mit freundlicher Genehmigung von Dr. Jürg Conzett
Geld und Währungen in der Geschichte
Teil 2: Das Mittelalter
Numismatik ist etwas für Spezialisten! Die meisten Münzsammler sind eingeschworen auf ihr kleines Sammelgebiet und wissen kaum etwas über Nachbardisziplinen. Und doch möchte man manchmal gerne eine Übersicht haben, wann wie auf der Welt gezahlt wurde. Das MoneyMuseum in Zürich hat zu diesem Thema vor einigen Jahren eine beliebte Broschüre vorgelegt, die mittlerweile völlig überarbeitet wurde. Wir stellen den neuen Text mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Jürg Conzett in der MünzenWoche vor.
Dinar und Dirhem
Der Islam erobert den Orient
Der Prophet Mohammed erlebte seine Offenbarung im frühen 7. Jahrhundert n. Chr. in Mekka, einem wichtigen Handelszentrum Arabiens. Die islamische Ära beginnt mit seiner Flucht von Mekka nach Medina, auf die sich die Zeitangaben auf islamischen Münzen auch heute noch bezieht beziehen.
In Medina gründete Mohammed den ersten muslimischen Staat, der sowohl das religiöse als auch das weltliche Leben seiner Untertanen regelte. Die religiöse Einheit gab den islamischen Staaten die Schlagkraft, ihre Macht und ihre Religion in der gesamten östlichen Hälfte des Mittelmeeres zu verbreiten. Innerhalb kürzester Zeit unterstanden die ehemaligen Gebiete der Sasaniden und ein großer Teil der alten Provinzen von Byzanz islamischer Kontrolle.
Abd al-Malik, Kalif und Herrscher des Omajadenreichs 685-705, Dinar, Gold (4,23 g), 83 AH (= 702), Damaskus
Abd al-Malik führte im Jahr 696 – oder 77 nach der Hedschra, der Flucht aus Mekka – eine Münzreform durch. Bis dahin hatten die Omajaden die Silbermünzen der Sasaniden und die Goldmünzen der Byzantiner nachgeahmt, aber vor allem deren Darstellungen schienen für ein muslimisches Reich nicht passend zu sein. Das Bilderverbot, das zunächst sehr lässig gehandhabt worden war, fand immer größere Beachtung. So schuf Abd al-Malik eine neue Goldwährung, den Dinar im Gewicht von 20 arabischen Karat oder 4,25 Gramm. Die Darstellung fasste das Wesentliche der islamischen Botschaft zusammen: Auf der Vorderseite konnte man lesen: „Es gibt keinen Gott außer Allah; er hat keinen neben sich.“ Die Rückseite zeigte folgende Aufschrift: „Gott ist einzig, Gott ist ewig, er zeugt nicht und wurde nicht gezeugt.“
Al-Walid, Kalif und Herrscher des Omajadenreichs 705-715, Dirhem, Silber (2,77 g), 92 AH (= 711), Abarshahr
Zusammen mit dem goldenen Dinar wurde ein silberner Dirhem eingeführt, dessen Gewicht sich nach den lokalen Gewohnheiten der Prägenden richtete.
Heute werden zahlreiche Dirhems nicht auf arabischem Gebiet gefunden, sondern vor allem in Skandinavien. Dies liegt daran, dass vom 9. Jahrhundert an Handel treibende Wikinger aus dem Norden über die Flüsse von Russland in den Nahen Osten fuhren, um dort Sklaven, Felle, Honig und Wachs gegen Silber einzutauschen. Die Wikinger sollen so viel Silber exportiert haben, dass die natürlichen Silbervorkommen unter islamischer Kontrolle nicht mehr ausreichten, um den Nachschub an Silbermünzen zu decken. Gold wurde das bevorzugte Münzmaterial.
Abdülhamid II., Sultan des Osmanischen Reiches 1876-1909. 100 Piaster, Gold, 1896
Das osmanische Reich modernisierte seine Münzprägung im Jahre 1844, als unter Einfluss des Westens nicht nur Papiergeld eingeführt wurde, sondern auch die maschinelle Prägung. Die Münzdarstellungen wurden stark säkularisiert, so teilten die Aufschriften nicht mehr religiöse Botschaften mit, sondern lediglich den Namen des Sultans sowie Prägeort und -jahr.
