mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich
Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.
Byzantinische Zeit. Iustinianus II., 2. Regierung (705-711). Solidus, Konstantinopolis. Bildnis Christi mit Nimbus, die rechte Hand im Segensgestus erhoben, in der linken Hand das Evangelium. Rs. Büste des Iustinianus von vorne, auf dem Kopf Krone, in der rechten Hand Kreuz auf drei Stufen, in der linken Hand Weltkugel, darauf „PAX“ (lat. Friede). © MoneyMuseum, Zürich.
Iustinianus II. bestieg im Jahre 685 den Thron des Byzantinischen Reiches – und sah sich als 16-Jähriger schier unlösbaren Problemen gegenüber: im Osten die Araber, im Norden die Bulgaren, zuhause die Intrigen seiner Beamten. Wie sollte der machtlose Kaiser sich da größere Autorität verschaffen? Er berief sich auf eine höhere Instanz und feierte sich als den Mann, der von Gott zur Herrschaft auserwählt worden war. Iustinianus fand ein ideales Symbol dafür: Er bildete – als Erster – Gottes Sohn auf Erden, den Christus, auf seinen Münzen ab. Er bediente sich dafür einer Ikone, die alle Bewohner von Konstantinopolis kannten: den segnenden Christus vom großen Stadttor.
Doch mit göttlicher Hilfe allein war es nicht getan. Im Jahre 695 rebellierte der Oberbefehlshaber von Griechenland, Leontius. Er hatte Erfolg und schickte Iustinianus mit aufgeschlitzter Nase und Zunge ins Exil. Aber auch Leontius blieb der Erfolg versagt und ein anderer Kaiser ergriff die Macht.
Iustinianus war inzwischen die Flucht aus seinem Exil gelungen. Er verbündete sich mit den früheren Feinden, den Bulgaren, und gewann mit ihrer Hilfe ein zweites Mal die Herrschaft, doch nur für sechs Jahre. 711 wurde der Kaiser erneut abgesetzt und zusammen mit seinem Sohn umgebracht.
Nach dem Bilderstreit begann in der orthodoxen Kirche die Ikonenkunst zu erblühen. Ein Beispiel dafür ist eine der wichtigsten Ikonen der russischen Orthodoxie, die Ikone der Gottesmutter von Vladimir, wohl im frühen 12. Jahrhundert in Konstantinopel gefertigt. Quelle: Wikicommons.
Mit Iustinianus war auch sein Münzbild in Ungnade gefallen. Das Christusbild verschwand von den Münzen. Einige sahen in der Darstellung des Göttlichen sogar einen Frevel. Der Kampf gegen die Araber forderte eine Auseinandersetzung mit deren Lehren, und so bekam die Forderung „Du sollst dir kein Gottesbild machen“ (Ex. 20, 4) wieder Gewicht. Die Missachtung dieses Gebots wurde von vielen als Grund angesehen, warum Gott sein Reich nicht mehr schützte. Als auch noch ein Vulkan auf Kreta ausbrach, nahm Kaiser Leo III. dies zum Anlass, um seine eigenen Überzeugungen in politische Aktion umzusetzen: Die Christusikone am Stadttor, Vorbild für die Münzen des Iustinianus, wurde durch ein Kreuz ersetzt. Damit löste Leo den so genannten Bilderstreit aus, der jahrhundertelang im Osten toben sollte. Er drehte sich um Fragen wie: Weist das Abbild des Heiligen über sich selbst hinaus? Oder: Ist es ein Verbrechen, das Heilige in ein Bild zu zwingen? Erst Mitte des 9. Jahrhunderts endete der Streit. Die Ikone trat ihren Siegeszug in der orthodoxen Kirche an und das Christusbild kehrte auf die byzantinischen Münzen zurück.
Nächstes Mal in der Serie „Menschengesichter“: Wie Friedrich II. aus Apulien es bis zum König des Heiligen Römischen Reiches brachte.
Alle Teile der Reihe finden Sie hier.
Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.