Vor oder hinter dem Brandenburger Tor: Wo stand die Mauer?

Stellen Sie sich vor, Sie stehen in Berlin am Brandenburger Tor und suchen nach dreißig Jahren den genauen Standort der Berliner Mauer. Als Numismatiker könnten Sie recht schnell einen falschen Ort vermuten, wenn Sie sich nach Münzen, Medaillen oder auch 0-Euro-Souvenirscheine orientieren wollten. Dort gestanden hat die Mauer auf alle Fälle, doch war sie nun vor oder stand sie hinter dem Brandenburger Tor? Antwort: Sie war natürlich hinter dem Tor! Aber Hand aufs Herz, hätten Sie es spontan gewusst?

Ein 0-Euro-Souvenirschein zeigt die Mauer in Westberlin. Foto: numiscontrol.

Berliner Mauer auf Wanderschaft

Betrachtet man den aktuell geplanten 0-Euro-Souvenirschein, welcher durch das bei den Touristen durchaus beliebte Berliner DDR-Museum ausgegeben werden soll, dann bekommt man den Standort geliefert, der garantiert NICHT stimmt. Nachdem dieser Fehler schon öfters auf Münzen und Medaillen vorkam, hat man die „Berliner Mauer“ schon wieder vor dem Brandenburger Tor platziert. Die Mauer nebst Grenze verlief aber hinter dem Tor, und zwar seit 1961. Das heißt im Klartext, die auf dem Schein künstlerisch nachempfundene Szenerie kann dort so gar nicht stattgefunden haben. Nimmt man es ganz genau, dann müsste man sogar sagen, dass es diese Bauart der Mauer gar nicht hinter dem Brandenburger Tor gegeben hat. Dort war die Mauer niedriger und hatte nicht den hier gezeigten abgerundeten Abschluss. Fakt ist: Wer auf der gezeigten Mauer stehen konnte, war ein Artist!

Diese Medaille der Berliner Münzstätte aus dem Jahr 2014 zeigt die Mauer ebenfalls am falschen Ort.

Im Osten ohne Graffiti

Zudem war die Mauer nur auf der Westseite mit Graffiti verziert, auf der Ostseite war sie fast immer weiß angestrichen, und es wurde sorgfältig darauf geachtet, dass es so blieb. Wer hätte sie auch bunt gestalten sollen? Man kam ja von der Ostseite nicht heran!

Es stellt sich damit die Frage, in welche Richtung und auf was die sich entschlossen an den Händen haltenden Menschen blicken? Wollen sie die Siegesgöttin Nike im zweirädrigen Streitwagen aufhalten? Soll der helle Halbkreis im Hintergrund die aufgehende Sonne sein oder geht diese gerade im Westen unter? Wir wissen es nicht!

Und so sah die Berliner Mauer wirklich am Brandenburger Tor aus – für alle, die das vergessen haben. Allerdings wurde dieses Foto am 1. Dezember 1989 gemacht: Die Ostberliner Seite war damals bereits offen zugänglich. Foto: SSGT F. Lee Corkran.

Künstlerische Freiheit versus ansprechendes Design

Es tut der Geschichte nicht gut, wenn solche Ungenauigkeiten unter dem Deckmantel der künstlerischen Freiheit toleriert und durchgewunken werden. Sollen geschichtliche Ereignisse dargestellt werden, ist zu viel künstlerische Freiheit fehl am Platze und darf nicht das Motiv bestimmen. Ein ausreichendes Fingerspitzengefühl ist bei allen Beteiligten wünschenswert. Man sollte sich als Betrachter immer mit dem Motiv auseinandersetzen können. Leider gab es in der Vergangenheit schon zu oft Münzen und Medaillen mit pseudohistorichen Blüten.

Fazit

Das es die Berliner Mauer schon dreißig Jahre nicht mehr gibt ist einfach „stark“. Doch dass ein DDR-Museum, gerade in Berlin, heute nicht mehr weiß, wo die Mauer stand ist wirklich „schwach“!

Unser Autor numiscontrol hat einen der meist angeklickten Beiträge der MünzenWoche verfasst: Unentdeckte Schätze bei Umlaufmünzen.

Und gerade musste er sich über die falsche Darstellung der Glienicker Brücke auf einem 0-Euro-Schein des Deutschen Spionagemuseums Berlin ärgern.

Etwas für Kenner ist auch sein Beitrag zu Geldautomaten und Geldkarten der DDR: Teil 1, 2 und 3.

Und über den Mauerfall hat RTL eine überaus emotionale Dokumentation bei Youtube eingestellt. Dort ist wenigstens die Mauser auf der richtigen Seite.

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