mit freundlicher Genehmigung von Gorny & Mosch
Es war schon eine gefährliche Situation für die katholische Partei, damals in Deutschland. Die Protestanten konnten immer mehr Bistümer an sich ziehen. Die Methode war dabei immer die gleiche: Innerhalb der Domkapitel, die für die Wahl des Bischofs zuständig waren, wurde der Anteil der Protestanten höher und höher, bis sie über genug Macht verfügten, um einen protestantischen Bischof zu wählen. Der ernannte selbstverständlich nur noch Protestanten zu Domkapitularen, so dass die Katholiken in die Defensive gedrängt waren.
Das kirchliche Norddeutschland war um 1600 fest in protestantischer Hand. Bremen, Lübeck, Riga, Halberstadt und Magdeburg, Brandenburg und Naumburg-Zeitz, insgesamt waren bereits 18 deutsche Bistümer den Katholiken verloren gegangen.
Das war ein herber Verlust, vor allem für die katholische Adelswelt, denn schließlich pflegte man seine Nachgeborenen zu versorgen, indem man ihnen ein reiches Bistum verschaffte. Priester mussten sie dafür nicht sein, nur in den seltensten Fällen ließ sich ein Kandidat für die Bischofswürde dazu hinreißen, sich zum Priester weihen zu lassen.
Vorgeschichte
Ernst von Wittelsbach hatte zum Beispiel so gehandelt, als er seine Kandidatur für das Kölner Erzbistum anmeldete. Köln war schließlich von besonderer Bedeutung, da der Kölner Erzbischof zu den Sieben Kurfürsten gehörte, die den König des Deutschen Reichs wählten. Es stellte also eine gewisse Unfreundlichkeit dar, dass das Domkapitel sich trotzdem für seinen Gegner entschied.
Gebhard Truchseß von Waldburg, Auslöser des Straßburger Kapitelstreits.
Was damals noch niemand wusste: Gebhard Truchsess von Waldburg, neu gekürter Erzbischof von Köln, bereitete seinen Übertritt zum protestantischen Glauben vor. Damit verstieß er gegen den (nicht unumstrittenen) „Geistlichen Vorbehalt“, der in den Augsburger Religionsfrieden aufgenommen worden war: Der Religionswechsel sollte den Verlust von Amt und Würde nach sich ziehen.
Kaiser und Papst sahen die Gefahr, die ein Verlust des wichtigen Bistums Köln nach sich würde ziehen können. Mit vereinten Kräften finanzierten sie erst die Wahl Ernst von Wittelsbachs zum Bischof und dann ein Heer, das nicht nur Gebhard von Waldburg aus Köln vertrieb, sondern auch seine protestantischen Anhänger im Domkapitel.
Die Bischofswahl von Straßburg
Gebhard von Waldburg war nicht nur Bischof von Köln gewesen, er hatte auch das Amt des Domdechanten, also des Vorstehers des Domkapitels von Straßburg, ausgeübt. Kein Wunder also, dass er seinen Kölner Helfern leicht einen Platz im Domkapitel von Straßburg besorgen konnte. Damit hatten die aus Köln Vertriebenen einen Platz, wohin sie sich zogen.
Ansicht der Stadt Straßburg von 1493.
Die Stadt Straßburg war dabei ein äußerst günstiges Pflaster für Protestanten. Die Bürger waren im Gegensatz zum Bischof stramm lutherisch gesinnt, und die Stadt Mitglied des Schmalkaldischen Bundes. Von städtischer Seite begrüßte man den protestantischen Zuwachs, der sofort mit bewaffneter Gewalt den katholischen Teil des Domkapitels aus der Stadt vertrieb: Bischof Johann IV. von Manderscheid saß also mit seinen katholischen Domkapitularen in Saverne, das protestantische Domkapitel in Straßburg.
Johann Georg von Brandenburg. Einseitige Taler-Klippe zu 80 Kreuzern 1593. EuL 448. Aus Auktion Gorny & Mosch 183 (2009), 5211.
