Fälschungen erkennen – leicht gemacht


mit freundlicher Genehmigung des IBSCC

Teil 2: Gegossene Fälschungen

Nachdem wir gezeigt haben, wie man Fälschungen aus neu geschnittenen Stempeln erkennt, werden wir uns hier in diesem Artikel mit den Fälschungen beschäftigen, die gegossen wurden. Wir beginnen wieder einmal mit einer alten Imitation einer römischen Münze, die während der Renaissance gemacht wurde. Es ist eine freie Nachahmung einer Bronzemünze des Antinoos (Abb. 1).

Abb. 1: Gegossene Renaissance Medaille mit der Büste des Antinoos.

Aber weder der Stil noch die technischen Details, haben irgendetwas mit antiker Prägetechnik zu tun. Mit einer Lupe sieht man sofort die kleinen Gußlöcher auf der Oberfläche (Abb. 2).

Abb. 2: Vergrößerung von Abb. 1 (Vorderseite).

In Teil 1 haben wir gezeigt, wie man Fälschungen mit Hilfe von Stilabweichungen erkennt. Gegossene Fälschungen unterscheiden sich hinsichtlich des Stils nicht vom Original. Deshalb hilft uns hier dieses Kriterium nicht weiter. Gegossene Fälschungen imitieren exakt die Münze, die dazu gedient hat, die Gußform herzustellen. Wir müssen also eine gegossene Fälschung erkennen, indem wir uns die Oberfläche der Münze betrachten.
Es gibt schlechte Güsse, die man auf den ersten Blick erkennt. Und es gibt ausgezeichnete Güsse, die nur mit Hilfe eines Mikroskops entdeckt werden können. Die meisten Güsse liegen irgendwo dazwischen. Aber wenn man mit leichten Fällen beginnt und lernt, wie man die Gußlöcher findet, wird man bald in der Lage sein, auch bessere Güsse zu entlarven. Deshalb hier eine Reihe von gegossenen Fälschungen von sehr einfach zu schwierig.

Abb. 3: Fälschung eines Staters von Sybaris.

Abb. 3 ist die Münze für den „Anfänger“: ein sehr schlechter Guß von einem Stater aus Sybaris. Man sieht sofort, ohne ein Vergrößerungsglas zu benutzen, daß diese Münze nicht echt sein kann. Große Gußlöcher sind über die ganze Münze verteilt (Abb. 4).

Abb. 4: Vergrößerung von Abb. 3 (Vorderseite).

Bei Abb. 5, der Imitation eines Denars des Domitianus, ist die Fälschungserkennung schon ein wenig schwieriger. Ähnliche Stücke entdeckt man häufig in großen Lots bei Auktionen, die aus schlecht erhaltenen Münzen von alten Sammlungen zusammengestellt sind. Niemand hält sich damit auf, so eine Münze genau anzusehen. Sie ist den Zeitaufwand nicht wert. Und das ist die Chance für einen schlechten Guß. Mit dem bloßen Auge kann man die Gußlöcher nicht sehen. Es braucht ein Vergrößerungsglas. Aber mit Hilfe dieses Vergrößerungsglases sieht man sofort die kleinen, runden Gußlöcher im Relief. Die Gußlöcher im Feld wurden mit einer Art künstlichem Schmutz zugedeckt.

Abb. 5: Fälschung eines Denars des Domitianus.

Wenn man mit der Lupe sorgfältig dieses Stück betrachtet, entdeckt man ein zweites Kriterium für gegossene Fälschungen. Die Buchstaben sind schwach ausgeprägt und besitzen keine Schärfe (Abb. 6).

Abb. 6: Vergrößerung von Abb. 5 (Vorderseite).

Der Prozeß der Prägung erzeugt einen Glanz und scharfe Konturen (Abb. 7). Sogar Münzen, die durch viele Hände gelaufen sind, zeigen normalerweise noch einen Rest dieser Schärfe, manchmal sogar eine Spur des Prägeglanzes. Auf unserem Beispiel ist nichts dergleichen zu sehen.