Geplant war bei der Einführung des Piasters, dass 100 goldene Piaster auf ein Goldpfund gehen sollten, das gleichzeitig 2.000 silberne Medschidije galt. Doch spätestens ab 1873 sank der Silber- im Verhältnis zum Goldpreis, so dass Goldmünzen nur noch mit einem 5 %igen Aufschlag erworben werden konnten. Wer seinen Rechnungsbetrag korrekt eintreiben wollte, musste unterscheiden, ob von einem Goldpiaster, einem Silberpiaster oder gar einem Regierungspiaster die Rede war. Erst unter der neuen türkischen Regierung der Jungtürken wurde eine Staatsbank gegründet, mit der es zwar gelang, das Münzwesen, aber nicht die Inflation in den Griff zu bekommen.
Die islamische Welt heute
1,4 Milliarden Menschen, etwa 28 % der Weltbevölkerung, bekennen sich heute zum Islam. Sein Hauptverbreitungsgebiet ist der Trockengürtel, der sich von der Sahara über den Nahen Osten und den Kaukasus bis nach Zentralasien zieht. Doch auch in vielen anderen Staaten ist der Islam weit verbreitet. Indonesien zum Beispiel ist weltweit der Staat mit der größten Anzahl an muslimischen Staatsangehörigen.
Die islamischen Länder sind heute in der Organisation der Islamischen Konferenz, der OIC organisiert; ihr gehören auch einige Länder mit größeren muslimischen Minderheiten an.
Zur existentiellen Frage aller von Muslimen bewohnten Staaten wurde inzwischen der Streitpunkt, ob ein säkularer muslimischer Staat überhaupt möglich sei. Seit der Kairoer Deklaration von 1990 dringen fundamentalistisch gesonnene Politiker darauf, die Scharia zur Basis der Gesetzgebung in allen muslimischen Staaten zu machen.
Die unterschiedlichen Wertvorstellungen zwischen den von islamischen Fundamentalisten regierten Staaten und den christlich geprägten, kapitalistisch organisierten Demokratien führ(t)en zu einer Reihe von Angriffen von Extremisten beider Seiten.
Der Pfennig
Das Reich der Karolinger
Karl der Große begründete das neue, westeuropäische Kaisertum, als ihm Papst Leo III. am 25. Dezember 800 n. Chr. in Rom die Kaiserkrone aufs Haupt setzte. Zu diesem Zeitpunkt vereinte Karl in seiner Person mehr Macht, als je ein Herrscher des Mittelalters vor ihm gehabt hatte. Er beherrschte ein gewaltiges Gebiet von den Pyrenäen bis nach Sachsen, von Friesland bis Kärnten, von Norditalien über Bayern, Alemannien, das Burgund bis Aquitanien.
Karl versuchte in Nachahmung des römischen Reichs, eine einheitliche Organisation seiner Länder durchzusetzen. Dazu gehörten – neben einem einheitlichen Münzsystem – z. B. die Königsboten, die im Namen Karls die Verwaltung des Landes durch Adel und Klerus kontrollierten.
Sowohl Franzosen als auch Deutsche sind stolz auf „ihren“ Herrscher „Charlemagne“ bzw. Karl den Großen, der seit 1165 zu den Heiligen der katholischen Kirche zählt.
Karl der Große, Beherrscher des karolingischen Imperiums 768-814, Pfennig, Silber (1,72 g), Mailand, nach 793/4
Bereits Karls Vater Pippin (König der Franken 751–768) hatte im Jahre 755 das Recht, Münzen zu prägen, für sich als König reserviert. Karl der Große schuf um 781 ein neues, einheitliches Münzsystem, das sich in einigen Gebieten bis ins 20. Jahrhundert halten sollte: Das Pfund (lat. librum) wurde in 20 Schillinge (lat. solidi) bzw. 240 Pfennige (lat. denarii) geteilt. Ausgeprägt wurde bis ins 13. Jahrhundert nur der Pfennig; Schilling und Pfund waren eine reine Recheneinheit.
Dargestellt ist in der Mitte unserer Münze ein Monogramm, das die Buchstaben CROLS für Carolus zusammenzieht, darum ist der Name der Münzstätte zu lesen: MEDIOL für Mediolanum bzw. Mailand. Die Rückseite zeigt ein Kreuz mit der Umschrift CAR(o)LVS REX FR(ancorum), also Karl, König der Franken.
