9,36 Mio. Dollar: Warum die Brasher Doubloon die teuerste Goldmünze der Welt ist

Am 21. Januar 2021 erzielte die US-amerikanische Auktionsfirma Heritage mit 9,36 Mio. Dollar einen neuen Rekord für eine Brasher Doubloon. Damit übertrifft diese Ikone der US-amerikanischen Numismatik den bisherigen Rekordhalter, einen 1933 Double Eagle von 2002, bei weitem. Der hatte 2002 beeindruckende 7,59 Mio. Dollar gebracht und damit den Rekord rund zwölf Jahre lang gehalten.

Das ist natürlich alles sehr beeindruckend, aber solche Preise fallen nicht vom Himmel. Wir schauen uns die fünf Gründe an, warum ausgerechnet diese Brasher Doubloon zur teuersten Goldmünze der Welt wurde.

Grund 1: Die numismatische Bedeutung

Man kann es nicht bestreiten. Die Brasher Doubloon hat eine hohe numismatische Bedeutung, auch wenn es sich im eigentlichen Sinn nicht um eine staatliche Münze, sondern um einen privaten Barren in Münzform handelt. Verantwortlich dafür ist der New Yorker Silberschmied Ephraim Brasher (*1744, + vor dem 26. April 1828), über den es durchaus einiges zu wissen gibt. Am faszinierendsten finden viele, dass er ein gutes Jahr lang, nämlich 1789 bis 1790 neben George Washington wohnte, der im November 1792 – wie eine Rechnung belegt – vier silberne Spießlein von ihm kaufte. Ob man allein aus dieser Tatsache schließen kann, dass er ein „Freund“ von George Washington war, wie immer wieder zu lesen ist, bleibe dahingestellt.

1783 ritt George Washington triumphierend in New York ein (hier in einer Lithographie von E.P. & L. Restein, ca. 1838). Damals endete der Unabhängigkeitskrieg, die USA waren keine Kolonie mehr. Auch Ephraim Brasher hatte in dem Krieg mitgekämpft, lebte danach in der Nachbarschaft von George Washington und sollte bald Geld mit der (privaten) Münzprägung machen.

Immerhin wissen wir, dass Ephraim Brasher im Freiheitskrieg auf der Seite der Vereinigten Staaten kämpfte und nach Kriegsende öffentliche Ämter übernahm. Außerdem war er für die neu gegründete Münzstätte von Philadelphia als Edelmetallprüfer tätig, wovon Punzen mit seinen Initialen auf einigen bis heute erhaltenen Münzen zeugen.

Um zu verstehen, wie es zur Prägung der Brasher Doubloon kam, muss man sich zunächst eines klar machen: In den jungen Vereinigten Staaten von Amerika herrschte ein erheblicher Mangel an Bargeld. Das wussten alle. Ephraim Brasher muss – ähnlich wie es all die privaten Münzstätten taten, die während des kalifornischen Goldrausches Bullion Münzen prägten – überlegt haben, wie er aus diesem Mangel ein Geschäft machen könnte.

Diese 1786 „Lima Style Doubloon“ (NGC MS 61) erzielte in der Auktion einen Spitzenpreis mit 2,1 Millionen US-Dollar.

Deshalb probierte er herum, wie er die in den Vereinigten Staaten hauptsächlich kursierenden Goldmünzen der Spanier ersetzen könnte. Wir kennen diese spanischen Stücke aus Piratenfilmen, und zwar als Dublonen, also als das Doppelte der Peso de a ocho mit einem Gewicht von 16 „Talern“, in der amerikanischen Sprache verballhornt zu Dollars. Diese Münzen heißen heute „Lima Style Doubloons“ und wurden zwar früher geprägt als die Brasher Doubloons, teilen aber nicht ihren Bekanntheitsgrad.

