Napoleon zum ewigen Ruhme

„Die Kunst der Medaille ist vielleicht die monumentalste aller Künste, da sie als einzige alle Jahrhunderte überlebt, um Zeugnis für den Ruhm abzulegen.“

-Vivant Denon an Napoleon Bonaparte

 

Es soll eine Art Erweckungserlebnis gewesen sein, das Napoleon Bonaparte an jenem Abend im August des Jahres 1799 hatte. Es war im Hauptquartier in Kairo. Vivant Denon hatte auf Vermittlung von Joséphine de Beauharnais als einer von vielen wissenschaftlichen Begleitern am Feldzug des napoleonischen Heeres in Ägypten teilgenommen. Nun hielt er darüber einen Vortrag. Um seine Erklärungen zu illustrieren, zeigte er den Zuhörern sein Skizzenbuch. Und Napoleon verstand sofort.

Viele Jahre später sollte der Werbefachmann Fred Barnard Napoleons Erleuchtung im Slogan „Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte“ zusammenfassen. Denn der Korse beschloss nicht auf die Geschichtsschreibung zu setzen, sondern auf die Macht der Bilder, um seinen Ruhm der Nachwelt zu überliefern. Bilder, die in der ganzen damals bekannten Welt Verbreitung finden würden. Und wen konnte er besser mit der Produktion dieser Bilder betrauen, als jenen begnadeten Vortragenden, der ihm durch seine Präsentation die Augen geöffnet hatte?

Dominique-Vivant Denon (1747-1825), Gemälde von Robert Lefèvres.

1803 wurde Vivant Denon zu einer Kombination aus Kultur- und Propagandaminister ernannt. In dieser Funktion war er zum Beispiel für den Louvre zuständig, aus dem er unter dem neuen Namen Musée Napoléon das größte Museum der Welt machen sollte. In aufwändig inszenierten Triumphzügen, bei denen auch Elefanten eine Rolle spielten, ließ Denon öffentlich all die „Neuerwerbungen“ aus den von Frankreich unterworfenen Ländern in das Musée Napoléon verbringen, wo sie danach für alle Menschen zugänglich ausgestellt wurden.

Daneben beaufsichtigte Denon die staatliche Produktion von Porzellan in Sèvres und von Gobelins in Paris. Auf ihn geht die Siegessäule auf der Place Vendôme zurück und vieles andere mehr.

Last but not least gehörte es zu Denons Funktion, die Produktion von Napoleons Medaillen zu überwachen. Eines der prachtvollsten Exemplare wird in der kommenden Berlin-Auktion des Hauses Künker am 30. Januar 2020 unter Nr. 811 versteigert. Es ist eine perfekte Goldmedaille von 1807, die erstmals in der berühmten Auktion der Bank Leu „Monnaie et Medailles Napoleoniennes“ angeboten wurde.

Napoléon I. Goldmedaille 1807. Ex Auktion Bank Leu AG 14, Zürich (1975), Nr. 249, wohl aus dem Besitz Napoleon Bonapartes. Das Stück kommt zur Versteigerung in der Auktion Künker 331 (30. Januar 2020), Nr. 811. Schätzung: 75.000,- Euro.

Damit stammt diese Medaille aus der Sammlung des Prinzen Victor Bonaparte, die von dessen Nachkommen 1975 in der genannten Auktion versteigert wurde. Victor Bonaparte besaß offenbar die Exemplare, die für Napoleon selbst in Gold geprägt und ihm als Belegexemplar übergeben worden waren. Wir dürfen also ziemlich sicher sein, dass das hier angebotene Stück aus Napoleons eigener Sammlung stammt.

Diese Medaille ist nicht nur aus diesem Grund so bemerkenswert. Sie ist historisch bedeutend, weil sie uns einen Einblick gibt, für welche Zielgruppen die umfangreiche Medaillenproduktion durchgeführt wurde, bei deren Motivwahl Napoleon übrigens immer das letzte Wort behielt.