Zur entscheidenden Verschärfung in der Auseinandersetzung kam es 1592, als der alte Bischof starb und beide Parteien einen Nachfolger wählte. Auf protestantischer Seite war das der 15-jährige Johann Georg von Brandenburg, auf katholischer Seite Karl von Lothringen.
Kampf um Straßburg
Schnell kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Anfang des Jahres 1592 stand das katholische Heer vor Straßburg und belagerte die Stadt. In diese Zeit fällt unsere kleine Serie von Belagerungsklippen.
Johann Georg von Brandenburg. Einseitige Halbtaler-Klippe zu 40 Kreuzern. EuL 449. Aus Auktion Gorny & Mosch 183 (2009), 5208.
Sie sind, wie die meisten Belagerungsmünzen, sehr einfach in der Herstellung. Die Prägung erfolgte nur einseitig und zeigt auf der Vorderseite drei Wappen, oben das des Bischofs Johann Georg von Brandenburg, darunter links das Schild des Domkapitels und rechts das der Stadt Straßburg. Oben ist die Jahreszahl eingraviert, unten die Wertzahl. Es gibt drei Gewichtsvarianten: Die Stücke zu einem Taler zu 80 Kreuzer, die Halbtalerstücke zu 40 Kreuzer und die äußerst seltenen Klippen zu einem Vierteltaler bzw. zu 20 Kreuzern.
Schweizerische Hilfe für die Protestanten
Gerade die schweizerischen Protestanten hatten ihren Glaubensbrüdern in Straßburg immer wieder vollmundig versichert, im Zweifelsfall seien sie innerhalb eines Tages bei ihnen, um sie gegen die Katholiken zu unterstützen. Zum Sinnbild dessen wurde die Zürcher Hirsebreifahrt, die zum ersten Mal 1456 durchgeführt wurde, und die man 1576 wiederholte. Der auf der Fahrt von Zürich nach Straßburg mitgeführte Brei, der wegen der Kürze der Zeit nicht ausgekühlt war, soll damals so heiß gewesen sein, dass sich die Straßburger beim Essen „die Lefzen“ verbrannten.
Johann Georg von Brandenburg. Einseitige Vierteltaler-Klippe zu 20 Kreuzern. EuL 450. Aus Auktion Gorny & Mosch 183 (2009), 5209.
Tatsächlich kamen einige schweizerische Truppen den Straßburgern zu Hilfe. Besonders effektiv waren sie nicht, was zu folgendem anti-protestantischem Spottgedicht anregte: Die Schweitzer auch mit ihrem brey / Verfügten sich nach Strassburg frey. / Kamen hernach dem Weinland zue, / Der wein ist besser als die milchkue; / Sie wollen nit in’s feld hinauss, / Sagten sie weren gezogen auss / Damit sie die statt wol verwachten. / Den kleinen kinden die milch theur machten. / Das wolt die statt kurzumb nit leiden / Und schalt sie drüber faule keiben. (Die Schweizer auch mit ihrem Brei, kamen frei nach Straßburg, kamen danach ins Weinland, der Wein ist besser als die Milchkuh. Sie wollten nicht ins Feld hinaus, sagten, sie wären nur gekommen, um die Stadt zu bewachen. Den kleinen Kindern machten sie die Milch teuer. Darüber schimpften die Bürger und nannten sie faule Hunde.)
Ein Bischof dankt ab
Auch wenn der Angriff auf Straßburg noch einmal zurückgeschlagen werden konnte, auf lange Dauer waren die Protestanten nicht in der Lage, sich militärisch zu behaupten. Im Hagenauer Vertrag von 1604 anerkannte der Brandenburger die Situation. Er verzichtete auf Straßburg gegen die einmalige Zahlung von 130.000 Gulden und eine jährliche Rente von 9.000 Gulden. Karl von Lothringen blieb Bischof. Koadjutor wurde Leopold von Österreich, der Bruder des Kaisers. Damit sollte das Verbleiben des Straßburger Bistums unter katholischer Kontrolle erst einmal gesichert sein.