Die teuerste Nobelpreismedaille der Welt für einen guten Zweck

Der russische Journalist und Kreml-Kritiker Dmitri Muratow mit seiner Friedensnobelpreismedaille, die er 2021 verliehen bekam. Bei Heritage erzielte sie einen Rekorderlös von 103,5 Millionen Dollar, die an UNICEF gegangen sind, um Kindern in der Ukraine zu helfen. Foto: Heritage Auctions.
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Dmitri Muratow erhielt 2021 den Friedensnobelpreis für seine Bemühung, die Meinungsfreiheit zu wahren. Das war für ihn nie leicht als Chefredakteur der letzten regierungskritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine musste sie Zeitung im März 2022 ihr Erscheinen einstellen. Als Reaktion erklärte Muratow, er werde das Nobelpreisgeld von umgerechnet rund 470.000 Euro spenden und seine Medaille in einer Auktion versteigern – für einen guten Zweck.

Nobelpreismedaillen – exklusives Sammelgebiet

Medaillen, die als Ehrungen verliehen wurden, sind so eine Grauzone. Sind sie schon richtig Numismatik? Oder teilen sie nur den Namen mit den „numismatischen“ Medaillen? Der Herstellungsprozess ist durchaus der gleiche. Und nicht ohne Grund werden Nobelpreismedaillen in numismatischen Auktionen angeboten. Wenn sie denn angeboten werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie zu den exklusivsten Sammelgebieten überhaupt gehören.

2017 bot das englische Auktionshaus Morton & Eden die goldene Nobelpreismedaille an, die der Chemiker George Charles de Hesney 1944 erhalten hatte. Geschätzt war sie mit 120.000 GBP (etwa 140.000 Euro), sie wurde laut Auktionskatalog nicht verkauft.

2018 bot Heritage die bislang älteste Nobelpreismedaille auf dem Markt an, nämlich diejenige, die der deutsche Altertumsforscher Theodor Mommsen 1902 für die literarische Qualität seiner Werke erhalten hatte. Um diese Medaille und ihre Echtheit entbrannte ein Skandal, in dem Heritage zeigte, wie wichtig es ist, sauber zu recherchieren und kühlen Kopf zu behalten. Es war wohl nicht Mommsens Medaille, aber auch keine Fälschung.

Auch wenn die Liste nicht vollständig ist, wird klar: Eine Nobelpreismedaille ist eine echte Rarität und wird kaum von dem Geehrten selbst zu seinen Lebzeiten auf den Markt gebracht.

Und diesmal ist ohnehin alles ganz anders. Schon vor der Verleihung hatte Muratow klargestellt, dass er diese Medaille nicht als Auszeichnung für sich alleine verstanden wissen wollte, sondern für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seiner Zeitung „Nowaja Gaseta“. Und mit deren Unterstützung überließ der Journalist dem Auktionshaus die Medaille zur Auktion. Sie sollte aber nicht als Sammelobjekt angeboten werden, sondern als „Ereignis, von dem er hofft, dass es einen positiven Einfluss hat auf das Leben von Millionen ukrainischer Geflüchteter“.

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Ist das denn erlaubt?

Fragen Sie sich jetzt vielleicht: Darf Muratow das überhaupt? 2020 kochten in den USA die Gemüter hoch, weil das Münchner Auktionshaus Hermann Historica eine Medal of Honor anbot. Ein gewisser Thomas Kelly war damit im Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 geehrt worden, seine Nachfahren wollten oder mussten sich von ihr trennen. In den USA ist es gesetzlich verboten, Militärauszeichnungen zu verkaufen, die vom Kongress verliehen wurden.

Muratow hat sich in den USA ebensowenig strafbar gemacht wie in Norwegen. In seinem Fall hat das Nobelinstitut sogar zum ersten Mal einen solchen Verkauf ausdrücklich gutgeheißen. Der Direktor Olav Njølstad urteilte: „Dieser großzügige Akt von Humanität ist ganz im Sinne von Alfred Nobel. Daher erhält diese Aktion die Zustimmung des norwegischen Nobelkommitees.“

Zu der Medaille gehört auch die Urkunde. Foto: Heritage Auctions.

Wenn Politik Preise macht

Wenn der regimekritische russische Friedensnobelpreisträger seine Medaille verkauft, um das Leid der Kinder in der Ukraine zu mildern, die von seinem eigenen Land überfallen wurden, dann ist das natürlich ein politisches Zeichen. Und beeinflusst eine Auktion massiv.

Das Bieten begann am 1. Juni, dem Tag der Kinder in der Ukraine. Am 20. Juni ging die Medaille mit dem Gebot von 787.500 Dollar (etwa 747.000 Euro) in die Saalauktion im The Times Center in Manhattan.

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Schnell war die Millionenmarke geknackt, wenig später sogar die 16 Millionen. Und dann kam der alles entscheidende Anruf: 103,5 Millionen Dollar (etwa 98,18 Millionen Euro)! Der Auktionär fragte noch einmal nach, ob er die Summe richtig verstanden habe. Nach der Bestätigung brach der Saal in Jubel aus. Es gibt im numismatischen Bereich wohl kein Objekt, das auch nur annähernd in diese Dimension vorstößt. Um das zu verdeutlichen:

Die bislang teuerste Nobelpreismedaille hatte Christie’s 2014 für 4,76 Millionen Dollar (ca. 4,5 Millionen Euro) verkauft. Es handelte sich dabei um die Nobelpreismedaille, die James Watson 1962 für seine Beteiligung an der Entdeckung der DNA-Struktur auf dem Gebiet der Medizin oder Physiologie erhalten hatte. Die teuerste Münze der Welt, der St. Gaudens Double Eagle 1933, brachte 2021 18,9 Millionen Dollar (17,9 Millionen Euro).

Der Käufer blieb anonym. Die gesamte Summe für Muratows Medaille ist laut Heritage bereits an UNICEF gegangen. Muratow dankte noch am selben Tag dafür, wie effizient Heritage die Auktion durchgeführt dass es auf alle Gebühren und Provisionen verzichtet habe.

Außerdem hat Heritage mit UNICEF eine Seite erstellt, über die Kunden zusätzlich direkt für das Projekt spenden können. Wie Sam Spiegel (Director of International Numismatics bei Heritage) uns am 16. Juni schrieb, waren bis dahin bereits zusätzliche 100.000 Dollar gespendet worden.

Rekorde der Humanität.

 

Hier sehen Sie noch die Medaille im Auktionskatalog von Heritage.

Und hier kommen Sie auf die Seite von UNICEF.