Unbekannter Dukat aus Mantua bei Sincona

Es sind einige Könige, Fürsten und auch geistliche Herren bekannt, deren Regierungszeit nur wenige Tage, Wochen oder Monate dauerte, bis sie abgesetzt wurden oder zu Tode kamen, weshalb sie nur geringe oder keine numismatischen Spuren hinterlassen haben.
Im Extremfall existieren Hinweise auf einzelne Herrscher, dass sie überhaupt ein kleines Rädchen in der Geschichte waren, nur dank einzelner erhaltenen Münzen, sonst wüssten wir gar nichts von ihnen. Zwei berühmte Beispiele seien hier erwähnt:

Ein Exemplar des sehr seltenen Antoninians des Domitianus II. wird heute im Ashmolean Museum aufbewahrt und ist eines der Highlights der Dauerausstellung. Damit auch wirklich jeder ihn wahrnimmt, wird sein vergrößertes Foto über der Vitrine gezeigt. Foto: UK.

Dank gerade mal 2 bekannt gewordenen Münzen kennen wir Domitianus, ein römischer Gegenkaiser von der abtrünnigen Provinz Galliarum, die aus Gallien und Britannien bestand. Seine wohl nur einige Tage dauernde Herrschaft im Jahr 271 n. Chr. wäre in der Geschichtsschreibung sonst völlig untergegangen.
Auch vom Angelsachsen Raedwulf oder Redulf wissen wir kaum etwas, ausser dass er wohl um 858 n. Chr. nur wenige Monate König von Northumbria war. Dank einem in nur etwa 80 Exemplaren erhaltenen, messingartigen Geldstück mit sehr geringem Silbergehalt, genannt Styca, wissen wir, dass er einmal auf dem Herrscherthron sass.

Porträt des Francesco IV. Gonzaga (*7.5.1586 †22.12.1612). Teatro Olimpico / Vicenza.

Im italienischen Mantua regierte die bedeutende Familie der Gonzaga seit dem 14. Jahrhundert. Ab 1530 waren sie Herzöge und Mantua damit ein reichsunmittelbares Territorium des Habsburgischen Kaisertums. Am 18. Februar 1612 starb Herzog Vincenzo I. Gonzaga nach beinahe 25 Jahren Regierungszeit. Die Nachfolge trat als dessen ältester Sohn, Francesco IV. Gonzaga, an – gerade mal 26 Jahre alt. Francesco IV. war seit 1608 mit Margarethe von Savoyen verheiratet; sie hatten drei Kinder: Maria Gonzaga (*1609 †1660), die später eine bedeutende Persönlichkeit werden sollte, Luigi Gonzaga (*1611 †1612) und Eleonora Gonzaga (* und †1612).

Viel geschichtsträchtige Spuren hat Herzog Francesco IV. Gonzaga nicht hinterlassen, dazu fehlte ihm offenbar die Zeit. Er musste den Tod seinen Sohnes Luigi am 3. August 1612 und seiner Tochter Eleonora, die am Tag nach ihrer Geburt am 13. September verstarb, miterleben. Kurz darauf erkrankte der junge Herzog an den Pocken und starb daran am 22. Dezember 1612. Da er keinen männlichen Nachkommen mehr hatte, übernahm sein jüngerer Bruder Ferdinando das Erbe der Gonzaga und das Herzogtum.

Es versteht sich von selbst, dass wir bei solch dramatischen Ereignissen in dieser Familie nur wenige Münzen von Francesco kennen, und sie sind weitgehendst als Repräsentationsmünzen anzusehen. Alberto Varesi zählt im M.I.R. [Lombardia zecche minori] unter Nrn. 560-569 nur 10 bekannte Nominale dieses Herrschers auf: 3 Goldmünzen und 7 in Silber, wovon nur gerade die Lira o. J. und 1612 und ein 10 Soldi 1612 für den Sammler zu ergattern sein werden, die anderen Geldstücke existieren zumeist nur in einem oder zwei Exemplaren und kommen wohl kaum auf den Markt. Nun sind diesen wenigen Exemplaren ein neues hinzuzufügen.

Mantua. Francesco IV. Gonzaga, 1612. Ducato 1612. Fünf Zeilen Schrift in einem Lorbeerkranz: FRAN . / DVCIS FI / DEI SE MAN / DAT. ANNO / . 1612 . Rv. Kometenstern n. l. umgeben von feinen Strahlen. DOMINE VIAS TVAS NOTAS FAC …(?) . 3.21 g. 20,5-20,6 mm. 12. CNI -. MIR -. Von größter Seltenheit, bisher unbekannt. Fast sehr schön. Ausruf: 8.000 CHF. Aus Auktion Sincona 54 (20. Mai 2019), Nr. 633.

Sincona AG versteigert in seiner Frühjahrsauktion nun unter der Losnummer 633 einen bis anhin völlig unbekannten Dukaten 1612 von Herzog Francesco IV. Gonzaga. Der bedeutende italienische Numismatiker, Lorenzo Bellesia konnte die Goldmünze erstmals im Namen von Sincona publizieren., und zwar unter dem Titel “Un inedito Ducato doro di Francesco IV Gonzaga, Duca di Mantova”, in: Panorama Numismatico, 3/2019.

Es werden in der italienischen Numismatik schon gelegentlich Münzen neu entdeckt. Dass eine Goldmünze nach mehr als 400 Jahren wieder aufgespürt wird, kann allerdings als kleine Sensation bezeichnet werden.

Über diesen Link kommen Sie direkt zur Sincona-Auktion 54.

Selbstverständlich haben wir auch eine Auktionsvorschau von Sincona publiziert. Sie finden sie unter diesem Link.