mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich
Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“ dem die Texte unserer neuen Serie entnommen sind.
Athen. Tetradrachmon, um 450 v. Chr. Kopf der Göttin Athena mit Helm n. r., auf dem Helmkessel Palmette und drei schmückende Blätter vom Olivenbaum. Rs. Eule n. r. sitzend, dahinter Zweig vom Olivenbaum mit Blättern und Frucht sowie Mondsichel. © MoneyMuseum, Zürich.
Ein in der Antike weithin bekannter Mythos erzählt, wie Athena zur Beschützerin von Athen wurde: Einst stritten sich die Götter Poseidon und Athena, wer Attika besitzen solle. In bester griechischer Tradition beschlossen sie, durch einen Zweikampf zu entscheiden, wer in Zukunft die dort wohnenden Menschen schützen dürfe und dafür von ihnen Opfer bekommen sollte. Wer den Athenern das bessere Geschenk machen könne, der würde Schutzgottheit Attikas sein. Poseidon stieß seinen Dreizack in den felsigen Grund und ließ eine Quelle aufsprudeln, Athena aber schenkte den Olivenbaum, in der Antike eines der wichtigsten Kulturgewächse überhaupt. Aus seinen Früchten wurde das Öl gepresst, mit dem die Griechen ihre Speisen kochten, den Körper pflegten und die Nacht erhellten. So fiel die Entscheidung leicht: Athena wurde die wichtigste Schützerin Athens. Was – zumindest nach antiker Vorstellung – auch der Göttin Vorteile brachte. Denn Athen war eine reiche Stadt, die über die Mittel verfügte, ihre Stadtgottheit durch prächtige Weihegeschenke, reiche Opfergaben und große Prozessionen zu ehren. Das Verhältnis zwischen Stadt und Schutzgottheit wurde damals nämlich als eine Art Vertrag verstanden, bei der die Gottheit nur so lange verpflichtet war, ihre Hilfe zu gewähren, wie sie von den ihr anvertrauten Bürgern die ihr zustehende Verehrung erhielt.
So ist Athena auf dieser Münze dargestellt als die Göttin, die durch ihr Geschenk den Athenern in der Vergangenheit eine große Wohltat erwiesen hatte und dies in Zukunft weiterhin tun würde. Ihr Helm ist geschmückt mit den Blättern des von ihr geschenkten Baumes, auf der Rückseite finden wir über der Eule, dem heiligen Tier der Athena, einen kleinen Olivenzweig. Diese Wohltaten der Göttin darzustellen, war wichtig, denn erst dadurch wurde Athena, die in den meisten Städten Griechenlands verehrt wurde, als die besondere Schutzgottheit Athens charakterisiert.
Waschanlage in den Silberminen von Laurion (Argileza). Foto: Ursula Kampmann.
Ob es nun die Hilfe Athenas war oder das Silber, das in den attischen Bergwerken bei Laurion gefunden wurde, oder die kompromisslose Machtpolitik der athenischen Demokratie – die Eulen, wie man in der Antike die Prägungen der Stadt nannte, waren Ende des 5. und Anfang des 4. Jahrhunderts v. Chr. die wichtigste Handelswährung im gesamten Mittelmeerraum. Und Athen wurde vor der selbstzerstörerischen Auseinandersetzung mit Sparta im Peloponnesischen Krieg so reich, dass ein heute noch bekanntes geflügeltes Wort entstehen konnte: „Eulen nach Athen tragen“.
Mehr über die Bergwerke von Laurion finden Sie hier.
Der nächste Artikel widmet sich der Quellnymphe Arethusa in Sizilien.
Alle Teile der Reihe finden Sie hier.
Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.