Handel im frühen Mittelalter
Wir dürfen die Rolle, welche die Pfennige in der karolingischen Wirtschaft spielten, nicht überschätzen. Neben dem uns heute vertrauten Kauf und Verkauf auf Geldbasis gab es noch weitere Möglichkeiten, wie Luxuswaren und Alltagsgüter den Besitzer wechseln konnten. Vor allem Luxusartikel wurden auf höchster Ebene durch diplomatische Geschenke verbreitet. Berühmt geworden ist der weiße Elefant, den Karl der Große von Harun ar-Raschid zusammen mit kostbaren Textilien erhielt. Als Gegengeschenk gab Karl den arabischen Botschaftern bei ihnen hoch geschätzte karolingische Schwerter mit.
Der größte Teil der alltäglichen Wirtschaft aber basierte von der Spätantike an auf dem sich selbst versorgenden, autarken landwirtschaftlichen Betrieb, in dem alles erzeugt wurde, was seine Bewohner zum Leben brauchten. Die wenigen Ausnahmen wurden durch Tauschhandel erworben, indem der Gutsbesitzer seine überschüssigen Produkte gegen fremde Ware eintauschte.
Ludwig der Fromme, Beherrscher des karolingischen Imperiums 814-840, Pfennig, Silber (1,66 g), Italien(?), nach 814
Dieser Denar zeigt auf der Vorderseite den Namen Ludwigs mit Kaisertitel. Auf der Rückseite ist eine christliche Kirche im antiken Stil abgebildet, die Umschrift lautet XRISTIANA RELIGIO (lat. für christliche Frömmigkeit).
Ludwig der Fromme trägt seinen Namen nicht zu Unrecht. Er kümmerte sich um eine Reform des Kirchenrechts. Für das einheitliche Münzsystem war seine politische Vorliebe schädlich: Im Jahr 833 verlieh der Herrscher zum ersten Mal das Privileg Münzen zu prägen. Er beschenkte das Kloster Corvey damit, vermutlich, um seinen Beitrag zu den Baukosten der neuen Klosterkirche zu leisten. Denn das Münzprivileg war mit hohen Einkünften verbunden: Dem Inhaber des Münzrechts fiel die Differenz zwischen Nominalwert und Herstellungskosten als Schlagschatz zu.
Halberstadt, Pfennig, Silber (0,89 g), um 1200
Im Verlauf des Hochmittelalters verlor der deutsche Kaiser an Einfluss, die Städte gewannen an Macht – auch in der Münzprägung. Zahlreiche Handelszentren okkupierten das Münzrecht und prägten für ihren eigenen Markt Pfennige. Diese wurden, um den Schlagschatz der Münzherren zu erhöhen, immer schlechter. Sie verloren an Gewicht und Feinheit. Die Erscheinung gipfelte in den sogenannten Brakteaten, dünnen, einseitig geprägten Pfennigen, die ihren (modernen) Namen von bractea (lat. für dünnes Blech) haben.
Ein großer Teil der Brakteaten gehört zu den feinsten Zeugnissen für die Kunstfertigkeit der hochmittelalterlichen Handwerker. Unser Stück mit der ausgezeichneten Abbildung des thronenden Stephanus, Stadtheiliger von Halberstadt, wurde von Bischof Gero von Schermke für sein Bistum geprägt.
Groschen, Gulden, Taler
Um das Jahr 1000 hatte es Europa geschafft: Die äußeren Feinde waren an die Grenzen zurückgedrängt. Die Araber hatten sich in den Süden Spaniens zurückgezogen, die Normannen waren in die europäische Feudalwelt integriert, und die Kirche hatte durch die Christianisierung die „heidnischen“ Stämme der Slawen unter ihre Botmäßigkeit gebracht. Damit hatte Westeuropa die Muße, sich auf sich selbst zu konzentrieren.
Die Jahrhunderte nach der Jahrtausendwende brachten nicht nur politische Neuerungen, sondern auch eine Fülle von wirtschaftlichen Veränderungen. Starke Klöster wie die der Zisterzienser rodeten das Land und führten neue Methoden in der Landwirtschaft ein. Städte etablierten sich als Zentren von Handel und Gewerbe. Die Wege wurden sicherer. Durch die Kreuzzüge entstanden enge Verbindungen mit dem Osten. Bald durchzogen viele aktive und mutige Kaufleute Europa, Afrika und Asien.
