Text, das Astangahrdayam, der um 550 n.Chr. verfasst wurde, beschreibt die Eigenschaften, die eine Pflegekraft besitzen sollte: Er solle dem Kranken zugewandt, loyal gegenüber dem Arzt, rein an Körper, Geist und Rede, intelligent sein und effizient arbeiten. Diese Anforderungen an die Pflegekraft unterscheiden sich damit kaum von denen, die in Europa bis weit in das 19. Jahrhundert an Pflegende gestellt wurden“ (Wikipedia: Geschichte der Krankenpflege, abgerufen im März 2021).

In der europäischen Antike wurde in Sanatorien zwischen Medizin und Pflege – abgesehen von der Zuweisung von Aufgaben entsprechend dem individuellen Kenntnisstand – nicht getrennt. Im privaten Bereich allerdings war Pflege von Haushaltsangehörigen Aufgabe der Frauen und der Sklav*innen. Mit der Verbreitung des Christentums wurde Pflege zunehmend mit dem Aspekt der Caritas, der tätigen Nächstenliebe und Wohltätigkeit, verknüpft. Dies galt sowohl innerhalb der christlichen Gemeinden als auch im System der Hospize für Fremde und Kranke.

 

Österreich, 50 Euro 2010, auf Clemens von Pirquet. CoCo At-2010-0016.

„Die Notwendigkeit einer professionellen Pflege entwickelt sich während des 18. und 19. Jahrhunderts und begründete sich aus den Fortschritten der naturwissenschaftlichen Medizin, die mehr und mehr systematisch geschultes Assistenzpersonal benötigte. [So werden Krankenschwestern bspw. als Assistentinnen forschender Mediziner dargestellt – wie bspw. auf der österreichischen 50-Euro-Münze 2010 zu Ehren des Begründers der Allergielehre Clemens von Pirquet (CoCo AT-2010-0016).] Aus den Hospitälern, die allen Notleidenden zur Verfügung standen, entwickelten sich reine Krankenhäuser, die sich auf die medizinische Versorgung konzentrierten. Kriege erzeugten zudem einen erhöhten Bedarf an Pflegepersonal, der nicht mehr alleine durch geistliches Personal abgedeckt werden konnte“ (Wikipedia: Geschichte der Krankenpflege, abgerufen im März 2021).

 

Guernsey, 5 Pounds, 2020 – 100. Geburtstag von Florence Nightingale: Foto: Gabriele Sturm.

Insbesondere die Vorkämpferin moderner Krankenpflege, Florence Nightingale, fand während ihres Einsatzes im Krimkrieg (Oktober 1853 bis März 1856) nicht nur zu ihrem eigenen Selbstverständnis im Beruf der Krankenschwester, sondern erkannte vor allem die Notwendigkeit einer Professionalisierung der Krankenpflege. Vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen verfasste sie 1859 ihre Schrift ‚Notes on Nursing‘ mit ersten Pflegetheorien und einem Ausbildungsmodell für professionelle überkonfessionelle Krankenpflege. Damit beeinflusste sie u.a. auch Henry Dunant, den Begründer der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung.

 

Münzprägungen zu Ehren von Krankenpflegerinnen

Im Folgenden liste ich Münzprägungen auf namentlich bekannte Krankenpflegerinnen (nach Geburtsjahr der Erinnerten), ohne dabei auf Mutter Teresa einzugehen, für die zahlreiche Prägungen anlässlich ihrer Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis und anlässlich ihrer Selig- und Heiligsprechung erschienen.

 

  • Elisabeth von Ungarn und Thüringen (Burg Rákóczi in Sárospatak 1207 – 1231 Marburg), ungarische Prinzessin und Landgräfin von Thüringen (Wartburg), als Anhängerin der Armutsbewegung folgte sie nach dem Tod ihres Ehemanns dem apostolischen Ideal (Armut und Keuschheit) und arbeitete im aus ihrem Witwenerbe errichteten Marburger Spital; als Sinnbild tätiger Nächstenliebe zeitweise Nationalheilige Deutschlands
    • Deutschland, 10 Euro, 2007 (Anlass: 800. Geburtstag – CoCo DE-2007-0041)
    • Ungarn, 5000 Forint, 2007 (Anlass: 800. Geburtstag)

 

