mit freundlicher Genehmigung von Barbara Balz / World Money Fair
Wie die Berliner Münzstätte die ersten Münzen mit dem Porträt Ohm Krügers prägte
1892 machte ein Witz in ganz Südafrika die Runde. Der neuen Münzen waren endlich in Umlauf gesetzt worden. Sie zeigten auf der Vorderseite den Präsidenten des Landes, Stephanus Johannes Paulus Krüger, besser bekannt als Oom Paul oder Ohm Krüger (Oom steht in der Sprache Afrikaans für Onkel). Der stellte sich gerade einer Wahl und hatte gehofft, durch die Münzen zusätzliche Unterstützung zu aktivieren. Und nun hatte doch irgend so ein Frechdachs, auf jede Münze das Wort OS unter das Porträt Krügers geschrieben, zu Deutsch Hornochse. Wie konnte es zu so einer Beleidigung kommen?
Die Wurzeln der Burenrepublik
Gehen wir dafür weit zurück in die Vergangenheit, an die Wurzeln der Zuid Afrikaanschen Republik, ans Kap der Guten Hoffnung. Dort hatten sich erste holländische Siedler bereits Mitte des 17. Jahrhunderts niedergelassen. Sie waren strenge Kalvinisten, die an den göttlichen Auftrag glaubten und daran, daß ihre harte Arbeit und ihr Erfolg sie als geliebte Kinder Gottes legitimierten. Für die Schwarzen, die da vor ihnen im Land gelebt hatten, hegten sie nur Verachtung. Schließlich waren diese „Wilden“ nicht bereit, die Arbeitsmoral der Buren zu übernehmen. Das konnte doch nur der Beweis dafür sein, daß Gott sie als geborene Diener der Weißen geschaffen hatte.
Der große Treck – Buren vor ihrem Wagen. Quelle: Wikipedia.
Viele Europäer glaubten das damals. Doch in manchen Ländern änderte sich die Einstellung (meistens nicht aus moralischen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen). So auch in Großbritannien, das seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts die Herrschaft am Kap übernommen hatte. Die Abschaffung der Sklaverei wurde zusammen mit dem Gefühl, einer Unterdrückung durch den englischen Staat ausgesetzt zu sein, für viele Buren zum Grund, dem Land am Kap den Rücken zuzuwenden, um im großen Treck in ein gelobtes Land weit im Norden zu ziehen.
Unter ihnen war ein zehnjähriger Bub namens Paul Krüger. Den Namen hatte er von einem Berliner Vorfahren, der im Jahr 1713 als Söldner der holländischen Ostindien Kompanie ins Land gekommen war. Aber sonst war er ein typisches Kind der Buren, das am Rande der Zivilisation gelernt hatte zu überleben.
Überleben bedeutete nicht nur die harte Arbeit fürs tägliche Brot, sondern auch den Kampf gegen die Ureinwohner des Landes, die Ndebele. Krüger war dabei begabt. Er tat sich als Organisator und Kommandant hervor, so daß er im Jahr 1864 zum Generalkommandanten der burischen Truppen der 1839 gegründeten Republik Transvaal gewählt wurde.
Paul Krüger als Präsident der Südafrikanischen Republik, Foto von 1898.
1871 entdeckte Johannes Nicolaas de Beer einen Diamanten auf seiner Farm in Transvaal und löste damit den gewaltigsten Diamantenrush der Weltgeschichte aus. 1877 versuchten die Briten Transvaal zu annektieren. Sie wurden zurückgeschlagen, mußten Transvaal im Jahr 1881 die Unabhängigkeit zusichern und Paul Krüger wurde 1883 zum ersten Präsidenten des neuen Burenstaates gewählt.
Gold am Witwatersrand
Mitte der 90er Jahre stellte sich heraus, daß Zuid Afrikaansche Republik auf gewaltigen Goldvorräten saß. Diese lagen am Witwatersrand. Sie gaben Präsident Krüger die finanziellen Möglichkeiten, eine Münzprägung zu initiieren. Auf seinen Antrag hin erließ der Volksraad ein Gesetz, das holländischen, deutschen und britischen Investoren die Möglichkeit gab, eine Nationalbank für Transvaal zu gründen. Gleichzeitig wurde festgelegt, daß das südafrikanische Geld sich hinsichtlich Nominalen, Aussehen, Feingehalt und Gewicht am britischen Vorbild orientieren sollte. Da das Land damals über keine Münzstätte verfügte, entschloß man sich, die ersten Zuidafrikaansche Ponde in Berlin prägen zu lassen, um sie noch vor der anstehenden Präsidentenwahl in Umlauf zu bringen (Abb. 3-5).
Abb. 3: Zuid Afrikaansche Republik. Paul Krüger, 1883-1902. 1 Pond in Gold.
Abb. 4: Zuid Afrikaansche Republik. Paul Krüger, 1883-1902. 2 Shillings in Silber.
Abb. 5: Zuid Afrikaansche Republik. Paul Krüger, 1883-1902. 1 Penny in Bronze.
