Rekordschatzfund aus den Zeiten von William Wallace

In Schottland wurden bisher vergleichsweise wenige mittelalterliche Hortfunde gehoben. Jetzt hat man dafür einen um so größeren: Wie im November 2022 bekannt wurde, stieß ein Sondengänger auf einem Feld in der Region Dumfries and Galloway im südlichen Schottland auf einen Hort. Die benachrichtigten Archäologen holten ganze 8.407 Münzen aus dem Boden. Nach Angaben der verantwortlichen Archäologen von der schottischen Treasure Trove Unit ist es der größte Fund mittelalterlicher Münzen in Schottland seit dem 19. Jahrhundert. Nach einem Feld in der Nähe wurde der Fund Dunscore Hoard getauft.

Viel mehr ist über den Fund leider noch nicht bekannt. Bei den Münzen soll es sich nach ersten Medienberichten hauptsächlich um Pennies der englischen Könige Eduard I. (1239-1307) und II. (1284-1327) handeln, aber auch schottische, irische und kontinentaleuropäische Münzen sollen sich darunter befinden. Die typischen Eduard-Pennies entstanden nach einer umfangreichen Münzreform des Königs ab 1279. Sie zeigen auf der Vorderseite die frontale Büste des jeweiligen Königs und auf der Rückseite ein Kreuz mit drei Kugeln in jedem Feld.

Covid beschert einen Fundsegen

Weitere Details zum Fund werden wir wohl erst erfahren, wenn die zuständige Stelle für Bodenfunde, die Treasure Trove Unit, die Erfassung und Bestimmung aller 8.407 Münzen abgeschlossen hat. Das dauert natürlich seine Zeit, zumal die Behörde sowieso überlastet sein soll. Warum? Weil viele Schotten während Pandemie und Lockdown mit Metalldetektoren durch ihr schönes Land gezogen sind! Nach Angaben der Treasure Trove selbst ist die Anzahl der Sondengänger in der Corona-Zeit sprunghaft angestiegen. Das schlägt sich in den Funden nieder: Wurden im Vor-Corona-Jahr 2019 in Schottland insgesamt 1.551 Objekte aus Bodenfunden gemeldet, waren es zwischen Januar und Ende November 2022 12.263 Objekte. Eine beachtliche Steigerung, selbst wenn man den Ausnahmefund der 8.407 Münzen herausrechnet.

Das Amt ist also erst einmal eine Weile beschäftigt, weshalb es weiterhin keine Fotos, genaueren Angaben oder Aussagen zum Wert des Fundes gibt. Außerdem ist noch unklar, was mit dem Schatz passieren wird.

Wem gehört der Schatz?

In Schottland werden die Besitzverhältnisse von Bodenfunden wie folgt geregelt: Theoretisch gehört jeder Fund der Krone. Wenn der Fund vollständig erfasst wurde, erstellt das schottische Gremium für die Vergabe archäologischer Funde ein Gutachten, das an einen Regierungsbeamten mit dem klangvollen und unmöglich zu übersetzenden Titel „King’s and Lord Treasurer’s Remembrancer“ geht. Nach dem Gutachten wird entschieden, ob Krone und Regierung den Schatz beanspruchen oder nicht. Falls ja, wird er als nationaler Schatz registriert und geht wahrscheinlich an die schottischen Nationalmuseen. Der Finder sowie der Landbesitzer enthalten dann eine verhältnismäßig großzügige Belohnung. Sondengänge in Schottland können also durchaus lohnend sein.

Eine Szene aus den Schottischen Unabhängigkeitskriegen, aus der Chronik des Jean Froissart.

Freedom!

Was lässt sich mit dem bisherigen Kenntnisstand über den Fund mutmaßen? Der Hort führt uns zurück in eine kriegerische Zeit. Die Prägeherren der Pennies, König Eduard I., auch als „Hammer der Schotten“ bekannt, und sein Sohn Eduard II. von England führten beide lange und blutige Kriege gegen Schottland, das sie zu unterwerfen versuchten. Eduard I. gelang es zwar, Schottland unter seine Kontrolle zu bringen, lange halten konnte er es jedoch nicht. Während der Rebellionen, mit denen so schillernde Namen der schottischen Geschichte verbunden sind wie Robert the Bruce und dem spätestens seit dem Film „Braveheart“ weltbekannten William Wallace, vertrieben die Schotten die Engländer schließlich und gingen zum Gegenangriff über.

Irgendwann im Chaos dieser hin- und herwogenden Kriege scheint jemand sein Vermögen vergraben zu haben, um es in Sicherheit zu bringen – und konnte es danach anscheinend nie wieder heben. Die Fundregion ist in der Nähe der englischen Grenze, das Grenzland dürfte stark von den Kriegen betroffen gewesen sein. Vielleicht deuten die vielen englischen Münzen in diesem Fund auf schottischem Boden darauf hin, dass ihr Besitzer auf der Seite Englands stand? Verlieren wir uns nicht in zu vielen Mutmaßungen und warten wir lieber auf den Abschluss der Funduntersuchung. Und hoffen wir für die Treasure Trove Unit, dass die Schotten nun wieder anderes zu tun haben und sie den Berg an Material zügig bearbeiten kann.

Über einen viel späteren Aufstand der Schotten geht es in diesem Artikel zum hübschen Prince Charles und seinen Medaillen.

Kurz vor dem schottischen Unabhängigkeitsreferendum 2014 hat sich Nick Mayhew Gedanken über Schottlands Geld in Vergangenheit und Zukunft gemacht.