mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich
Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“ dem die Texte unserer Serie entnommen sind.
Römische Kaiserzeit. Marcus Aurelius (161-180). As, 177. Kopf des Marcus Aurelius mit Lorbeerkranz n. r. Rs. Schiff n. r. fahrend. © MoneyMuseum, Zürich.
Als Hadrianus im Jahre 138 den Antoninus Pius als Nachfolger adoptierte, legte er auch fest, wer nach Antoninus Kaiser sein sollte. Die Wahl fiel auf Marcus Aurelius, den späteren Adoptivsohn des Antoninus, der damals gerade 17 Jahre alt war.
Von beiden Nachfolgern stand fest, dass sie niemals freiwillig Krieg führen würden. Dies war die Absicht des Hadrianus: Er wollte dem Römischen Reich endlich Frieden schenken. Allerdings hatte der weitsichtige Mann übersehen, dass seinen beiden Nachfolgern Tatkraft und Energie abgingen. Antoninus Pius war Bürokrat, und er erzog auch seinen Adoptivsohn als Bürokraten. Noch bei seiner Thronbesteigung konnte sich Marcus Aurelius damit brüsten, dass er nie eine Nacht außerhalb des väterlichen Hauses verbracht hatte. So ging dem Kaiser jegliche militärische Erfahrung ab, als er im Jahre 161 den Thron bestieg. Dafür beherrschte er die Redekunst perfekt und kannte die Lehren aller Philosophen. Aber das genügte nicht, um sein Reich zu verteidigen.
Die Parther bedrohten nämlich die Grenzen. Statt selbst an die Front zu eilen, blieb Marcus Aurelius im sicheren Rom und schickte seinen schwer kranken Mitherrscher, Lucius Verus. Erst als dieser bei einem weiteren Feldzug gegen die Markomannen starb, war Marcus Aurelius gezwungen, selbst den Oberbefehl zu übernehmen. Er tat dies widerwillig. Viel lieber wäre er in seinem Palast in Rom geblieben, hätte über ein mäßiges Leben und die Tugenden philosophiert. Nun musste er an der Grenze seinen Dienst leisten. Er tröstete sich mit der Niederschrift seiner vor Selbstmitleid triefenden „Gedanken an mich selbst“ und einem täglichen Schlaftrunk, in den sein Arzt jede Menge Opium mischte.
Die Stoa, die philosophische Lehre des Zenon von Kition, erlebte unter Marcus Aurelius einen Höhepunkt. Dieser Abguss einer Herme Zenons aus dem Nationalmuseum von Neapel steht im Puschkin-Museum. Foto: shakko / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en
Abgesehen vom Opiatmissbrauch tat er damit, was viele Bürger taten. Denn die Stoa hatte das Denken der Menschen erobert. Sie feierte das Sichbescheiden in eine Situation, das standhafte Ausharren in der Pflicht, ohne Lebensfreude, ohne Begeisterung. Einen Marcus Aurelius konnten die Menschen folglich verstehen. Sie alle hassten ja die Mühsal, die ihnen die Abwehr der andrängenden riesigen Völkerwanderungsstämme auferlegte.
Auch die christlichen Kirchenväter hatten die stoischen Ideale übernommen und fanden bei Marcus Aurelius vieles, was ihrem Ideal der Weltentsagung entsprach. So wurde das kaiserliche Tagebuch, dem nicht einmal heutige Verehrer von Marcus Aurelius Originalität zu unterstellen wagen, überliefert. Die Renaissance übernahm das Urteil der Kirchenväter und machte aus dem Versager auf dem Kaiserthron das christliche Muster eines vorbildlichen Herrschers.
In der nächsten Folge lernen Sie, wie ein Kaiser für seine Genesung auf Münzen dankte.
Alle Teile der Reihe finden Sie hier.
Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.