mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich
Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.
Franz I., König von Frankreich (1515-1547). Teston, Lyon, 1543-1547. Gepanzerte Büste des Königs mit Krone von vorne, den Kopf n. r. gewandt. Rs. Gekröntes Lilienwappen. © MoneyMuseum, Zürich.
„Nicht unser, sondern Dein sei die Ehre, o Herr“, so lautet sinngemäß das Motto, das Franz I., König von Frankreich, auf der Rückseite unserer hier abgebildeten Münze zitiert.
Genau wie die Umschrift der Vorderseite, die darauf verweist, dass Franz I. von Gottes Gnaden König über die Franzosen war, scheint das Motto den treuen Glauben des französischen Herrschers an den christlichen Gott zu verkünden. Und doch war Franz der Erste, der die Einheit der Christen im Kampf gegen die Türken aufspaltete, der erste „moderne“ Politiker, dem nationale Belange mehr bedeuteten als religiöse Gegensätze.
François Clouet, Reiterbild Franz‘ I., 1540. Quelle: Wikicommons.
Vom heutigen Standpunkt aus ist seine Politik logisch. Frankreich war von den Ländern der Habsburger praktisch eingeschlossen: Im Südwesten saß Karl V. als König von Spanien, im Norden als Herzog der Niederlande, im Osten als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und im Süden als König beider Sizilien. Dies war ein Trauma für den ehrgeizigen Franz. Er musste sich mächtige Verbündete suchen, um aus der Umklammerung auszubrechen.
Süleyman I., genannt der Prächtige, Sultan des Osmanischen Reichs, um 1530. Quelle: Wikicommons.
Nur ein großer Herrscher kam dafür in Frage, und der saß im Morgenland: Süleyman der Prächtige. Dieser hatte seine eigenen Probleme mit den Habsburgern. Nach der Schlacht von Mohacs im Jahre 1526, bei der er die Herrschaft über Ungarn gewonnen zu haben glaubte, erhoben die Habsburger Anspruch auf das Erbe des im Kampf gefallenen ungarischen Königs. Sie wurden damit zu direkten Kontrahenten des Osmanischen Reiches. Zwar scheiterte die erste türkische Belagerung Wiens im Jahre 1529, aber die Gefahr blieb, und Franz I. nutzte diese Situation. Er schloss einen Vertrag mit dem „König von Algier“, einem Piraten, der mit Süleyman zusammenarbeitete. Der lieh Franz immer wieder Teile seiner Flotte, um die Küsten Italiens damit anzugreifen – ziemlich erfolglos übrigens. Genauso wenig Ergebnisse brachte eine Gesandtschaft, die Franz I. im Jahre 1535 an den Hof von Süleyman schickte.
Eigentlich zog nur Karl V. Nutzen aus dieser Aktion. Er inszenierte eine Propagandaschlacht gegen den „Verräter an der Christenheit“ und konnte tatsächlich Heinrich VIII. von England für einen gemeinsamen Krieg gegen Franz gewinnen. Bis kurz vor Paris gelangte das kaiserliche Heer, ehe der französische König aufgab und einen Vertrag mit Karl V. schloss. Neben vielem anderen gestand er dabei zu, bei einem allfälligen Kreuzzug gegen die Türken 10.000 Mann zu Fuß und 600 schwere Reiter zu stellen. Damit war diese erste politische Union gegen Habsburg über alle Glaubensgegensätze hinweg zerbrochen.
Auch in der nächsten Kirche setzt sich ein Herrscher über die christliche Kirche hinweg: Henry VIII. bricht mit Rom und das nur, weil er unbedingt die Scheidung will …
Alle Teile der Reihe finden Sie hier.
Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.