Für die Medaillen gab es nämlich zwei völlig unterschiedliche Abnehmer. Zunächst war da der Staat, also Napoleon und seine Mitarbeiter, die von der Monnaie de Médaille die Geschenke bezogen, die für den offiziellen Geschenkeaustausch notwendig waren. Napoleon orderte z. B. anlässlich seiner Kaiserkrönung im Jahr 1804 950 Exemplare des zu diesem Zweck angefertigten Stücks in Gold, 2.800 in Silber und 500 in Bronze. Dazu kamen 70.000 kleine Silber-Jetons. Während letztere unters Volk geworfen wurden, erhielten alle Staatsgäste je nach ihrem Rang Erinnerungsstücke in Gold und Silber.

Es gab viele Anlässe, bei denen Napoleon Medaillen als Geschenke brauchte, die er überreichen konnte. Dabei wählte er aus der historischen Suite stets sorgfältig aus, welches Thema er einem Beschenkten zuwies. Wollte er ihn beeindrucken oder drohen? Dann war ein Sieg genau das richtige. Wollte er seine friedlichen Absichten bekunden? Dann eignete sich eines der vielen kulturellen oder medizinischen Themen. Prominente Gäste wie Pius VII. oder Zar Alexander I. wurden gleich in die Prägestätte geführt, wo unter großem Zeremoniell eine Medaille auf ihren Besuch geprägt wurde.

Die Rückseite der Medaille.

Nun gab es aber auch die Besucher, bei denen es schwierig war, eine angemessene Darstellung auszuwählen. Für sie ließ Denon die auf das Jahr 1807 datierte Medaille schaffen, die den napoleonischen Adler auf einem Blitz sitzend zeigt. Von rechts fliegt eine kleine Nike herbei, um ihn zu bekränzen. Die Rückseite hat keinerlei Aufschrift. Nur im Abschnitt erscheint das N für Napoleon. Es ist umgeben von einem Strahlenkranz, ähnlich wie man früher das allsehende Auge Gottes darstellte. Daneben lesen wir DENON DirigiT und JALEY FeciT, also Vivant Denon bestimmte dieses Motiv, der Graveur Louis Jaley führte es aus.

Denon schrieb über den Grund, warum er so ein „nichtssagendes“ Motiv wählte: „Diese Medaille, deren Motiv isoliert ist, kann dem Kaiser dienen, wenn er nicht eine aus der historischen Suite vergeben, sondern einfach irgendjemandem eine Medaille verleihen möchte.“

Was Denon nicht erwähnt, ist die Tatsache, dass sich diese Medaille auch ideal für die zweite Zielgruppe eignete, für die Privatleute, die in der Monnaie de Médaille ihre Medaillen kauften. Alle „offiziellen“ Medaillen konnten nämlich auch schon zum Zeitpunkt ihrer Entstehung für den privaten Gebrauch erworben werden. Dass dies damals nicht nur die Sammler machten, teilt uns Vivant Denon selbst in seinem Brief an Napoleon vom 23. Dezember 1803 mit: „Es ist üblich, dass Hochzeitsgeschenke von einer der Zeremonie angemessenen Medaille begleitet werden. Das ist einer der meistproduzierten Artikel der Monnaie de Médailles. Die vorhandenen Stempel zu diesem Zweck sind sehr schlecht und von entsetzlichem Geschmack, sie tragen die Köpfe unserer letzten Könige. Ich glaube, es ist nötig, sie zu erneuern.“

Denon tat dies. Er schuf in den Jahren bis zum Ende der Macht Napoleons das Bild von dessen Herrschaft, das heute noch in unseren Köpfen existiert. Auf seinen Medaillen wird der Schwerpunkt auf Napoleons Sieghaftigkeit gelegt, während die Besiegten nur selten in Erscheinung treten. Haben wir deshalb so schnell die vielen Todesopfer vergessen, die Napoleons Feldzüge gefordert haben?

 

Bei uns finden sie auch einen Vorbericht zur Künker-Auktion 331.

Alle Stücke der Auktion finden sie auf der Internetseite von Künker.

Erst kürzlich berichteten wir über ein ganz besonderes Schmuckstück mit römischen Aurei, dass Napoleon für seine Schwester anfertigen ließ – es wurde ebenfalls bei Künker gehandelt.