  • Zdislava von Lemberg (nach 12201252 auf Schloss Lemberg in Böhmen) wurde 1238 mit Gallus von Lemberg vermählt, der 1240 die Kommende und das Hospital der Johanniter in Böhmisch Aicha errichten ließ; sie selbst stiftete 1252 das Dominikanerkloster in Gabel, in dem sie als Terziarin für Arme, Kranke und an Lepra Leidende sorgte
    • Tschechien, 200 Korun, 2002 (Anlass: 750. Geburtstag)

 

  • Zsuzsanna Kossuth (Sátorújhel 1817 – 1854 New York), erste leitende Krankenschwester beim Militär
    • Ungarn, 2000 und 10000 Forint, 2017 (Anlass: Geburtstag)

 

  • Florence Nightingale (Florenz 1820 – 1910 London), englische Krankenschwester, Pionierin der modernen Krankenpflege, gründete 1860 in London die erste School of Nurses sowie eine Hebammenschule, schieb Ratgeber für Gesundheits- und Krankenpflege
    • Gibraltar, 1 Crown, 2001 (Anlass: Viktorianisches Zeitalter)
    • Alderney, 5 und 10 Pounds, 2004 (Anlass: 150. Jahrestag des Krimkriegs)
    • Jersey, 5 Pounds, 2006 (Serie: Bedeutende Briten)
    • Großbritannien, 2 Pounds, 2010 (Anlass: 100. Todestag)
    • Guernsey, 5 Pounds, 2010 (Anlass: 100. Todestag)
    • Guernsey, 5 und 10 Pounds, 2020 (Anlass: 100. Geburtstag)
    • South Georgia & South Sandwich, 2 Pounds, 2020 (Anlass: 100. Geburtstag – CoCo GS-2020-0012/13)

 

  • Georgina Pope (Prince Edward Island 1862 – 1938 Charlottetown), Ausbildung im Bellevue Hospital in New York, Einsatz im 2. Burenkrieg, erhielt 1903 als erste Kanadier*in das Royal Red Cross, 1908 erste Matron des Canadian Medical Corps, zählt zu militärisch Geehrten im Valiants Memorial in Ottawa
    • Kanada, 5 Dollars, 2012 (Anlass: 150. Geburtstag)
  • Sophie Mannerheim (Helsinki 1863 – 1928 Helsinki), zunächst Bankangestellte, nach Scheidung 1902 Ausbildung an der Nightingale School in London, Gründerin der Mannerheim League for Child Welfare und des Lastenlinna-Krankenhauses in Helsinki, Präsidentin der Finnischen wie der Internationalen Krankenschwestern-Vereinigung
    • Finnland, 10 Euro, 2013 (Anlass: 150. Geburtstag)
    • Finnland, 20 Euro 2020 (Anlass: 100 Jahre Mannerheim-Stiftung)

 

  • Edith Cavell (Swardeston bei Norwich 1865 – 1915 Brüssel), englische Krankenschwester, in Brüssel von deutschem Militärgericht als Fluchthelferin verurteilt und durch Erschießung hingerichtet
    • British Virgin Islands, 10 Dollars, 2014 (Anlass: 100 Jahre Beginn des 1.Weltkriegs)
    • Großbritannien, 5 Pounds, 2015 (Anlass: 100. Todestag)

 

  • Gabrielle Alina Eugenia Maria Petit (Tournai 1893 – 1916 Brüssel), belgische Krankenschwester und Spionin für den britischen Geheimdienst, von deutscher Besatzung hingerichtet
    • Belgien, 100 Euro, 2016 (Anlass: 100. Todestag)

 

  • Esma Deniz (1902 – 1997), die erste Krankenschwester in der Türkei machte ihre Ausbildung am American Hospital und am Columbia University Teachers College in New York,1943 Mitbegründerin und langjährige Präsidentin der türkischen Krankenschwestern-Vereinigung
    • Türkei, 20 Lira, 2015

 

  • Danuta Helena Siedzikówna alias Danuta Obuchowicz, Deckname „Inka“ (Guszczewina 1928 – 1946 Gdansk), Krankenschwester und Mitglied der Polnischen Heimatarmee (antikommunistischer Untergrund), von der polnischen Geheimpolizei nach widersprüchlichem Gerichtsverfahren erschossen
    • Polen, 10 Zlotych, 2017