Abb. 7: Vergrößerung eines echten Denars des Domitianus aus Auktion Leu Numismatik AG, Zürich 86 (2003), 820.

Abb. 8 zeigt die Fälschung einer Tetradrachme von Leontinoi. Diese Münze könnte sehr gefährlich für jemanden werden, der keine Lupe benutzt. Sie ist mit einer künstlichen Patina bedeckt, um den Eindruck zu erwecken, daß das Stück aus einer alten Sammlung stammt. Auf den ersten Blick eine begehrenswerte Münze! Und tatsächlich wurde sie einst von einem renommierten Auktionshaus verkauft. Aber bei einer zweiten, sorgfältigeren Untersuchung bemerkt man, daß die Patina falsch ist. Sie tarnt die Gußlöcher, die man leicht auf dem Getreidekorn links vom Löwenkopf und rund um das Löwenmaul entdecken kann (Abb. 9 und 10).

Abb. 8: Fälschung einer Tetradrachme von Leontinoi.

Abb. 9: Vergrößerung von Abb. 8 (Rückseite; Löwenmaul).

Abb. 10: Vergrößerung von Abb. 8 (Getreidekorn hinter Löwenkopf).

Diese Fälschung einer Tetradrachme von Syrakus ist sogar noch gefährlicher (Abb. 11).

Abb. 11: Fälschung einer Tetradrachme von Syrakus.

Ohne eine Lupe sieht man lediglich kleine Verletzungen, wie sie typisch sind für Münzen, die aus alten Sammlungen kommen. Mit dem bloßen Auge entdeckt man Kratzer und Punzen. Aber bei einer sorgfältigen Untersuchung mit der Lupe bemerkt man, daß all diese Kratzer und Punzen nur dazu dienen, die Aufmerksamkeit des Betrachters von den kleinen, runden Gußlöchern abzulenken, die man leicht auf der Flanke des Pferdes erkennen kann (Abb. 12).

Abb. 12: Vergrößerung von Abb. 11 (Vorderseite; Körper des Pferdes).

Dies ist es, was die Fälschungserkennung so schwierig macht: Die meisten Münzen, die wir in Händen halten, wurden gereinigt, und in einigen Fällen hat man dabei die Oberflächenstruktur so stark geschädigt, daß es sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sein kann, die charakteristischen Merkmale einer Gußfälschung noch zu erkennen. So sollte ein Sammler mit stark gereinigten Münzen sehr vorsichtig sein.

Beenden wir diesen Artikel mit einem letzten Anhaltspunkt, wie man gegossene Fälschungen entlarven kann. Wenn man eine Münze vom Rand her betrachtet und merkt, daß die Oberfläche nicht konkav ist, wie sie es wegen des Prägedrucks der Hammerprägung sein müßte, wenn die Oberfläche im Gegenteil konvex ist, was bei einer Prägung technisch nicht möglich ist, dann muß man daraus schließen, daß die Münze gegossen und falsch ist.

Abb. 13: Fälschung einer Sikulopunischen Tetradrachme.

Abb. 13 ist das letzte Beispiel einer gegossenen Münze – eine sehr gut gemachte Imitation einer Punischen Tetradrachme aus Sizilien. Die Vorderseite ist perfekt, aber wenn man die Münze umdreht, entdeckt man alle Charakteristika einer gegossenen Fälschung, die wir hier aufgeführt haben: den fehlenden Prägeglanz für eine Münze in guter Erhaltung, die Gußlöcher und die leicht konvexe Oberfläche. Und hier folgt die letzte Regel: Wenn eine Seite einer Münze falsch ist, dann kann die andere nicht echt sein.
Der nächste Artikel wird einer dritten Gruppe von Fälschungen gewidmet sein, den Galvanos.

IBSCC ist die Abkürzung für International Bureau for the Suppression of Counterfeit Coins. Es wurde im Jahr 1975 von der IAPN gegründet, der International Association of Professional Numismatists, einer gemeinnützigen Organisation von angesehenen Münzhändlern auf der ganzen Welt, die für die Echtheit der von ihnen verkauften Münzen garantieren.