Das Warenangebot auf den Märkten vervielfachte sich. Nicht nur Luxusartikel, auch Nahrungsmittel wurden nun über größere Entfernungen gehandelt. Mit dem beschleunigten Warenumschlag entstand das Bedürfnis nach größeren Münznominalen. Wirtschaftlich aktive Stadtkommunen begannen, ihr Geld neu zu gestalten. Vorreiterrolle spielte dabei Italien, das auf der einen Seite eine Brückenfunktion zwischen West und Ost übernahm und in dem auf der anderen Seite durch das Fehlen einer effektiven Zentralgewalt der Kaufmannstand die Initiative ergreifen konnte.
Venedig, Jacopo Contarini, Doge 1275-1280, Matapan, Silber (2,18 g), o. J.
Unter der Regierung des Dogen Enrico Dandolo (1192–1205) wurde der erste venezianische Grosso geprägt. Er war 24 Pfennige wert und sollte als Matapan bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts geprägt werden.
Die Idee, einen „Grosso“, einen Fetten, also eine größere Silbermünze zu prägen, war nicht neu. Genua hatte bereits 1172 Grossi geprägt, andere Städte waren gefolgt. Der Erfolg des venezianischen Matapan hing zusammen mit dem Machtgewinn der Lagunenstadt. Die ersten Matapane gab der Doge nämlich aus, um die Rechnungen für den Bau der Schiffe zu begleichen, welche die Kreuzritter für ihre Überfahrt ins Heilige Land bestellt hatten. Die Kämpfer mussten sich zahlungsunfähig erklären, so dass die Venezianer das Heer kurzerhand für ihre eigenen Zwecke missbrauchten: Der 4. Kreuzzug endete mit der Eroberung Konstantinopels 1204. Dies war der Beginn des venezianischen Handelsimperiums.
Ludwig IX., König von Frankreich, 1226-1270. Gros tournois, Silber (4,22 g)
Von Italien aus verbreitete sich die Idee, größere Silbermünzen zu prägen, in den Norden. Der französische König Ludwig IX., besser bekannt als „der Heilige“, schuf im Jahr 1266 eine neue Silbermünze im Wert von 12 Pfennigen. Diese Münze nannte man in Anlehnung an die italienischen Grossi den Gros tournois.
Er zeigt auf der Vorderseite das Stadtsymbol von Tours. Die durch einen Strich verbundenen Kreise wurden als die Fesseln des heiligen Ludwig gedeutet, der während des 6. Kreuzzugs in Gefangenschaft geriet und nur gegen Zahlung eines hohen Lösegelds nach Frankreich zurückkehren durfte. Sein Wappen, ein Kranz von Lilien, ist ebenfalls auf der Vorderseite zu sehen. Die Rückseite trug in der Mitte ein Kreuz mit der Umschrift „Gepriesen sei der Name unseres Herrn Jesus Christus“.
Der französische Fernhandel hatte nach einer Münze wie dieser geradezu gedürstet. Der Gros tournois verbreitete sich innerhalb weniger Jahre an allen wichtigen Messeorten und Handelsplätzen Frankreichs. Er war so beliebt, dass er viele Nachahmer fand. Sowohl in den Niederlanden als auch im wirtschaftlich aktiven Rheinland prägte man „Turnosen“.
Florenz, Fiorino d’oro, Gold (3,5 g), 1252-1307
Ein halbes Jahrhundert, nachdem sich die größeren Silbermünzen in Italien eingebürgert hatten, begannen die bedeutenden Handelsstädte Florenz und Genua um das Jahr 1252 beinahe gleichzeitig, Goldmünzen zu prägen. Sie kompensierten damit den Wegfall der byzantinischen Solidi, die bis dahin zur Zahlung großer Summen benutzt worden waren. Doch nicht nur der europäische Sortenmarkt entwickelte sich weiter. In der Bankierstadt Genua entstanden in diesem Jahrhundert die erforderlichen Mittel für einen bargeldlosen Zahlungsverkehr wie Konto, Überweisung und Wechsel.
Die Goldmünzen von Florenz waren Ausdruck eines erstarkten Selbstgefühls der Kaufmannschicht. Diese hatte sich im Jahr 1250 einen Anteil an der Stadtregierung erkämpft. Das neue Regiment setzte das Stadtwappen, die Lilie, auf den Fiorino d’oro, der als Floren oder Gulden (von der Güldene) die europäischen Währungen in den nächsten Jahrhunderten prägen sollte.