 

Insbesondere seit 2010 wird vergleichsweise häufig mit Münzprägungen an Krankenschwestern erinnert – im Zusammenhang mit den Erinnerungstagen an den Ersten und den Zweiten Weltkrieg. „Die freiwillige Bereitschaft zur Kriegskrankenpflege galt als weibliches Gegenstück zur Wehrpflicht der Männer. Die Pflege, so die geschlechtskonservative Argumentation des Roten Kreuzes, gebe ‚dem Frauengemüt, der treibenden Kraft im Frauenleben das […], was es braucht: sorgen, lieben und geben können‘. Die Krankenschwester wurde zum Ideal weiblicher Opferbereitschaft und Fürsorge. Sie verkörperte die selbstlose und liebende Mutter ebenso wie die religiöse, asexuelle Ordensschwester. Pflichtbewusst leistete sie an der Seite der Soldaten ihren Dienst für das Vaterland und erfuhr dafür hohe Anerkennung“ (Scharf bezüglich der Frauen im Ersten Weltkrieg, abgerufen im März 2021). Dies galt so allerdings nur auf Seiten des eigenen nationalen Lagers. Gerieten Krankenschwestern zwischen die Fronten, galten sie aus gegnerischer Sicht – wie die gegen Nazi-Deutschland kämpfenden Soldatinnen – als ‚Flintenweiber‘, die bedrohlicher als die kämpfenden Soldaten beurteilt und entsprechend brutal behandelt und häufig zu Tode gebracht wurden. „Während die Soldatinnen oder die in der Armee tätigen weiblichen Hilfskräfte nach Kriegsende weitgehend in Vergessenheit gerieten, wurden die Kriegskrankenschwestern zum festen Bestandteil der kollektiven Erinnerung an den Ersten Weltkrieg“ (ebd.) – was sich heute in diversen Münzprägungen darstellt, die nicht nur an namentlich bekannte Frauen erinnern (nach Prägejahr).

 

Schweiz, 5 Franken, 1963. Anlass: 100 Jahre Internationales Rotes Kreuz – CoCo CH-1963-0008.
Malta, 5 Euro, 2014. Anlass: 100 Jahre Beginn des Ersten Weltkriegs. Foto: Gabriele Sturm.
  • Schweiz, 5 Franken / 5 Francs, 1963 (Anlass: 100 Jahre Internationales Rotes Kreuz – CoCo CH-1963-0008)
  • Russland, 3 Rubles, 2010 (Anlass: 65 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs)
  • Malta, 5 und 10 Euro, 2014 (Anlass: 100 Jahre Beginn des Ersten Weltkriegs)

 

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte das Jahr 2020 als Internationales Jahr der Pflegekräfte und Hebammen ausgerufen. Die aktuellsten Münzprägungen zu diesem Thema gehen allerdings mehr auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie ein, als auf grundsätzliche Pflegethemen.

 

Frauen in Institutionen des Gesundheitswesens

Neben Ärztinnen und Pflegerinnen entstanden im Zuge der Professionalisierung und Verwissenschaftlichung der Medizin weitere Assistenz- bzw. Ausbildungsberufe:

  • Die Entwicklung der Medizinisch-technischen Fachkraft, früher besser bekannt als MTA, hängt eng mit der Entdeckung der X-Strahlen (Röntgenstrahlung) im Jahr 1895 zusammen. Heute zählen im deutschen Gesundheitswesen dazu vier Berufsfelder der technischen Assistent*innen: Laboratoriumsanalytik, Radiologie, Funktionsdiagnostik und Veterinärmedizin. Früher fand die Ausbildung an Berufsfachschulen/Akademien statt, seit 2005 als sechssemestriger Bachelor-of-Science-Studiengang an Fachhochschulen.
  • Davon zu unterscheiden ist der Beruf des/der (zahn-)medizinischen Fachangestellten (MFA bzw. MPA), besser bekannt als Arzthelfer*in. Dieser entstand in Deutschland in den 1950er Jahren. Während der 1960er Jahre wurde daraus ein Lehrberuf in dualer Ausbildung.
  • Der jüngste Ausbildungsberuf in dieser Reihe ist der des/der PTA. Nachdem sich die Apotheker*innen lange gegen einen ‚pharmazeutischen Hilfsberuf‘ gewehrt hatten, trat 1968 das Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten in Kraft.