Die Brasher New York Style Doubloons, zu denen unser Rekordstück gehört, wurden ein Jahr später entwickelt. Hier verarbeitete Brasher die wirklich geniale Idee, die Darstellung einer Seite an das Siegel der Vereinigten Staaten von Amerika anzulehnen. Damals noch kein Verbrechen – und voilà Numismatiker bezeichnen die Münze als die erste Goldmünze der Vereinigten Staaten. Was sie ganz sicher nicht ist. Aber es klingt einfach viel besser als zu sagen, dass das große Staatssiegel der Vereinigten Staaten ein Thema war, das sich für die Darstellung auf einer Münze hervorragend eignete.

Grund 2: Die vielen potentiellen Sammler

Das Auktionshaus Heritage hat für die Brasher Doubloon eine wunderbare Dokumentation erstellt, in der es alle bekannten Stücke mit Fotos vorstellt. Dem kann man entnehmen, dass es von dieser Münze insgesamt lediglich sieben Exemplare gibt, die sich bis heute erhalten haben. Das ist eigentlich nicht aufregend. Es gibt in der Numismatik viele Münzen, die noch wesentlich seltener sind und trotzdem für 100, 200 Euro gekauft werden können. Seltenheit ist nämlich relativ. Nehmen wir die Münzen der römischen Provinzen: In diesem Bereich trifft man ein Unikum nach dem anderen. Leider sind die Kunden für diese Unika genauso selten wie die Münzen selbst, so dass sich die Seltenheit nicht auf den Preis auswirkt.

Bei US-amerikanischen Münzen ist das ganz anders. Es gibt ein gigantisches Potential an Sammlern, so dass sieben Stück, von denen noch dazu zwei in Museumssammlungen liegen und ein weiteres als verschollen gilt, wirklich sehr wenig sind.

Der Film The Brasher Doubloon (1947), benannt nach der zentralen Münze, war ein ebenso großer Erfolg im Kino, wie Raymond Chandlers Romanvorlage The High Window es als Buch gewesen war.

Grund 3: The High Window und The Brasher Doubloon

Mal ehrlich: Kennen Sie außer der Brasher Doubloon noch eine andere Münze, die in einem Film die Titelrolle spielt? Noch dazu in einem Chandler-Film um den charismatischen Detektiv Philipp Marlow? Die bekanntere der beiden Verfilmungen mit George Montgomery und Nancy Guild kam am 6. Februar 1947 in die Kinos. Und seit damals gehört diese Münze zur Pop-Kultur. Bei den meisten Menschen klingelt etwas, wenn sie den Namen hören. Und dass Münzen, die in einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind, gerne höhere Preise bringen, ist wohl allgemein bekannt. Das reicht von den Ergebnissen für den „Tribute Penny“, wie ein Denar des Tiberius in den Vereinigten Staaten genannt wird, weil man ihn mit dem Neuen Testament in Verbindung bringen will, bis hin zu den Münzen des Pontius Pilatus. Beide Münztypen sind nicht unbedingt selten und im Verhältnis zu ihrer Häufigkeit deutlich überbezahlt. Und wir wundern uns jetzt sicher auch nicht, dass die teuerste römische Münze ausgerechnet der bekannte EID MAR Aureus ist.

Der Preis der Brasher Doubloon ist also auch und vielleicht sogar in erster Linie das Ergebnis einer hervorragenden PR-Kampagne, die Raymond Chandler für diese Münze gestartet hat.

Grund 4: Mehr Investoren als Sammler

Sind wir uns mal ehrlich, nicht jeder zaubert 9,36 Mio. Dollar aus der Portokasse. Münzen wie die Brasher Doubloon sind für den Normalsterblichen unerschwinglich. Und selbst die Superreichen werden es sich genau überlegen, ob sie für ein nettes Hobby 9,36 Mio. Dollar ausgeben oder sie doch lieber die einsame Insel im Pazifik kaufen.

