Geschichtsverfälschung beim 0-Euro-Schein eines Museums?

Der neue 0-Euro-Schein des Berliner Spionagemuseums weist einen entscheidenden historischen Fehler auf. Es ist eine Frage der Perspektive ...
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Schon wieder hat sich ein Fehler bei einem 0-Euro-Souvenirschein aus Berlin eingeschlichen. Erst vor wenigen Wochen berichtete ich von Nachlässigkeiten wie beim Schein mit der Siegessäule, der mit der falschen Aufschrift „SIEGESSAULE“ in den Druck ging und nach wie vor ausgegeben wird.

Nun handelt es sich um einen historischen Fehler, der von Touristen in die ganze Welt getragen wird. Betroffen ist die aktuelle Ausgabe des Berliner Museums „Deutsches Spionagemuseum – Glienicker Brücke – BRIDGE OF SPIES“.

Mir war der Fehler schon auf dem Musterschein aufgefallen, mit dem die neue Ausgabe beworben wurde. Daher suchte ich per E-Mail Kontakt zum Museum und wollte darauf aufmerksam machen. Leider nahm man mich wohl dort nicht ernst und antwortete erst gar nicht. Und nun kam es eben zum gedruckten Fehler.

Eine eindeutige Position: Von West nach Ost

Auf dem Schein wird die Glienicker Brücke dargestellt. Anhand der beiden erhalten gebliebenen steinernen Zentauren am gemauerten Brückenkopf ist ersichtlich, dass für die Grafik auf dem Schein eine Blickrichtung von Berlin (östlicher Brückenkopf) nach Potsdam (westlicher Brückenkopf) gewählt wurde.

Zudem ist am Sockel des Zentauren rechts auch die dort im Jahre 2012 angebrachte Gedenktafel aus Porzellan der Berliner KPM, sichtbar. Auch diese Tatsache beweist die gezeigte Blickrichtung.

Fakt und bekannt ist außerdem, dass es die beiden Brückenkopf-Zentauren nur auf der Berliner Seite gibt. Auf der Potsdamer Seite blieben nach dem Zweiten Weltkrieg dagegen nur die beiden Sockel erhalten und sind bis heute leer.

Ein historisches Foto enthüllt die historisch verfälschte Darstellung. Foto: Undogmatisch Berlin / CC BY-SA 4.0.

Die historische Grenze verschoben

Betrachtet man nun den Schein und vergleicht die Grafik mit älteren Fotos der Brücke, dann stellt man fest, dass das oben am Eisenfachwerk angebrachte Wappen der DDR vom Grafiker falsch platziert wurde.

Das Wappen befand sich damals in Wirklichkeit auf dem Gebiet der DDR und somit aus der hier gewählten Perspektive am hinteren Feld. Historische Fotos beweisen das ebenfalls. Vermutlich hat der Grafiker nun das Wappen zur besseren Sichtbarkeit einfach nach vorne gerückt. Doch was hat er damit getan? Das Schild wanderte nun aus der DDR nach Westberlin! Es handelt sich hier um keinen Fehldruck, sondern um einen Fehler, der bewusst in Kauf genommen wurde und vor dem Druck auf die Druckplatte kam!

Die Grenze selbst verlief damals genau auf der Mitte der Brücke und war mit einer weißen Linie markiert. Auf dem 0-Euro-Schein ist das Schild mit dem Wappen der DDR nun eindeutig auf der damaligen Westberliner Seite platziert worden, was historisch völlig falsch ist. Wer hätte es dort auch anbringen sollen? Dazu hätte man ja die Grenze in Richtung Westberlin um viele Meter überschreiten müssen. Außerdem hätte es garantiert vom Westberliner Senat und den Alliierten Proteste gegeben.

Gott sei Dank ist dieses Kapitel der deutschen Teilung vorbei, doch wie sensibel gehen wir heute damit um? Gerade diese Brücke wurde zum Symbol für Spionage, Kalten Krieg und Agentenaustausch und ist ein fester Bestandteil der deutschen Geschichte.

Das Ende der Geschichte – was geben wir weiter?

Numismatische Ausgaben – ob Münzen, Medaillen, Banknoten oder Souvenirscheine für Touristen – sind schon immer Zeitzeugen der Geschichte gewesen. Was geben wir aber heute an unsere Nachkommen weiter, wenn immer wieder solche Pannen passieren? Müssen wir nicht gerade hier mit großer Genauigkeit vorgehen, um möglichst viele Details für die Nachwelt zu erhalten?

Fehler auf numismatischen Ausgaben sind nicht nur peinlich, sondern sie verfälschen zudem, ob gewollt oder ungewollt, die Geschichte! Sind sich Gestalter und Herausgeber dessen immer bewusst?

Mehr über das Deutsche Spionagemuseum finden Sie auf dessen Website.

2018 führte numiscontrol in das relativ junge Sammelgebiet der 0-Euro-Scheine ein.

Außerdem hat unser Experte numiscontrol zwei Kataloge zu 0-Euro-Scheinen vorgestellt, einen aus dem Haus Battenberg Gietl und den Mattes Sammlerkatalog.