Neben dem Gründer der Jesuiten, dem hl. Ignatius von Loyola, ist wohl der hl. Karl Borromäus der Heilige, der am häufigsten genannt wird, wenn es um die vorbildliche Umsetzung der Kirchenreform nach dem Trientiner Konzil geht. Wir erzählen seine Geschichte im Spiegel der numismatischen Zeugnisse.
Statue des hl. Karl Borromäus in Arona, von Gabriel Lory (1784-1846). Schweizerische Nationalbibliothek, GS-GUGE-LORY-A-12.
Ein nützlicher Heiliger
Am 3. November 1584 starb Karl Borromäus. Sofort bemächtigten sich die verschiedenen Parteien seines Namens. Der Papst rühmte ihn wegen seiner Loyalität gegenüber dem Stuhl Petri. Den Bischöfen galt er als Vorkämpfer der Kirchenreform. Dem Volk blieb er als unerschütterlicher Seelenhirte in Erinnerung. Und die Borromäi taten ein übriges dazu, um das Andenken an ihn zu pflegen. Von ihnen und ihren Verwandten waren genügend Männer in der kirchlichen Hierarchie aufgestiegen, um die Heiligsprechung eines Borromäus zu betreiben.
Vor allem Karls Cousin, Federico Borromeo, der im 1595 als Erzbischof von Mailand folgte, tat alles, um sein Andenken zu pflegen. Er ließ nördlich von Arona auf einem 14 m hohen Granitsockel die 23 m hohe Kolossalstatue von Karl Borromäus errichten. Bei ihrer Fertigstellung im Jahr 1697 war sie die größte, innen begehbare Statue der Welt. Sie blieb es, bis die Freiheitsstatue sie im Jahr 1886 ablöste. Es war also nicht überraschend, dass die Heiligsprechung Karls bereits im Jahr 1610 erfolgte.
Deckengemälde der Karlskirche in Wien. Dargestellt ist der hl. Karl Borromäus in der Mitte im roten Kardinalsgewand. Hinter ihm die Jungfrau Maria, ihn ihrem Sohn, Gottvater und dem hl. Geist empfehlend. Foto: UK.
Die Heiligen der Gegenreformation
1588 wurde die Ritenkongregation gegründet, der auch der Prozess der Kanonisierung katholischer Heiliger anvertraut wurde. Das neue Papsttum setzte kein Vertrauen in die Heiligenkulte des einfachen Volks.
In Rom wollte man nicht nur die Liturgie und die Lehre zentralistisch kontrollieren, sondern auch zu wem die einfachen Menschen beteten. So ist es also durchaus ein interessanter Hinweis auf die Selbstdarstellung der Kirche, wer in der Epoche der Gegenreformation zur Ehre der Altäre erhoben wurde.
Carl Emanuel I. von Savoyen (1580-1630). 9 Fiorini 1614, Turin. Rv. Der hl. Karl Borromäus. – Carl Emanuel ließ Münzen zu Ehren des hl. Karl Borromäus zu prägen, den er während einer Reise des Erzbischofs nach Turin noch persönlich kennengelernt hatte. Aus Auktion Astarte 22 (2010), 414.
Karl Borromäus war der erste der neuen Heiligen.
Medaille von Giuseppe Vismara von 1680 auf Karl Borromäus und Philipp Neri. Aus Auktion NAC 53 (2009), 669.
Philipp Neri war der andere große Reformator, der in einer zweiten Heiligsprechung zusammen mit Ignatius von Loyola, Franz Xaver, Theresa von Avila und Isidor von Sevilla am 12. März 1622 heilig gesprochen wurde. Seine Leistungen waren bei den Zeitgenossen unumstritten. So machte man gerne folgenden Scherz über diese Gemeinschaftskanonisation: Gregor XV. hätte vier Spanier und einen Heiligen zur Ehre der Altäre erhoben.
Kannte Goethe ihn noch als seinen Lieblingsheiligen, ist dieser Vertreter der Gegenreformation bei uns weitgehend unbekannt. Neri kümmerte sich um die Rompilger und machte die Wallfahrt zu den sieben römischen Pilgerkirchen allgemein bekannt. Als beliebter Volksheiliger, über den man unzählige Anekdoten zu berichten wusste, wurde der „Apostel von Rom“ und Gründer der Kongregation vom Oratorium zur menschlichen Version eines Priesters der Gegenreformation. Insgesamt wurden zwischen 1540 und 1770 27 Männer und 5 Frauen kanonisiert. Der größte Teil von ihnen kam aus Italien (18) und Spanien (14). Alle ohne Ausnahme waren Angehörige des Klerus, die meisten (19) waren Mitglieder der neuen Orden.
Personifikation des Glaubens (mit Kelch und Patene), das Böse in die Hölle verbannend. Wo Karl Borromäus ist, ist der Sieg über die böse Gegenreformation nicht weit. Die unheiligen Bücher werden zusätzlich von einem Engel mit einer Fackel in Brand gesetzt. Foto: UK.
Vor allem die Stifter der Reformorden und ihre Helfer sowie die Reformer der alten Orden wurden heilig gesprochen. Daneben natürlich auch ein paar Missionare, die im Auftrag der neuen Orden fernen Völkern das Wort Christi verkündeten. Nicht zu vergessen die Mystiker und Mystikerinnen.
Märtyrer und Helfer der Armen dagegen brauchte man unter den neuen Heiligen keine. Von ihnen gab es auch so schon genug. In Rom und vielen anderen Städten entdeckte man die Katakomben als unerschöpfliche Quelle für Reliquien, indem man die darin gefundenen Skelette als Überreste der im römischen Reich verfolgten Christen deutete.
Mit ihnen gemeinsam würden die Heiligen der Reformation nicht nur auf die Auferstehung warten, sondern an der Seite der lebenden Katholiken gegen Protestanten, Reformierte und Kalvinisten kämpfen. So weit zumindest die päpstliche Propaganda.
Paul V., 1605-1621. Bronzemedaille 1612. Rv. Karl Borromäus auf Wolken sitzend, segnet die ihm geweihte Kirche San Carlo in Rom. Aus Slg. Jaggi, Gorny & Mosch 226 (2014), Nr. 3428.
Ein frommer Mann
So wurde aus dem päpstlichen Nepoten und Querdenker Karl Borromäus, der vielen seiner Zeitgenossen unbequem und unsympathisch gewesen sein mag, jener fromme Mann der Hagiographien, der keine Zweifel auf dem Weg zu seinem Ziel kannte.
Den ersten beiden Teile finden Sie im Archiv: Teil 1 und Teil 2.