Chinesische Geldgeschichte 3 – China erfindet das Papiergeld

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China rühmt sich zu recht einer langen Geschichte. Eindrucksvoll bezeugt dies die chinesische Geldtradition, die einen ganz anderen Weg genommen hat als unsere westliche. Im dritten Teil geht es um die Erfindung des Papiergeldes und die Einführung einer Münzprägung nach westlichem Muster.

Wenn es gleichgültig ist, welches Gewicht eine Münze hat und aus welchem Metall sie besteht, wenn es ausschließlich auf ihren Nennwert ankommt, dann ist der Schritt von der realen Münze zur Buchwährung nicht weit. Tatsächlich erfanden die chinesischen Kaufleute bereits um die Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert, also gute 300 Jahre vor ihren westlichen Kollegen, den Wechsel. Dieser beruht auf der Idee, eine bestimmte Summe bei der heimischen Kaufmannsgilde zu hinterlegen, um dafür einen Beleg zu erhalten, den man bei der Kaufmannsgilde einer anderen Stadt wieder einlöste. Die ausgezahlten Beträge verrechneten die Kaufmannsgilden untereinander und sparten sich so den umständlichen und gefährlichen Transport von Bargeld.
Bereits 841 verbot die Regierung diese Praxis. Sie wollte selbst das Monopol, Geldscheine auszugeben. Schließlich war dies die einfachste Form der Wertschöpfung. So entstand unter Kaiser Zhenzong (997-1022) das erste staatliche Papiergeld der Welt. Er ließ Noten drucken im Wert von 1 bis 10 „guan“ (= Schnüre), die 1.000 bzw. 10.000 Käsch entsprachen. Ausgezahlt wurde bei der Einlösung aber nur ein Teil davon. Ein „guan jiaozi“ (= offizieller Schein), dessen Nominalwert bei einem „guan“ (= Schnur, also 1.000 Käsch) lag, wurde mit 770 Käsch eingelöst.

China. Ming-Dynastie. Kaiser Tai Zu (1368-1398), Banknote zu 1000 Käsch. Deutlich erkennbar ist der Wert dieser Banknote durch die darauf abgebildeten 10 Geldschnüre mit je 100 Käsch. © MoneyMuseum, Zürich.

Natürlich funktionierte auch in China dieses Zahlungsmittel nur, wenn eine wirtschaftlich starke Regierung dahinter stand. Während die Käsch, gleich welchen Prägedatums, nebeneinander kursierten, unterlag das staatliche Papiergeld der Inflation und Rückrufen.

Papier und Silber
Mehr als 100 Millionen Menschen hatten die Mongolen unter Dschingis Khan unterworfen. Zu ihrem Reich gehörten nicht nur Teile von China, sondern auch der Nahe Osten, der Balkan, Russland und Armenien. In all diesen Ländern herrschte eine andere Geldtradition als im Reich der Mitte. Dort gab es keine Fiat-Währungen, sondern Münzen, deren Nominalwert mit ihrem intrinsischen Wert identisch war. Kein Wunder, dass den Mongolen die „wertlosen“ Käsch-Münzen keine geeignete Basis für eine gesunde Wirtschaft schienen.

Kubilai Khan (1260-1294).

So nahm Kubilai Khan (1260-1294) gleich nach seiner Thronbesteigung im Jahr 1260 eine umfassende Währungsreform in Angriff, während der das chinesische Währungssystem mit dem Silberpreis gekoppelt wurde. Er ließ zwei Sorten von Papiergeld drucken: den „jiaochao“ und den „Zhong Tong yuan-bao jiaochao“. Ersterer basierte auf einer Seidenreserve in den kaiserlichen Schatzkammern. Dort konnte man einen „jiaochao“ im Wert von 1.000 liang in 50 Silber-liang bzw. 1,950 Kilo Silber eintauschen. Der „Zhong Tong yuanbao“ (= bedeutende Note der Zhong Dynastie) wurde in Käsch ausgestellt und war durch eine Silberreserve gedeckt (1.000 Käsch entsprachen 39 g Silber).
Während die „jiaochao“ sehr schnell aus dem Zahlungsverkehr verschwanden, wurde der „Zhong Tong yuanbao“ zu einer der stabilsten Papierwährungen, die je in China zirkulierten – von ihr berichtete der Reisende Marco Polo voller Staunen: „Wenn diese Papiere so lange im Umlauf waren, dass sie zerrissen und zerlumpt aussahen, dann brachte man sie zur Münzstätte und wechselte sie in neue, frische Scheine und zahlte dafür eine Gebühr von 3 %. Wenn ein Mann Gold oder Silber kaufen will, um daraus ein Tischservice zu machen oder einen Gürtel oder anderen Schmuck, dann geht er mit einigen Papieren zur Münzstätte des Khans und gibt sie als Bezahlung für das Gold und das Silber, das er vom Münzmeister kauft. Die gesamte Armee des Khans wird mit dieser Art Geld bezahlt.“

China. Qing-Dynastie (1644-1911), Silberbarren zu 10 Liang. © MoneyMuseum, Zürich.

