mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich
Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.
Römische Kaiserzeit. Iulianus II., genannt Apostata (lat. der Abtrünnige), (360-363). Bronzemünze, Sirmium, 361. Gepanzerte Büste des Iulianus mit Perlendiadem und Feldherrenmantel n. r. Rs. Stier n. r. stehend, darüber zwei Sterne. © MoneyMuseum, Zürich.
Eine leichte Jugend hatte Iulianus nicht. Mit fünf Jahren entkam er dem Blutbad, das praktisch all seine Angehörigen auslöschte. Christliche Lehrer, vom Kaiser engagiert, unterrichteten den Heranwachsenden abgeschlossen von der Welt. Erst mit 19 gewann Iulianus ein wenig Freiraum. Er nutzte ihn, um bei den bekanntesten Philosophen seiner Zeit zu lernen. Wen wird es wundern, dass das Christentum für Iulianus zu einem Symbol der Gefangenschaft, die Philosophie zur Lehre der Freiheit wurde?
Nur natürlich also, dass Iulianus versuchte, das Rad der Geschichte zurückzudrehen, als er überraschend die Alleinherrschaft gewann. Nein, er verfolgte die Christen nicht, er beabsichtigte, eine wirkliche Gleichberechtigung der Religionen durchzusetzen. Dies aber erschien den Erfolg gewohnten christlichen Kirchenoberen schon als Verfolgung. Schließlich bestand Iulianus darauf, dass der Besitz, den sie sich aus ihrer Position der Stärke heraus angeeignet hatten, wieder herausgegeben wurde. Dazu führte Iulianus eine staatliche Kontrolle für Lehrer ein mit der Begründung, derjenige, der nicht an die alten Götter glaube, wäre nicht geeignet, Altgläubige zu unterrichten. Auch wenn die Nachfolger des Iulianus, natürlich zutiefst überzeugte Christen, fast alle Beschlüsse ihres Vorgängers umstießen – dieses Edikt blieb. Es wurde ein nützliches Werkzeug, mit dem die Machthaber auf die Bildung der nächsten Generationen Einfluss nehmen konnten.
Iulianus begnügte sich jedoch nicht damit, die Christen zurückzudrängen. Er wollte ihren Idealen ein moralisch erstarktes Heidentum entgegenstellen und gleich das Vorbild dafür liefern: Mäßigkeit im Lebenswandel – das kaiserliche Zeremoniell wurde auf ein schäbiges Minimum begrenzt –, Enthaltsamkeit – aus Überzeugung zeugte Iulianus keine Kinder – und Großzügigkeit gegenüber den Göttern – schon die Zeitgenossen spotteten über die Herden von Stieren, die auf den Altären des Iuppiter ihr Leben aushauchten. Kurz gesagt, Iulianus war ein Kaiser, den sein Volk nicht verstehen konnte.
Investiturrelief Ardaschirs II. aus Taq-e-Bostan aus dem Jahr 379. Zu Füßen des Königs (Mitte) liegt eine bärtige Gestalt in römischer Kleidung mit Diadem, die als Kaiser Julian identifiziert wird, der in einer Schlacht gegen die Perser starb. Foto: Philippe Chavin / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en
Die in Philosophie geschulten Intellektuellen freilich jubelten – bis zu dem Moment, in dem ein verirrter Pfeil dem Leben von Iulianus im Jahre 363 ein vorschnelles Ende bereitete. Sein Nachfolger beeilte sich, das Christentum wieder in seine alte Stellung einzusetzen. So endeten viele hochfliegende Hoffnungen. Den Verehrern des Iulianus blieb nur noch, jedes kleine bisschen Überlieferung zu sammeln und zu erhalten, sodass wir über keinen Kaiser der Antike besser informiert sind als über den „Abtrünnigen“.
In der nächsten Folge berichten wir vom Schicksal Galla Placidias, einer Herrscherin, die sich trotz vieler Rückschläge immer wieder in ihrer von Männern dominierten Zeit durchsetzen konnte.
Alle Teile der Reihe finden Sie hier.
Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.