 

Aus medizinischen Praxen, Krankenhäusern und Forschungsinstituten sind diese Assistent*innen heute nicht mehr wegzudenken. 2014 waren 81 % der insgesamt 928.000 Beschäftigten im nichtärztlichen Krankenhausdienst Frauen. Das sieht in Praxen und Forschungseinrichtungen kaum anders aus. Münzprägungen weltweit spiegeln diese Geschlechterproportion und überkommene Geschlechterstereotype.

 

  • Ägypten, 10 Milliemes, 5 Piastres und 1 Gunayh, 1978 (Anlass: Kampagne der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO Probleme und Strategien in Entwicklungsregionen)
  • Westafrikanische Staaten, 25 Francs, 1980 bis 2009 (Anlass: Kampagnen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO)
  • Isle of Man, 1 Crown, 1981 (Anlass: 25 Jahre The Duke of Edinburgh’s Award, Jugendprogramm bietet Möglichkeiten für Selbstverwirklichung, Abenteuer, sozialen Einsatz und die Entwicklung von persönlichen Interessen)
  • Tansania, 100 Shilingi, 1984 (Anlass: UN Frauendekade)
  • Polen, 100 Zlotych, 1985 (Anlass: Polnisches Müttergenesungswerk)
  • Kuba, 1 Peso, 1988 (Anlass: 40 Jahre WHO)
  • Australien, 5 Dollars, 1998 (Anlass: 70 Jahre Service – Royal Flying Doctor)
  • Frankreich, 2 Euro, 2020 (Thema: Medizinische Forschung)
  • Moldawien, 50 Lei, 2020 (Thema: Mein Arzt, mein Held – CoCo MD-2020-0001)
  • Russland, 25 Rublei, 2020 (CoCo RU-2020-0059)
  • San Marino, 10 Euro, 2020 (Thema: Institut für Soziale Sicherheit – CoCo SM-2020-0010)
  • Italien, 2 Euro, 2021 (Thema: Berufe im Gesundheitswesen – CoCo IT-2021-0010)

 

Gesundheit und Medizin sind grundlegende Lebensthemen, die anlässlich der aktuellen Corona-Pandemie nicht nur stärker als in den vergangenen Jahren ins gesellschaftliche Bewusstsein gerückt, sondern auch vielfältig bei den neuen Prägungen von Gedenk- und Sammler*innenmünzen zu finden sind. Abgesehen von den aus der europäischen Antike stammenden weiblichen Personifikationen werden dabei typische Arbeitsfelder von – in der Regel namenlos bleibenden – Frauen in Forschung, Heilkunst und Pflege dargestellt.

 

Dieser Text entstammt weitgehend einer im Juni 2021 erschienenen vereinsinternen Broschüre: Sturm, Gabriele (2021). Münzbilder über Gesundheit, Medizin und die Frauen (Der Steckenreiter – eine zeitgemäße Münzbelustigung für vergnügliche Nebenstunden, Folge 138). Bonn: Numismatische Gesellschaft Bonner Münzfreunde e.V. in der Deutschen Numismatischen Gesellschaft.

Hier gelangen Sie zur Seite der Bonner Münzfreunde.

 

Quellen

FemBio – FrauenBiographieforschung (Hg.) (abgerufen im März 2021). Edith Cavell / Elisabeth von Thüringen / Florence Nightingale. Abrufbar hier.

Kerckhoff, Annette (2010). Heilende Frauen: Ärztinnen, Apothekerinnen, Krankenschwestern, Hebammen und Pionierinnen der Naturheilkunde. München: Elisabeth Sandmann Verlag.

Scharf, Michaela (abgerufen im März 2021). Frauen im Krieg: „Wunden schlagen, Wunden heilen, ist die Losung unserer Zeit“. In Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. (Hg.), Die Welt der Habsburger: Der Erste Weltkrieg. Wien. Abrufbar hier.

Wikipedia, die freie Enzyklopädie (abgerufen von März bis Mai 2021). Gendermedizin / Geschichte der Krankenpflege / Medizinische Fachangestellte / Medizinisch-technischer Assistent / Pharmazeutisch-technischer Assistent / Zdislava. https://de.wikipedia.org/wiki/.

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