Wenn eine Papierwährung sich auf eine Silbereinheit bezieht, ist es kein weiter Schritt, diese Silbereinheit auch real herzustellen. Allerdings wurde dieser Schritt in China nicht vom Staat, sondern von der privaten Wirtschaft vollzogen.
Bereits zur Zeit der Tang-Dynastie (618-907) hatten die Händlergilden und der chinesische Staat Silberbarren hergestellt und als Kapitalreserve benutzt. Silberbarren wurden von der chinesischen Regierung als Mittel zur Steuerzahlung akzeptiert, kein Wunder, dass die Herstellung dieser Barren strengen Gesetzen unterlag: Jeder einzelne Barren musste von seinem Auftraggeber und seinem Hersteller namentlich gezeichnet sein, das Jahr und der Ort seiner Produktion wurde vermerkt. Nur so konnte die Regierung, sollte die Qualität oder das Gewicht eines Barrens bemängelt werden, die Schuldigen bestrafen.
Noch 1834 konnte J. R. Morrison in seinem „China Commercial Guide“ folgendes schreiben: „Das veredelte Silber wird in Barren gegossen und mit den Namen des Bankiers und des Produzenten gestempelt, mit dem Jahr und dem Distrikt, in dem es gegossen wurde, und manchmal mit der Art der Steuer, die man damit zahlen wollte. Sollte irgendeine Täuschung danach entdeckt werden, gleichgültig in welchem Zeitabstand, ist der Hersteller strengster Bestrafung unterworfen.“

Der Westen nimmt Einfluß
Seit dem 16. Jahrhundert versuchten westliche Kaufleute, Handelsverbindungen mit China aufzubauen. Zu verführerisch waren die Waren, die seit Jahrhunderten in relativ geringen Mengen über die Seidenstraße transportiert worden waren.

Chinoiserie: Landschaft mit Mandarinenbaum. Vicenza. Fresko von Giovanni Domenico Tiepolo 1757. Quelle: Wikipedia / The Yorck Project.

Da gab es den Tee, der sich spätestens seit dem 17. Jahrhundert in England zu einem Modegetränk entwickelte. Dann natürlich die Seide und all die anderen kostbaren Objekte, die europäische Handwerker mit mehr oder weniger Geschick nachzuahmen versuchten.

Spanien. Real de a ocho von 1808 mit chinesischen Gegenstempeln. © MoneyMuseum, Zürich.

Europa hatte dagegen nichts, was die Chinesen wirklich brauchten. So verlangten sie Silber für ihre Waren. Vor allem spanische Münzen zirkulierten als eine Art „Minibarren“ in China.
Die Spanier hatten bereits 1564 auf den Philippinen Fuß gefasst. Über ihren wichtigsten Stützpunkt Manila importierten sie das Silber aus Mexiko und den Anden in Form von 4 und 8 Reales-Münzen nach China, um dort die begehrten Luxusartikel zu erhalten. Die 8 Reales-Münzen waren in China besonders beliebt, da ihr durchschnittlicher Feingehalt von 935/1000 dem chinesischen Standard „wenyin“ (937/1000) nahezu entsprach.
So wurden die spanischen Münzen unter der chinesischen Bezeichnung „benyang“ (= Standard-Piaster) eine häufige Erscheinung im chinesischen Wirtschaftsleben. Die Kaufleute verwendeten sie, nicht ohne sie vorher geprüft und mit einem Gegenstempel versehen zu haben. Ja, es existierten sogar chinesische Handbücher, in denen all diese fremden Münzen in groben Zeichnungen abgebildet und mit Informationen zu Sollgewicht und Silbergehalt versehen waren.