Doch seit den 70er Jahren sind Münzen eben nicht mehr „nur“ Sammelobjekt, sondern eine Investition, die Rendite bringen soll. So erzählte es Jeff Sherid einem Webzine namens Robb Report anlässlich des Verkaufs einer Brasher Doubloon im Jahr 2015: „Die begehrte Münze hat nur wenige Male den Besitzer gewechselt, wobei ihr Wert mit jedem Verkauf exponentiell gestiegen ist. 1981 wurde sie für 625.000 Dollar, 2005 für 2,99 Millionen Dollar und 2011 für beeindruckende 7,4 Millionen Dollar verkauft. Der derzeitige Besitzer, ehemals ein hohes Tier an der Wall Street, hat die Brasher Doubloon 2015 durch PCAG Inc. in einem Privatkauf für einen unbekannten Betrag erworben. ‚Er sah die Münze als das, was sie war: eine gewaltige Geldanlage‘, sagt Sherid. ‚Wir wussten immer, dass er sie irgendwann verkaufen würde – er ist kein Sammler, sondern Anleger – und der Markt für seltene Raritäten boomt.‘ Die in Los Angeles ansässige Firma bietet die Münze derzeit privat zu einem Preis von 15 Millionen Dollar an, auch wenn Sherid der Meinung ist, sie könnte in Zukunft bis zu 100 Millionen Dollar bringen. Laut Angaben der Firma sind bereits einige ernsthafte Kaufanfragen eingegangen.“

Woran wohl die wenigsten Käufer denken, ist die Tatsache, dass Münzpreise nicht nur steigen, sondern auch fallen können. Wir müssen nur an die immensen Verluste denken, die die notorisch schlecht beratenen Hunt-Brüder mit ihrer Münzsammlung einfuhren. Zwar erreichen Münzen aus ihrer Sammlung immer mal wieder Rekordpreise, aber eben nicht im Jahr 1990, als die Sammlung verkauft wurde, sondern in Boomzeiten wie heute.

Die Angst vor einer Inflation befeuert die Investition in seltene Münzen – und damit die hohen Preise, die aktuell erzielt werden. Quelle: Mediamodifier auf Pixabay.

Grund 5: Covid-19 und die Angst vor der Inflation

Und damit sind wir beim letzten und wichtigsten Grund, warum diese Münze ausgerechnet jetzt einen Rekordpreis erzielt hat. Sie ist nicht die einzige. Im vergangenen Jahr gab es fast jede Woche einen neuen Preisrekord. Wir haben vor kurzem in einem Editorial erzählt, dass der bei Investoren äußerst beliebte britische Münztyp „Una and the Lion“ innerhalb eines Jahres gleich dreimal hintereinander mit einem neuen Rekordpreis zugeschlagen wurde. Und das gilt nicht nur für solche Investoren-Raritäten: 2020 wurde der teuerste deutsche Taler verkauft.

Nicht zu vergessen der teuerste Nürnberger Pfennig mit 310 Euro. Nicht aufregend? Nun, wir denken das Gegenteil. Es ist bemerkenswert, dass sogar bis hinunter zu den eigentlich preiswerten Münzen wie einem gut erhaltenen Nürnberger Pfennig Menschen auf einmal ein Vielfaches zahlen. Es zeigt, dass viele dabei sind, den Glauben an den Wert ihres Geldes zu verlieren. Kein Wunder bei den Milliarden, die weltweit in die Wirtschaft gepumpt werden, um die Folgen von Covid-19 gering zu halten …

Die Gründe, warum die Brasher Doubloon zur teuersten Goldmünze der Welt wurde, sind also vielfältig. Und wir werden es gespannt verfolgen, welchen Preis diese Münze erzielt, wenn sie das nächste Mal den Besitzer wechselt.

 

Wenn Sie gut englisch sprechen und sich für den historischen Hintergrund der Brasher Doubloon interessieren, empfehlen wir den Podcast der ANS.

Heritage hat die Geschichte des Objekts minutiös aufgearbeitet, natürlich immer unter dem Aspekt, die Attraktivität des Objekts zu erhöhen. Sie werden dort trotzdem jede Menge faszinierender Details um die Geschichte und den Preis der Brasher Doubloon finden.

Hubert Ruß hat für die MünzenWoche einen ausgezeichneten Artikel über Chancen und Risiken von Sammlermünzen als Wertanlage geschrieben, den wir Ihnen nur empfehlen können.

Und Last but not least können Sie sich den Film „The Brasher Doubloon“ noch einmal auf Youtube ansehen.

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