mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich
Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.
Mailand. Galeazzo Maria Sforza (1466-1476). Dukat. Gepanzerte Büste des Galeazzo n. r., darüber auf einem Schild frontale Büste des heiligen Ambrosius von Mailand. Rs. Wappen der Visconti, darüber Helmzier, im Feld links Stab, daran zwei Eimer. © MoneyMuseum, Zürich.
Der Urgroßvater des Galeazzo Maria Sforza war Bauer gewesen, als sich sein 12-jähriger Sohn entschloss, Söldner zu werden.
In ganz Italien herrschte damals Krieg. Ständig stritten irgendwelche Stadtstaaten miteinander. In diesen Städten lebten Bürger, denen Handel oder Handwerk einen auskömmlichen Unterhalt bot und die gewiss keine Lust verspürten, ihr kostbares Leben im Krieg zu Markte zu tragen. Warum denn auch? In Italien war ein auf ihr Bedürfnis zugeschnittenes Dienstleistungsgewerbe entstanden. Man konnte voll ausgerüstete Soldaten und die dazugehörigen Feldherren mieten. Die Unternehmer in Sachen Krieg hießen Condottieri, nach der „condotta“, dem Miet- oder Pachtvertrag. Sie warben mit eigenen Mitteln Söldner an, besoldeten und ernährten sie und vermieteten sie mit gutem Gewinn an einen Auftraggeber weiter. So einem Condottiere schloss sich der Großvater des zukünftigen Herzogs von Mailand an.
Der junge Mann, dem man bald den Spitznamen „Sforza“ (ital. stolzer Trotz) gab, war ein militärisches Naturtalent. Er diente sich buchstäblich von der Pike auf hoch und managte mit knapp 30 Jahren selbst eine Söldnerschar.
Wie jeder Condottiere träumte auch dieser erste Sforza vom sozialen Aufstieg. Die Gesellschaft im Italien des 14. Jahrhunderts war durchlässig wie nie. Unter den Condottieri befanden sich kleine oder verarmte Adlige, durchgebrannte Mönche, Söhne von Handwerkern und Bauern. Und jeder Einzelne konnte sich eine Herrschaft erwerben, wenn er von einem Dienstherrn damit belehnt wurde oder gar die Chance erhielt, eine reiche Erbin zu heiraten.
Bonifacio Bembo, Porträt der Bianca Maria Visconti, um 1460. Quelle: Wikicommons.
Dies gelang Francesco, dem Sohn unseres ersten Sforza. Der letzte Visconti nämlich, Herzog von Mailand, hatte kein Geld und erkaufte sich die militärische Unterstützung des mittlerweile sehr mächtigen Condottiere mit einer Heirat: Bianca Maria, seine einzige, aber illegitime Tochter, wurde mit Francesco Sforza vermählt.
Dies war ein absoluter Volltreffer auf dem Heiratsmarkt. Denn diese Ehe gab Francesco die juristische Handhabe, nach dem Tode seines Schwiegervaters Mailand zu erobern. 1450 huldigten ihm die Bürger der Stadt, 1454 erkannten die anderen Machthaber Italiens seine Herrschaft an.
Bonifacio Bembo, Porträt des Francesco Sforza, um 1460. Sforza bestand darauf, mit seinem alten Hut gemalt zu werden, den er als Condottiere getragen hatte. Quelle: Wikicommons.
Francesco Sforza wurde zu einem geachteten Signore, den seine Zeitgenossen als den Schiedsrichter Italiens bezeichneten.
Piero del Pollaiuolo, Porträt des Galeazzo Maria Sforza, um 1471. Quelle: Wikicommons.
So konnte sein Sohn, Galeazzo Maria Sforza, der Prägeherr unserer Münze, Urenkel eines Bauern und eines Herzogs, nach dem Tode Francescos das Amt des Herzogs von Mailand antreten, ohne auf den geringsten Widerstand zu stoßen.
In der nächsten Folge wird die Familiengeschichte der Sforza weitererzählt. Die Ermordung des Galeazzo Maria Sforza und der Streit um seine Nachfolge stehen dann im Mittelpunkt.
Alle Teile der Reihe „MenschenGesichter“ finden Sie hier.
Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.