Ein kapitaler Fehler
Doch diese eigentlich gute Idee erwies sich als Bumerang. Otto Schultz, Stempelschneider an der Münze Berlin und verantwortlich für die Gestaltung des Münzbildes, machte bei seinem Entwurf einen kapitalen Fehler – und das ohne schlechtes Gewissen. Wie in Europa üblich, kennzeichnete er das Porträt Krügers mit seinen Initialen O.S. (Abb. 6, 8). Schultz war sich dabei natürlich nicht bewußt, daß das Wort „os“ in Afrikaans Ochse oder Dummkopf bedeutet.
Das war natürlich keine gute Wahlkampfreklame für Ohm Krüger. Die Gegner des Präsidenten machten sich den Irrtum des deutschen Stempelschneiders zu Nutze und ihren Wahlkampfkonkurrenten so lächerlich, daß Ohm Krüger beinahe nicht mehr gewählt worden wäre. – Natürlich wurde der Fehler des deutschen Stempelschneiders schnell ausgebügelt und in einer zweiten Emission die Signatur O.S. entfernt. Nur wenige Sammlerexemplare dieser ersten Emission blieben bis heute erhalten.
Es hatte sich übrigens noch ein zweiter Fehler auf diesem ersten Krügerpond eingeschlichen (Abb. 7). Statt der südafrikanischen Form der Treckerwägen mit einer Deichsel und wesentlich größeren Hinterrädern hatte Schultz einen europäischen Wagen mit Doppeldeichsel und vier gleich großen Rädern gestaltet.
Abb. 6: Zuid Afrikaansche Republik. Paul Krüger, 1883-1902. 1 Pond. (Vergrößerung)
Abb. 7: Ausschnitt von der Rückseite zweier 1 Pond-Münzen von 1892 und 1894.
Wiederbelebte Kontakte zwischen der Münzstätte Berlin und Südafrika
2006, anläßlich der Berliner World Money Fair, trafen sich Vertreter der Münzstätten von Pretoria und Berlin. Klar, daß sie sich über ihre alte Verbindung unterhielten. So entstand die Idee, in Berlin einen Krügerrand zu prägen. Der unterscheidet sich durch das Münzzeichen, den Kopf des Berliner Bären und Logo der Berliner Münzstätte.
2010 wird diese Prägung wiederholt.
Darüber hinaus stellt das Berliner Münzkabinett während der World Money Fair Originalprägewerkzeuge der Berliner Münzstätte für die südafrikanischen Münzen aus. Es handelt sich um die Matrizen für die 5-Shilling-Stücke. Die schlechte Erhaltung geht auf einen Bombentreffer zurück, der am 23. März 1944 den Tresor der Münzstätte von Berlin traf. Der Brand wurde durch die Flutung des Tresorraums gelöscht, was an den Stempeln Korrosionsschäden verursachte.
Siehe auch http://www.smb.museum/ikmk/object.php?id=18217705 und http://www.smb.museum/ikmk/object.php?id=18216332.
Abb. 8: Krügerrand 2006, geprägt in Berlin mit Münzzeichen Berliner Bär – 2010 wird diese Prägung wiederholt.
Das Ende der Zuid Afrikaansche Republik
Zurück zu den Goldfunden vom Witwatersrand in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Sie hatten das Interesse der Engländer am Transvaal erneut erregt. Cecil Rhodes, der seit 1890 Premierminister der britischen Kapkolonie war, stachelte die britischen Einwanderer, die sich in der Zuid Afrikaanschen Republik niedergelassen hatten, auf, sich gegen die Regierung unter Krüger zu erheben. Um sie zu unterstützen, schickte er ein 600 Mann starkes Heer. Damit hatte Rhodes seine Möglichkeiten überschätzt. Seine Männer wurde zurückgeschlagen, die rebellierenden „Uitlanders“ (= Ausländer) gefangen genommen, zum Teil getötet. Rhodes mußte 1896 seinen Posten als Premierminister räumen.
Leider waren die Goldfunde am Witwatersrand zu groß, um die Begehrlichkeit Englands so schnell erlöschen zu lassen, schon 1899 erhielt Krüger ein neues Ultimatum, diesmal von der englischen Regierung, das ihn aufforderte allen Ausländern in seiner Republik sofort das Wahlrecht zuzugestehen. Daraufhin erklärte Krüger am 11. Oktober 1899 Großbritannien den Krieg. Ein Fehler, wie sich bald herausstellen sollte.
Die englische Regierung wartete natürlich mit ganz anderen Ressourcen auf als ein Cecil Rhodes es in einer Privatfehde hatte tun können. Krüger realisierte, daß er Hilfe brauchen würde, und so reiste er 1900 nach Europa, um in Holland und Deutschland um Unterstützung zu werben. Aber weder die niederländische Königin noch der deutsche Kaiser fanden es der Mühe wert, sich wegen der Buren mit England anzulegen. Krüger resignierte. Er blieb in Europa und starb bereits 1902 in seinem Schweizer Exil Clarens.
Die Buren verloren den Krieg gegen England, doch auch England hatte die Situation falsch eingeschätzt. Sie mußten bald einsehen, daß sie die Wirtschaft alleine, ohne die Hilfe der Buren, nicht am Laufen halten konnten. Also kam man den stolzen Buren entgegen, gab ihnen politische Gleichberechtigung in der gerade eingeführten Demokratie. Damit konnten die Buren ihre numerische Übermacht dazu nutzten, die Politik Südafrikas nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten.