Adda, Victor A. (1885-1965)

von Hadrien Rambach

Victor Adda wurde in Alexandria geboren und entstammte einer Bankiersfamilie, die bereits vor der napoleonischen Expedition von 1798 in Kairo ansässig gewesen war. Er übernahm das Familienunternehmen, die Eastern Export Company, und lebte zunächst unter dem Schutz des österreichisch-ungarischen Konsulats und nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs unter dem Schutz des griechischen Konsulats. Da Adda in einem italienischsprachigen Haushalt geboren, in einem französischsprachigen Internat in Genf erzogen und auf den Baumwollplantagen des griechischsprachigen Nildeltas ausgebildet worden war, beherrschte er Italienisch, Französisch und Englisch, aber auch Arabisch und etwas Griechisch. Seine Sprachkenntnisse ermöglichten es ihm, zahlreiche internationale Beziehungen aufzubauen. Obwohl sein Unternehmen nach dem Krieg von 1948 beschlagnahmt wurde, blieb er in Ägypten, bis er nach der Ausweisung der Juden aus dem Land 1956-57 nach Europa fliehen musste. 1965 starb er in Rom.

Alexandria war ein Zentrum für archäologische Sammler aus der italienischen und griechischen Bevölkerung. Ein berühmtes Beispiel dafür ist Antonis Benakis – der Baumwollhändler, dem wir das Benaki-Museum in Athen verdanken. Adda wurde Vizepräsident der Société d’Archéologie, die das von den Italienern 1892 gegründete griechisch-römische Museum leitete. Schon in Jugendtagen hatte ihn die Sammelleidenschaft gepackt, so dass er selbst eine bedeutende Münz- und Antiquitätensammlung anlegte.

Adda war sowohl im ägyptisch-jüdischen Bürgertum als auch in der europäischen Kunstwelt bekannt. Besuche in seinem Haus inspirierten andere Sammler wie Jean Claude Gandur. Das wird auch in diesem Zitat von einer seiner Töchter klar: „Die Sammlung war in Fachkreisen so bekannt und bewundert, dass selbst der italienische König Viktor Emanuel III., ein großer Münzsammler, während seines Exils in Alexandria den Wunsch äußerte, sie zu sehen, und von meinem Vater in unserem Haus empfangen wurde.“

Um 1960 verfasste Adda einen akribischen Katalog seiner Münzen. Der Katalog in französischer Sprache enthielt das Gewicht jeder Münze und ihre Beschreibung mit einem Verweis auf den Katalog von Henry Cohen (die mit Bleistift geschriebenen Preise im Katalog wurden später von Leo Mildenberg und Silvia Hurter von der Bank Leu vor der Christie’s -Auktion ergänzt). Leider gab Adda nie ihre Herkunft an – eine bedauerliche Tatsache, die typisch für seine Zeit ist und die Schwierigkeiten bei der Rückverfolgung von Antiquitäten veranschaulicht. Glücklicherweise konnten viele Provenienzen inzwischen ermittelt werden.

Seine erste Münze hatte er als Teenager erworben und er fuhr bis zu seinem Tod damit fort, weiter Münzen zu kaufen– einen Stater von Nektanebo II. erstand er beispielweise 1964 von Leo Mildenberg. Er erwarb auch viel aus lokalen ägyptischen Funden (und rettete die Münzen so vor einer wahrscheinlichen Einschmelzung), von internationalen Händlern (er war mit Mario de Ciccio befreundet, aber auch mit Cahn, Hirsch, Vinchon, Nahman und den Santamarias), und er erstand sogar Bosporus-Münzen von einem verarmten Sammler aus Russland. Er nahm zudem an diversen Auktionen teil (insbesondere Caruso 1923, Bement 1924, Trau 1935 und Sartiges 1938).

Seine große Münzsammlung, die 1011 Exemplare umfasste, enthielt eine außergewöhnliche Gruppe von ptolemäischen Gold- und Silbermünzen, darunter zahlreiche Ausgaben aus dem dritten Jahrhundert aus dem Benha-Hortfund von 1936. Neben 106 ägyptischen Münzen besaß Adda Münzen aus dem Delta-Hort, 28 griechische Münzen, 65 Bosporus-Statere, 38 byzantinische Goldmünzen und 761 römische Goldmünzen. Davon wurden etwa 510 römische und byzantinische Goldmünzen am 9. Oktober 1984 und am 8. Oktober 1985 bei Christie’s in London anonym als „The Property of a Lady“ versteigert. Einige spätrömische Münzen wurden in der Auktion 77 der Bank Leu am 11. Mai 2000 angeboten. Eine Gruppe von 75 Aurei, die sich noch in der Sammlung einer der Töchter des Sammlers, Giovanna ‚Jackie‘ Adda Coen, befand, wurde 2015 dem Israel Museum in Jerusalem angeboten. Laut Arturo Russo ist die Adda-Sammlung „eine der besten Sammlungen römisch-kaiserlicher Aurei, die je von einer Privatperson zusammengetragen wurde“.

Bibliografie:

  • Haim Gitler and Gil Gambach (eds), Faces of Power. Roman Gold Coins from the Victor A. Adda Collection, Formigine (MO) 2017.
  • Hadrien Rambach, “Provenance glossary”, in Numismatica Ars Classica, Auction 91: the George W. La Borde collection of Roman aurei – part I, Zurich, 23 May 2016, pp. [67]-[79].
  • Hadrien Rambach, “Provenance glossary”, in Numismatica Ars Classica, Auction 99: the George W. La Borde collection of Roman aurei – part II, Zurich, 29 May 2017, pp. 47-63.
  • Hadrien Rambach, “Provenance glossary”, in Numismatica Ars Classica, Auction 105: the George W. La Borde collection of Roman aurei – part III, Zurich, 9 May 2018, pp. 82-105.

 

Dieser Artikel wurde erstmals in einem Katalog des Auktionshauses Numismatica Ars Classica veröffentlicht.