Während des Niedergangs der chinesischen Zentralregierung, als diese ihre Beamten nur noch in Geldscheinen bezahlte, die nicht mehr in Silber konvertierbar waren, begannen einige private Unternehmen, ihre eigenen Dollars herzustellen, natürlich völlig inoffiziell, nichtsdestotrotz durchaus geduldet.
So schreibt J. P. Morrison in seinem Buch über die chinesischen Handelswährungen im Jahr 1844: „Im Distrikt Shunteh, im Süden von Kanton, soll ein sehr großes Unternehmen existieren, wo unglaubliche einhundert Arbeiter regelmäßig angestellt werden. Dollars werden dort in allen Wertstufen produziert. … Diese Falschmünzer sollen europäische Stempel besitzen, die mit hohen Kosten eingeführt wurden, aber manchmal versuchen sie sich an Imitationen, an denen die falsch ausgeführten Legenden das europäische Auge nicht täuschen können. Wie auch immer, ihre Dollars sind so weit verbreitet im Umlauf, dass man die Männer aus diesem Distrikt sehr häufig als Geldwechsler wählt.“

Die ersten chinesischen Münzen
Solange sich die spanische Regierung keine Gedanken machen musste über die Menge von Silber, die zum Erwerb von Luxuswaren außer Landes floss, blieb China ein zufriedener Handelspartner, der gerne seine Produkte gegen Edelmetall tauschte. Doch die englischen Politiker sahen den Chinahandel mit anderen Augen. Ihnen missfiel, dass der Westen anscheinend nichts zu bieten hatte, was der chinesische Käufer begehrte. Im ganzen britischen Weltreich suchte man nun nach einem Produkt, das man in China vermarkten konnte. Die Wahl fiel auf das indische Opium, das den Vorteil hatte, dass derjenige, der es ein einige Male genossen hatte, danach süchtig wurde und die hohen Preise dafür zu zahlen bereit war. Tausende ruinierten sich in den Opiumhöhlen von Shanghai – und die chinesische Regierung entschloss sich, dem einen Riegel vorzuschieben. Sie wollte den Opiumhandel verbieten. Aber da stieß sie bei den Importeuren auf Granit.

Das britische Schiff HMS Nemesis zerstört chinesische Dschunken zu Beginn des 1. Opiumkrieges (1839-1842). Gemälde von E. Duncan, 1843. Quelle: Wikipedia.

Im ersten und zweiten Opiumkrieg zwang die britische Marine China, das Opium zu legalisieren. So konnten die Engländer ihren profitablen Dreieckshandel fortsetzen: Sie brachten billige Baumwollgewebe nach Indien, tauschten diese gegen Opium, um dafür in China den in England so begehrten Tee einzuhandeln.
Mit den Opiumkriegen hatten die Briten ihren Einfluss auf den chinesischen Kaiserhof durchgesetzt. Kein Wunder, dass man ihnen auch folgte, als sie immer stärkeren Druck ausübten, man möge in China eine Währung nach westlichem Vorbild einführen.

China. Quing-Dynastie. Kaiser Puyi (1875-1908), Drachendollar 1889. Eine der ersten chinesischen Münzen im „westlichen“ Stil – aber noch ohne Porträt. © MoneyMuseum, Zürich.

Unter Puyi, dem letzten Kaiser, wurden die ersten Münzen im westlichen Stil geprägt. Dies geschah nach 1889, als in Kanton eine Münzstätte mit Prägemaschinen aus Birmingham und Göppingen eingerichtet wurde. Dort wurden Dollars, halbe Dollars, 20-, 10- und 5-Cent-Münzen hergestellt, die allerdings nicht als neue Währung in China fungierten, sondern nur eine zusätzliche neben den vielen ausländischen darstellte.
Aber damit hatte China den Schritt ins westliche Währungssystem gemacht. Heute ist das Land völlig integriert. Münzen und Scheine nach westlichem Vorbild, Kreditkarten und Bankkonten, ja, selbst das menschliche Porträt, das erst mit Sun Yat-sen (1866-1925), dem ersten Präsidenten der Republik China, Eingang in die chinesische Münzprägung fand, ist kein Tabu mehr.

Zahlreiche Beispiele aus der chinesischen Münzgeschichte finden Sie informativ vorgestellt auf der Seite des MoneyMuseums.

Viele dieser Objekte im Moneymuseum entstammen der Sammlung Kuhn.

Einen Artikel über eine der ersten chinesischen Münzen nach westlichem Vorbild finden Sie – natürlich in der MünzenWoche. Klicken Sie dafür hier.

Alle Teile dieser Serie finden Sie hier.

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