MenschenGesichter Teil 30: Der Hercules von Ferrara

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mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich

Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.

Ferrara, Ercole I. d’Este (1471-1505). Testone. Kopf des Ercole n. r. Rs. Die siebenköpfige Hydra. © MoneyMuseum, Zürich.

In Ferrara herrschten schon seit mehr als 300 Jahren die d’Este, eine altadlige Familie, die ihre Vorfahren bis in die Zeit Karls des Großen zurückverfolgen konnte. Nicht ganz so lange, aber immerhin mehrere Generationen, reichte die Tradition der Familie zurück, die Kultur zu fördern. 1392 gründete Alberto I. eine der ältesten Universitäten Europas. Sein Sohn Nicolò III. war bereits ganz in der klassischen Tradition des Humanismus erzogen. Er umgab sich mit Gelehrten, die ihn mit ihren Gedanken und Entwürfen versorgten. So widmete ihm Pietro Andrea de’ Bassi Ende der 30er-Jahre des 15. Jahrhunderts die Schrift „Über die Arbeiten des Hercules“, die Nicolò aufmerksam las.

Seit der Zeit der frühen Renaissance kannte man Hercules nämlich als das Idealbild eines guten Fürsten, der sowohl Kraft als auch Klugheit besaß, der gerecht herrschte, ein wahrer Philosoph war, dabei auch noch den Unterdrückten beistand und die Witwen und Waisen schützte. So hatte Hercules Aufnahme gefunden in den Kanon der größten Helden der Antike. Und die Künstler zeigten ihn gerne im Kostüm der Zeit, in einer Ritterrüstung beim Turnier.

Bassi nun verlegte die Taten des Hercules in die Gegenwart und schilderte genau, welche Erziehung der zukünftige Held erhielt: eine Mischung aus humanistischen Studien und Körperertüchtigung. Er entwarf das Bild des Hercules am Scheideweg, wo ihn die Tugend und die Frau Müßiggang für sich zu gewinnen versuchten. Hercules entschied sich für die Tugend, die ihm fortan eine Helferin im Frieden und im Krieg sein sollte. Zudem deutete Bassi die Arbeiten des Hercules allegorisch.

Tötung der neunköpfigen Hydra. Ausschnitt aus einem Mosaik, Spanien. Quelle: Luis García / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/deed.en

Der Kampf gegen die Hydra, wie sie auf unserer Münze dargestellt ist, stand für den Vorzug der Weisheit gegenüber körperlichen Kräften. Hercules war es nämlich erst geglückt, die Hydra zu töten, als er neben der Kraft, die nötig war, deren Köpfe abzutrennen, seinen Verstand einsetzte und befahl, jeden Halsstumpf gleich nach dem Abtrennen des Kopfes auszubrennen, um ein Nachwachsen der Köpfe zu verhindern.

Ercole I. d’Este. Quelle: Wikicommons.

Nicolò war begeistert von Hercules, diesem Idealbild eines Fürsten, und er nannte seinen Sohn programmatisch Ercole, Hercules. Ercole I. d’Este war sich des Anspruchs seines Namens durchaus bewusst: Im Jahre 1475 ließ er die Schrift Bassis drucken, und auf seine Münzen setzte er die Taten des Helden – und zwar besonders gerne die, mit der er sich am meisten identifizieren konnte: die Überwindung der Hydra, bei der die Weisheit mehr vermocht hatte als brutale Gewalt.

Die nächste Folge erzählt die Geschichte des geradezu märchenhaften Aufstiegs von Francesco Sforza vom einfachen Söldner zum Herzog von Mailand.

Ursula Kampmanns persönlichen Lieblingscartoon mit der Hydra finden Sie hier.

Alle Teile der Reihe finden Sie hier.

Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.

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