Venedig, Pietro Gradenigo, Doge 1289-1311, Ducato in oro, Gold (3,5 g)
Am 31. Oktober 1284 nahm der Rat der Vierzig den Vorschlag des Dogen an, eine neue Goldmünze zu prägen, die – so wurde es ausdrücklich im Beschluss festgehalten – dem florentinischen Fiorino d’oro an Wert gleichkommen sollte.
Das Bild der venezianischen Goldmünzen wurde in Anlehnung an die Matapane gestaltet: Der Evangelist Markus, Schutzpatron Venedigs, übergibt dem knienden Dogen als Zeichen seiner Herrschaft über das Herzogtum Venedig eine Fahne, neben der das Wort DVX (Herzog) geschrieben steht. Dieses Münzbild blieb unverändert, bis die Stadt 1797 ihre Unabhängigkeit an Österreich und damit auch ihr Prägerecht verlor.
Man kennt diese Münze in Deutschland unter dem Namen Dukat – von Ducatus (lat. für Herzogtum) – bzw. Zecchine – von Zecca (it. für Münzstätte).
Österreich, Sigismund der Münzreiche, Erzherzog 1477-1490, Guldiner, Silber (31,6 g), Hall, 1486
Während Silber in Europa ausreichend vorhanden war, mangelte es an Gold, das teuer aus dem islamischen Osten eingeführt werden musste. Es lag also nahe, über eine große Silbermünze nachzudenken, welche die Goldmünzen im Handel zumindest teilweise ersetzen konnte. Doch dies war mit technischen Schwierigkeiten verbunden: Eine Silbermünze, die an Wert einer Goldmünze gleichkam, musste um ein Vielfaches größer und schwerer sein.
In Hall in Tirol gelang es im Jahr 1486, den Guldiner zu prägen, eine Silbermünze, die vom Wert her dem Gulden entsprach. Hall war damals eine der wichtigsten Münzprägestätten Europas. Hier wurde das Silber der reichen Gruben von Schwaz in solchem Umfang verprägt, dass der Herr der Münze als Sigismund der Münzreiche in die Geschichte eingegangen ist.
Zürich, Guldiner, Silber (29,6 g), 1512
Auch wenn der erste Guldiner aus Hall mehr der Repräsentation als dem Handel diente, verbreitete sich die Idee einer großen Silbermünze in ganz Europa. Das neue Nominal wurde bereits vor 1500 in den Herrschaften von Tirol, Lothringen, Hessen, Sachsen, Sitten, Bern, Savoyen, Ungarn, Spanien und Böhmen regelmäßig ausgeprägt.
Unser Beispiel stammt aus Zürich, aus dem Jahr 1512. Es ist eine repräsentative Prägung, auf der alles zu sehen ist, worauf die Zürcher Bürger kurz vor der Reformation stolz waren: Die Vorderseite präsentiert zwei Wappenschilde mit dem Wappen von Zürich, gehalten von zwei Löwen. Darüber zeigt ein Schild mit dem kaiserlichen Doppeladler den Status der Reichsunmittelbarkeit an. Um diese zentrale Abbildung sind sechzehn Wappenschilde angeordnet, die man den verschiedenen Orten zuweisen kann, in denen die Stadt Zürich den Vogt stellte.
Die Rückseite präsentiert die drei Stadtheiligen von Zürich: Felix, Regula und Exuperantius mit den abgeschlagenen Köpfen in den Händen. Sie sollen während der Christenverfolgung unter Diocletianus dort enthauptet worden sein, wo heute die Wasserkirche steht.
Grafschaft Schlick, Stefan und seine Brüder, Herren von Joachimsthal 1510-1528, Taler, Silber (28,8 g), o. J. (nach 1520), Joachimsthal
Nicht nur der Herr von Tirol verfügte über große Silberquellen. Die Grafen von Schlick hatten vom böhmischen König die Bergbaurechte im Tal Konradsreuth erhalten, wo man überaus reiche Silberfunde machte. In ihrer neu gegründeten Stadt Joachimsthal errichteten sie 1520 mit der Bewilligung des böhmischen Landtags eine Münzstätte. Dort wurden so viele Taler mit dem Bild Joachims auf der Vorder- und dem böhmischen Löwen auf der Rückseite geprägt, dass der (Joachims-)Thaler zum Inbegriff der Großsilbermünze wurde. Sein Name verdrängte den Begriff „Guldiner“ und lebt heute noch im „Dollar“ weiter.
Den nächsten und letzten Teil 3 lesen Sie hier.
Und Teil 1 und finden Sie noch in unserem Archiv.